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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Rand festhalten konnte, dann folgte ein Fuß, wobei er vorsichtig den Untergrund prüfte, eher er ihn belastete. Eine rasche Gewichtsverlagerung und ein gleichzeitiges Sich-Abstoßen von der Leiter - und Udinaas drehte sich geschmeidig auf einem Bein, während das andere über dem Nichts schwebte. Einen Augenblick später trat er, gezogen vom Gewicht des Ranzens auf seinem Rücken, ins düstere Innere der Höhle.
    »Gut gemacht«, kommentierte Silchas Ruin. Etwas wie Erheiterung schwang in seiner Stimme mit - als ob ihm gefallen hätte, wie der Sklave in Forchts aufgeblasener Wichtigtuerei herumgestichelt hatte - und offenbarte so, dass seine Bemerkung doppeldeutig war. »Ich glaube, ich werde ihm folgen.«
    »Ich auch«, sagte Kessel.
    Seren Pedac seufzte. »Also gut, aber ich würde vorschlagen, dass wir uns gegenseitig mit Seilen sichern und die Angeberei Udinaas überlassen.«
     
    In der Höhlenöffnung wurde schnell klar, dass sie einst, bevor die Fassade abgeschert war, ein Gang gewesen war, der vermutlich zu einem Balkon geführt hatte. Große Teile der Wände waren von Rissen durchzogen und hatten sich verlagert, so dass sie in teilweise eigenartigen Winkeln zueinander standen. Und in sämtlichen Spalten und Rissen, die Seren sehen konnte, wimmelte es von Fledermäusen, die nun, da sie aufgewacht waren und bemerkten, dass jemand da war, aufgeregt zu flattern begannen, schrill piepsten und kurz vor der Panik standen. Als Seren ihren Packen absetzte, trat Udinaas zu ihr.
    »Hier«, sagte er, und sein Atem dampfte, »macht diese Laterne an, Freisprecherin - wenn es sehr kalt wird, werden meine Hände taub.« Auf ihren fragenden Blick hin sah er kurz zu Forcht Sengar hinüber, ehe er sagte: »Ich habe sie zu viele Jahre in eiskaltes Wasser gehalten. Für einen Sklaven gibt es bei den Edur wenig Behaglichkeit.«
    »Du bist ernährt worden«, sagte Forcht.
    »Wenn im Wald ein Blutholzbaum umgestürzt ist«, sagte Udinaas, »sind wir losgeschickt worden, um ihn ins Dorf zu schleppen. Erinnerst du dich daran, Forcht? Manchmal ist der Stamm plötzlich weggerutscht - weil alles so schlammig und glitschig war oder warum auch immer - und hat einen Sklaven zermalmt. Einer davon war aus deinem eigenen Haushalt - du erinnerst dich nicht an ihn, stimmt’s? Ein toter Sklave, was ist das schon? Wenn so etwas geschehen ist, habt ihr Edur einfach nur gerufen, dass der Geist des Blutholzes nach dem Blut eines Letherii gedürstet hat.«
    »Das reicht, Udinaas«, sagte Seren, die es endlich geschafft hatte, die Laterne anzuzünden. Als das Licht aufflammte, barsten die Fledermäuse aus den Rissen und Spalten, und die Luft war plötzlich voller hektisch schlagender Flügel. Ein Dutzend Herzschläge später waren sie fort.
    Sie richtete sich auf und hob die Laterne.
    Sie standen auf einer dicken, schimmeligen Masse, von der ein fauliger Geruch aufstieg - Dung, in dem unzählige Maden und Käfer krabbelten.
    »Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen«, sagte Seren. »Es gibt bestimmte Arten von Fieber …«
     
    Der Mann schrie, als die Wachen ihn an seinen Ketten quer über den Innenhof zur Ringmauer zogen. Sein zerquetschter linker Fuß hinterließ blutige Schlieren auf den Pflastersteinen. Er jammerte und stieß gellende, anklagende Schreie aus, empörte sich schrill über die Beschaffenheit der Welt - der Welt der Letherii.
    Tanal Yathvanar schnaubte leise. »Hört ihn Euch an. Was für eine Naivität.«
    Karos Invictad, der neben ihm auf dem Balkon stand, blickte ihn scharf von der Seite an. »Du bist dumm, Tanal Yathvanar.«
    »Beaufsichtiger?«
    Karos Invictad legte die Unterarme aufs Geländer und schaute auf den Gefangenen hinunter. Finger, die an aufgedunsene Flusswürmer erinnerten, verschränkten sich langsam. Irgendwo über ihren Köpfen lachte eine Möwe. »Wer stellt die größte Gefahr für das Imperium dar, Yathvanar?«
    »Fanatiker«, antwortete Tanal nach kurzem Nachdenken. »Solche wie der da unten.«
    »Falsch. Hör zu, was er sagt. Er ist von Gewissheit besessen. Er klammert sich an eine sichere Sichtweise auf die Welt, ein Mann mit den richtigen Antworten - dass die erforderlichen Fragen ihrerseits die richtigen waren, versteht sich von selbst. Ein Bürger mit Gewissheit, Yathvanar, kann beeinflusst und umgedreht und zu einem höchst emsigen Verbündeten gemacht werden. Man muss nur eines tun: finden, was solchen Menschen am bedrohlichsten erscheint. Entfache ihre Furcht, und verbrenne das Fundament ihrer

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