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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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vorgezogen, in meinem Namen Blut zu vergießen. Meine Worte sind euch einfach nur in die Quere gekommen, meine Rufe um Gnade für eure Mitbürger - oh, wie wütend euch das gemacht hat.
    Seine Gedanken erstarben. Die Haare in seinem Nacken richteten sich auf. Was ist das? Ich bin nicht allein.
    Ein leises Lachen aus einem der Durchgänge. Der Abtrünnige drehte sich langsam um.
    Der Mann, der dort kauerte, war mehr Ungeheuer als Mensch - mit breiten Schultern, die von borstigen schwarzen Haaren bedeckt waren, und einem mächtigen Schädel auf einem kurzen Hals. Die untere Hälfte des Gesichts war von einem langen, sich kräuselnden Schnurrbart und Bart bedeckt und auf merkwürdige Weise vorgeschoben, und große gelbe Hauer ragten aus dem Unterkiefer, schoben sich durch die dichte, gelockte Behaarung und zwischen den Lippen hindurch. Am Ende langer Arme hingen plumpe, zerschlagene Hände, deren Knöchel auf dem Fußboden ruhten.
    Von der Erscheinung ging ein tierischer, ranziger Geruch aus.
    Der Abtrünnige blinzelte, versuchte, die Düsternis unter den buschigen Brauen zu durchdringen, wo kleine, eng beieinanderstehende Augen matt wie ungeschliffene Granate schimmerten. »Das hier ist mein Tempel«, sagte er. »Ich kann mich nicht erinnern, irgendwelche … Gäste eingeladen zu haben.«
    Ein neuerliches leises Lachen. Aber ein Lachen, in dem keinerlei Humor mitschwang, wie dem Abtrünnigen klar wurde. Sondern Bitterkeit, so stark und stechend wie der Geruch, der seine Nase belästigte.
    »Ich erinnere mich an dich«, sagte die Kreatur. Ihre Stimme war tief und grollend. »Und ich kannte diesen Ort. Ich wusste, was er gewesen war. Er war … sicher. Wer erinnert sich denn noch an die Festen? Wer wusste genug, um Verdacht zu schöpfen? Oh, sie können mich zur Strecke bringen, ganz wie sie wollen - ja, am Ende werden sie mich finden, das weiß ich. Vielleicht schon bald. Nun, da du mich gefunden hast, Herr der Fliesen, wohl noch eher. Er hätte mich zurückbringen können, verstehst du, zusammen mit anderen … Geschenken. Aber er hat versagt.« Noch ein Lachen. Dieses Mal klang es rau. »Ein nicht ungewöhnlicher Niedergang unter Sterblichen.«
    Obwohl es sprach, drangen keine Worte aus dem Mund des Ungeheuers. Die schwerfällige, unbeholfene Stimme war nur im Kopf des Abtrünnigen, was wohl auch am besten war. Diese Hauer mussten jede Äußerung zu unverständlichem Gebrabbel verzerren.
    »Du bist ein Gott.«
    Noch ein Lachen. »Das bin ich.«
    »Du bist in die Welt hinausgeschritten.«
    »Nicht freiwillig, Herr der Fliesen. Nicht so wie du.«
    »Oh.«
    »Und deshalb sind meine Anhänger gestorben - oh, und wie sie gestorben sind. Auf der halben Welt ist ihr Blut in der Erde versickert. Und ich konnte nichts tun. Ich kann nichts tun.«
    »Das ist schon was«, bemerkte der Abtrünnige, »dass du diese bescheidene Gestalt aufrechterhältst. Aber wie lange wirst du das noch tun können? Wie lange wird es dauern, bis du die Begrenzungen meines Tempels durchbrichst? Wie lange noch, bis du dich erhebst, so dass du für alle sichtbar wirst, mit deinen Schultern die Wolken zur Seite schiebst, Berge zu Staub zermalmst …«
    »Wenn das geschieht, werde ich schon lange nicht mehr hier sein, Herr der Fliesen.«
    Der Abtrünnige lächelte ironisch. »Das ist beruhigend, Gott.«
    »Du hast überlebt«, sagte der Gott jetzt. »So lange überlebt. Wie?«
    »Mein Rat an dich wäre leider nutzlos«, sagte der Abtrünnige. »Meine Macht hat sich rasch aufgelöst. Ich war bereits schrecklich verwundet - dafür hatten die Pogrome der Forkrul Assail gegen meine Getreuen gesorgt. Der Gedanke an einen weiteren Fehlschlag dieser Art war zu viel… deshalb habe ich freiwillig auf das meiste von dem, was mir noch geblieben war, verzichtet. Diese Stadt und - vielleicht - noch ein Stückchen Fluss, weiter reicht meine Macht nicht mehr. Und stellt daher auch für niemanden eine Gefahr dar.« Noch nicht einmal für dich, Hauerträger. »Du kannst allerdings nichts Vergleichbares tun. Sie werden die rohe Macht in dir - in deinem Blut - wollen, und dieses Blut muss vergossen werden, damit sie es trinken können, damit sie in dem baden können, was noch von dir übrig ist.«
    »Ja. Auf mich wartet eine letzte Schlacht. Das zumindest bedaure ich nicht.«
    Du Glücklicher. »Eine Schlacht. Und … ein Krieg?«
    Er spürte Erheiterung, und dann: »Oh, in der Tat, Herr der Fliesen. Ein Krieg - ausreichend, um Leben in meinem Herzen aufwallen zu lassen.

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