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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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unvermeidlich Euer Stuhlgang auch sein mag - der Gestank und die Flecken sind höchst unangenehm.«
    »Oh, das kränkt dich, ja?«
    Er blickte zu ihr hinüber und lächelte. »Janath Anar, eine ranghohe Lehrende an der Akademie Imperialer Gelehrsamkeit. Leider scheint es, als hättet Ihr nichts über die Gepflogenheiten des Imperiums gelernt. Obwohl man natürlich sagen könnte, dass sich das geändert hat, seit Ihr hierhergekommen seid.«
    Sie musterte ihn. Der Blick aus ihren blaugeschlagenen Augen war merkwürdig finster. »Vom Ersten Imperium bis zu diesem Tag hat es immer wieder Zeiten unverhohlener Tyrannei gegeben, kleiner Mann. Dass die derzeitigen Unterdrücker Tiste Edur sind, ist kaum der Rede wert.
    Schließlich sind Leute wie du für die wahre Unterdrückung verantwortlich. Letherii gegen Letherii. Überdies …«
    »Überdies«, sagte Tanal spöttisch, »sind die Patriotisten das Gnadengeschenk der Letherii an ihre eigenen Leute. Besser wir als die Edur. Wir führen keine willkürlichen Verhaftungen durch; wir bestrafen nicht aus Unwissenheit, wir sind nicht wahllos.«
    »Ein Geschenk? Glaubst du das tatsächlich?«, fragte sie, während sie ihn immer noch musterte. »Den Edur ist so oder so alles egal. Ihr Anführer kann nicht getötet werden, das macht ihre Herrschaft absolut.«
    »Ein hochrangiger Tiste Edur hält fast täglich Verbindung zu uns …«
    »Um dich im Zaum zu halten. Dich, Tanal Yathvanar, nicht deine Gefangenen. Dich und diesen Wahnsinnigen - Karos Invictad.« Sie legte den Kopf leicht schräg. »Ich frage mich, wie es kommt, dass Organisationen wie die eure ausnahmslos von erbärmlichen Versagern geführt werden? Von kleingeistigen Psychotikern und Perversen. Die natürlich alle als Kinder schikaniert wurden. Oder von verdrehten Eltern missbraucht - ich bin mir sicher, du hast entsetzliche Geschichten über deine armselige Jugend zu gestehen. Und jetzt liegt die Macht in deinen Händen - und oh, wie wir anderen leiden.«
    Tanal ging mit dem Essen und der Wasserflasche zu ihr.
    »Um des Abtrünnigen willen«, sagte sie, »binde mir zumindest einen Arm los, so dass ich selbst essen kann.«
    Er stellte sich neben sie. »Nein, ich mag es lieber so. Demütigt es Euch, wenn Ihr wie ein Kleinkind gefüttert werdet?«
    »Was willst du von mir?«, fragte Janath, während er die Flasche entkorkte.
    Er setzte sie ihr an die aufgesprungenen Lippen und schaute zu, wie sie trank. »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich gesagt hätte, ich wollte etwas«, erwiderte er.
    Sie drehte den Kopf weg, hustete. Wasser spritze ihr auf die Brust. »Ich habe alles gestanden«, sagte sie nach einer kurzen Pause. »Du hast alle meine Aufzeichnungen, meine verräterischen Vorträge über persönliche Verantwortung und die Notwendigkeit von Mitgefühl …«
    »Ja, Euren moralischen Relativismus.«
    »Ich widerlege jegliche Vorstellung von Relativismus, kleiner Mann - was du wissen würdest, wenn du dir die Mühe gemacht hättest, meine Aufzeichnungen zu lesen. Die Struktur einer Gesellschaft darf nicht dazu dienen, offensichtliche Ungerechtigkeit oder Ungleichheit zu umgehen oder zu entschuldigen. Der Status quo ist nichts Heiliges, kein Altar, den man mit wahren Strömen aus Blut bemalen muss. Tradition und Gewohnheit sind keine brauchbaren Begründungen …«
    »Bei der Weißen Krähe, Frau, Ihr seid ganz gewiss jemand, die gerne Vorträge hält. Als Ihr bewusstlos wart, habt Ihr mir besser gefallen.«
    »Am besten verprügelst du mich wieder so lange, bis ich das Bewusstsein verliere.«
    »Das darf ich leider nicht. Schließlich erwartet man von mir, dass ich Euch freilasse.«
    Sie starrte ihm in die Augen, drehte den Kopf dann wieder weg. »Wie unachtsam von mir«, murmelte sie. »In welcher Hinsicht?«, fragte er.
    »Ich wäre beinahe verfuhrt worden. Die Verlockungen der Hoffnung. Wenn man von dir erwarten würde, dass du mich freilässt, hättest du mich niemals hier herunter gebracht. Nein, ich soll deine persönliche Gefangene sein, und du mein ganz persönlicher Alptraum. Am Ende werden deine Ketten es mit den meinen aufnehmen können.«
    »Die Psychologie der menschlichen Seele«, sagte Tanal, während er ihr ein Stück fetttriefendes Brot in den Mund schob. »Euer Spezialgebiet. Dann könnt Ihr also mein Leben so leicht lesen wie eine Schriftrolle. Soll mir das Angst machen?«
    Sie kaute und schluckte den Bissen dann mühsam hinunter. »Ich verfüge über eine weitaus tödlichere Waffe, kleiner

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