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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ehe er nach dem kurzen Zepter griff, das er zum offiziellen Symbol seines Amtes erkoren hatte - schwarzes Blutholz aus dem Heimatland der Edur, dessen silberne Endkappen mit geschliffenen Onyxen besetzt waren - und mit ihm zur Tür deutete.
    Tanal verneigte sich und ging vor, hinaus in den Korridor und zu der breiten Treppe, über die sie ins Erdgeschoss gelangten, und dann durch die doppelflügelige Tür ins Freie, in den Innenhof.
    Die Gefangenen waren an der Westseite des ummauerten Platzes mitten im grellen Sonnenlicht aufgereiht. Man hatte sie einen Glockenschlag vor Anbruch der Morgendämmerung aus ihren Zellen geholt, und mittlerweile war es kurz nach Mittag. Der Mangel an Wasser und Essen, die sengende Hitze des Morgens und die brutalen Befragungen der vergangenen Woche hatten dafür gesorgt, dass mehr als die Hälfte der achtzehn Häftlinge bewusstlos geworden waren.
    Tanal bemerkte das Stirnrunzeln des Beaufsichtigers, als er die zusammengebrochenen und reglos in ihren Ketten daliegenden Gestalten erblickte.
    Bruthen Trana von den Den-Ratha, der Verbindungsmann zu den Tiste Edur, stand auf der den Gefangenen mehr oder weniger gegenüberliegenden Hofseite im Schatten, und als Tanal und Karos auf ihn zukamen, drehte der große, schweigsame Mann sich langsam um.
    »Wie überaus angenehm, Bruthen Trana«, sagte Karos Invictad. »Geht es Euch gut?«
    »Lasst uns fortfahren, Beaufsichtiger«, sagte der grauhäutige Krieger.
    »Sofort. Wenn Ihr mich begleiten wollt, können wir uns alle Gefangenen, die hier versammelt sind, genauer ansehen. Die besonderen Fälle …«
    »Ich bin nicht daran interessiert, ihnen auch nur einen Schritt näher zu kommen als jetzt«, sagte Bruthen. »Sie sind von ihren eigenen Ausscheidungen verdreckt, und in diesem Innenhof regt sich kaum ein Luftzug.«
    Karos lächelte. »Ich verstehe, Bruthen.« Er lehnte das Zepter an eine Schulter und richtete den Blick auf die Reihe der Gefangenen. »Wie Ihr sagt, wir müssen nicht zu ihnen hingehen. Ich werde mit dem ganz links außen anfangen, und dann …«
    »Ist er bewusstlos oder tot?«
    »Nun - wer kann das aus dieser Entfernung schon sagen?«
    Tanal, der den finsteren Gesichtsausdruck des Edur bemerkte, verbeugte sich vor Bruthen und Karos und ging die fünfzehn Schritte hinüber zu den Gefangenen. Er kauerte sich hin, um die auf dem Bauch liegende Gestalt genauer zu betrachten, und richtete sich wieder auf. »Er lebt.«
    »Dann weck ihn auf!«, befahl Karos. Wenn der Beaufsichtiger die Stimme hob, bekam sie einen schrillen Beiklang, schrill genug, um einen dummen Zuhörer zusammenzucken zu lassen - das heißt, dumm war der betreffende Zuhörer nur dann, wenn der Beaufsichtiger die spontane Reaktion mitbekam. Solch sorglose Irrtümer beging man nur einmal.
    Tanal trat den Gefangenen, bis der Mann ein trockenes, krächzendes Schluchzen herausbrachte. »Hoch mit dir, Verräter«, sagte Tanal ruhig. »Der Beaufsichtiger hat es befohlen. Steh auf, oder ich fange an, dir einen nach dem anderen sämtliche Knochen in dem armseligen Hautsack, den du deinen Körper nennst, zu brechen.«
    Er schaute zu, wie der Gefangene sich auf die Beine mühte.
    »Wasser … bitte …«
    »Kein Wort mehr. Stell dich gerade hin, und sieh deinen Verbrechen ins Gesicht. Du bist ein Letherii, oder? Zeig unserem Gast aus dem Volk der Edur, was das bedeutet.«
    Tanal ging zurück zu Karos und Bruthen. Der Beaufsichtiger hatte das Wort ergriffen: »… hat bekannterweise Umgang mit abweichlerischen Elementen in der Akademie der Ärzte gepflegt - das hat er bereits zugegeben. Auch wenn diesem Mann keine besonderen Verbrechen vorgeworfen werden können, ist es doch offensichtlich, dass er …«
    »Der Nächste«, unterbrach ihn Bruthen Trana.
    Karos schloss den Mund - und lächelte, ohne die Lippen zu öffnen. »Natürlich. Der Nächste ist ein Dichter, der einen Aufruf zur Revolution geschrieben und in Umlauf gebracht hat. Er leugnet es nicht, und in der Tat könnt Ihr seinen stoischen Trotz sogar von hier aus erkennen.«
    »Und der neben ihm?«
    »Der Besitzer eines Gasthofs, dessen Schankstube von unerwünschten Elementen besucht wurde - enttäuschten Soldaten, genauer gesagt. Zwei davon befinden sich unter den Gefangenen. Eine ehrbare Hure hat uns über die Aufwiegelung in Kenntnis gesetzt …«
    »Eine ehrbare Hure, Beaufsichtiger?« Der Edur lächelte dünn.
    Karos blinzelte. »Wie? Ja, natürlich, Bruthen Trana.«
    »Weil sie Euch Informationen über einen

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