SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
sie. »Du könntest mit meiner Nichte spielen. Sie ist sechs, genau wie du.«
»Ein Mädchen?« Der Kleine lachte und rümpfte die Nase.
Ein dumpfes Wummern unter ihren Füßen lenkte Jordans Aufmerksamkeit auf die Treppe. Solomon tauchte wieder auf, drückte noch ein paar Knöpfe und zog dann den Zündschlüssel ab. »Also, Schiffsmaat Bliss«, sagte er mit einem nachdenklichen Blick auf sie, »Sie kommen zwar nicht gerade an Captain Bligh ran, aber seefest sind Sie jetzt.«
»Dann kann ich ja so bald wie möglich an Land gehen, vielen Dank«, gab sie zurück, während sie sich daran zu erinnern versuchte, wer Captain Bligh war. Daraufhin stand sie auf und löste mit noch immer zitternden Händen die Verschlüsse ihrer Schwimmweste. »Sie haben Glück, dass ich kein nachtragender Mensch bin, Solomon«, teilte sie ihm mit, wobei sie ihn zum ersten Mal mit seinem Vornamen ansprach. Es gefiel ihr, wie ihr das Wort über die Lippen kam. »Beinahe hätten Sie sich eine neue Lehrerin suchen müssen.«
Damit warf sie ihm die Schwimmweste zu, lief die Treppe hinunter und rief: »Bis dann, Silas!«
»Jordan.«
Sie verdrehte angesichts von Solomons Befehlston die Augen, wandte sich dann aber fragend um. »Ja?«
Er guckte so ernst, dass seine Augen eher grau als silberfarben wirkten. »Geben Sie mir etwas Zeit«, bat er sie, »dann finde ich einen Weg, Miguel für Sie zu holen.«
Sein Angebot verblüffte sie. Einen Moment lang konnte sie nur überrascht zu ihm hochschauen. Wie aufmerksam von ihm, ihr ein solches Angebot zu machen! Wie ritterlich. Und wie … unerwartet. Doch sie hatte bereits die Flüge gebucht. Das Geld dafür war weg. Außerdem konnte sie sich den Luxus, zu warten, nicht leisten. Ihr Visum lief ab, und Miguel, der begonnen hatte, sich von seinem Trauma zu erholen, drohte wieder in sein altes Verhalten zurückzufallen.
»Werden Sie Silas am Wochenende unterrichten?«, fragte Solomon nachdrücklich.
»Wollen Sie denn, dass ich komme?« Mehr Geld konnte sie gut gebrauchen.
»Aye«, antwortete er leise, und sein Sex-Appeal traf sie wie eine Harpune.
Bildlich gesprochen zog er sie sich langsam, aber sicher an Land. Jordan wusste nicht recht, ob sie gegen seine Anziehungskraft ankämpfen oder sie genießen sollte. Emotional gesehen stellte er schließlich keine Gefahr für sie dar. Und ihre sexuellen Bedürfnisse zeigten nur, dass sie wieder ein ganzer Mensch war und den Trennungsschmerz überwunden hatte. »Nun, wenn das so ist, komme ich Samstag- und Sonntagnachmittag her. Vormittags muss ich meiner Schwester helfen.«
Der neugierige Ausdruck in seinen Augen entging ihr nicht. Er fragte sich, was sie vorhatte, doch sie ließ ihn im Unklaren darüber. Ihre Wege mochten sich zwar an diesem kritischen Punkt ihres Lebens gekreuzt haben, auf lange Sicht jedoch wollte sie unabhängig bleiben – und damit vor Kummer oder schrecklichen Enttäuschungen gefeit.
Solange es Miguel gab, würde sie nie mehr allein sein.
Während Jillian ihre Schwester Jordan zum Auto brachte, musterte Rafe die im Dämmerlicht daliegende Veranda des Hauses und fragte sich, warum sie dermaßen zu einer Seite hin absackte. Die ländliche Stille wurde nur vom Summen der Insekten und dem Ruf einer Nachtschwalbe gestört. Als er sich bückte, um sich das Fundament der schiefen Konstruktion anzusehen, konnte er genau hören, worüber sich die beiden Frauen unterhielten.
»Danke, Jordan, du kannst immer noch so gut mit Tieren umgehen. Ohne dich hätten wir das heute nicht geschafft.«
»Na ja, die Pferde haben ihren Teil dazu beigetragen. Sie sind erstaunlich zahm.«
»Das sollten Therapiepferde auch sein. Trotzdem vielen Dank. Ich weiß, dass du eigentlich diesen Jungen unterrichten müsstest.«
»Die Familie geht vor«, erklärte Jordan. »Ich komme dann morgen und am Sonntag wieder.«
Aus dem Augenwinkel sah Rafe, wie die Schwestern einander umarmten. »Meine Güte, das Baby wächst ja«, meinte Jordan lachend und legte Jillian eine Hand auf den Bauch. »Hast du dich schon für einen Namen entschieden?«
»Nein, noch nicht.«
»Wie lange ist es noch hin? Sieben Wochen, oder? Wann willst du dir denn einen aussuchen?«
»Wenn ich
Zeit
dazu habe«, antwortete Jillian angespannt.
Zu Rafes Erleichterung schloss Jordan ihre Schwester noch einmal in die Arme. »Ich helfe, wo ich kann«, sagte sie tröstend. »Wenigstens noch eine Weile.«
Jillian wich zurück. »Was soll das heißen?«
»Das erzähl ich dir ein andermal«,
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