Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
die Art von Geschichte, der man gleichgültig gegenübersteht.
    Vom Exerzierplatz der Garnison gingen vier Hauptstraßen ab; die in Richtung Norden vereinigte sich mit der Torstraße, die zur Stadtmauer und weiter zur Nordküstenroute führte - sie war von den drei Straßen, die über Land zur Stadt führten, die am wenigsten benutzte.
    Im Schatten unter dem mit einem Giebel versehenen Balkon eines palastartigen Anwesens an eben dieser Nordstraße - gleich hinter der Rüstkammer - stand eine kleine, geschmeidige Gestalt, und sie stand hier nicht nur der Kühle wegen, sondern auch, weil sie von hier aus freie Sicht auf die Garnison hatte. Eine grob gewebte Kapuze verbarg ihre Gesichtszüge, doch hätte sich jemand der Vorbeigehenden die Mühe gemacht, kurz stehenzubleiben und genauer hinzuschauen, wäre er oder sie wahrscheinlich überrascht gewesen, dort, wo das Gesicht sein sollte, rote Schuppen zu sehen - und Augen, die in schwarz geränderten Schlitzen verborgen lagen. Aber die Gestalt hatte etwas an sich, das Anlass dazu gab, ihr so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken. Die Blicke glitten über sie hinweg, und die meisten Menschen, die vorbeikamen, bemerkten nicht einmal so richtig, dass da tatsächlich jemand im Schatten stand.
    Seit kurz vor Anbruch der Morgendämmerung stand der Mann hier, mittlerweile war es später Nachmittag. Und die ganze Zeit hatte er den Blick nicht von der Garnison abgewandt, sondern sich alles angesehen: die Boten, die das Hauptgebäude betraten und wieder verließen, das halbe Dutzend Kaufleute adliger Abstammung, die die Garnison besuchten, den Kauf von Pferden, Metallstücken, Sätteln und allerlei anderer Materialien. Er musterte die Häute auf den Rundschilden der Lanzenreiter - flache Gesichter, die Haut so dunkel, dass ihr Farbton nun irgendwo zwischen purpur und ockerfarben lag, wodurch die Tätowierungen kaum noch zu erkennen, aber auf merkwürdige Weise schön waren.
    Es war später Nachmittag, und die Schatten wurden länger, als der Beobachter zwei Letherii bemerkte, die zum zweiten Mal sein Blickfeld durchquerten. Ihr Mangel an Aufmerksamkeit kam ihm … verdächtig vor, und irgendein Instinkt sagte dem Mann mit der Kapuze, dass es an der Zeit war, von hier zu verschwinden.
    Sobald sie an ihm vorbei waren und weiter die Straße entlang Richtung Westen gingen, verließ der Mann die Schatten und folgte den beiden Männern rasch und lautlos. Er spürte, wie sich ihre Wachsamkeit plötzlich erhöhte - und vielleicht auch so etwas wie Beunruhigung bei ihnen regte. Kurz bevor er sie erreicht hatte, wandte er sich nach rechts und tauchte in ein Gässchen ein, das nach Norden führte.
    Fünfzehn Schritt von der Mündung entfernt fand er eine dunkle Nische, in der er sich verstecken konnte. Er schlug seinen Umhang zurück und stopfte ihn hinter den Gürtel, so dass er die Arme frei hatte.
    Ein Dutzend Herzschläge verstrichen, dann hörte er Schritte.
    Er sah, wie sie vorbeigingen - vorsichtig, mit Messern in den Händen. Der eine flüsterte dem anderen etwas zu, sie zögerten.
    Der Mann in der Nische ließ einen Fuß absichtlich über den Boden streifen, als er vortrat.
    Sie wirbelten herum.
    Die Cadaranpeitsche schnellte flüsternd durch die Luft, die mit münzengroßen, messerscharfen, einander überlappenden halbmondförmigen Klingen besetzte lederne Peitschenschnur blitzte auf, beschrieb einen schimmernden Bogen und leckte beiden Männern über die Kehle. Blut spritzte.
    Er sah, wie sie zusammenbrachen. Das Blut strömte ungehemmt - mehr von dem Mann zur Linken -, und breitete sich auf den schmutzigen Pflastersteinen aus. Er trat dicht an sein anderes Opfer heran, zog sein Messer und rammte es dem Verletzten in die Kehle, zog dem Toten dann mit ein paar routinierten Schnitten die Gesichtshaut mitsamt Muskeln und Haaren ab. Bei dem zweiten Toten wiederholte er die entsetzliche Tätigkeit.
    Zwei Agenten der Patriotisten weniger, mit denen man sich herumschlagen musste.
    Natürlich arbeiteten sie zu dritt; den ersten beiden folgte in einiger Entfernung immer ein weiterer Mann.
    Von der Garnison her erklang der erste Alarm, das schrille Geläut mehrerer Glocken, das die staubige Luft über den Gebäuden durchdrang.
    Der Mann faltete seine grässlichen Trophäen zusammen und stopfte sie hinter eine Falte des weiten Hemds aus Rodarawolle, das er über seinem Brustpanzer aus Metallschuppen trug, und ging dann die Gasse entlang, in Richtung Nordtor.
    Ein Trupp der Stadtgarde

Weitere Kostenlose Bücher