SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
kann diese Ranch nicht mit einem Baby auf dem Arm aufbauen.«
Er spürte, wie sie traurig wurde. »Tut mir leid«, hörte er sich sagen.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das muss es nicht. Ich wusste, worauf ich mich einließ, als ich Gary geheiratet habe. Er brauchte das Risiko, das man eingeht, wenn man zu einem SWAT -Team gehört. Es hat ihm das Gefühl gegeben, lebendig zu sein und etwas zu bewegen. Ich habe mein Glück auf eine Karte gesetzt und ihn trotzdem geliebt. Das gehört eben dazu, wenn man wirklich sein möchte.«
Er verstand nicht recht, was sie damit meinte, deshalb hielt er lieber den Mund.
»Hast du mal das Kinderbuch
Der kleine Kuschelhase
gelesen?«
»Nein, ich glaube nicht«, antwortete er nachdenklich. Es war Ewigkeiten her, dass er Gutenachtgeschichten vorgelesen hatte.
»Es geht darin um einen Stoffhasen, der ein echter Hase sein will. Er spricht mit dem alten Spielzeugpferd, das ihm erklärt, dass man nur wirklich werden kann, wenn man geliebt wird. Das Fell verschleißt, die Augen fallen einem aus oder baumeln nur noch lose. Aber wenn man erst einmal wirklich ist, kann einem nichts mehr etwas anhaben.«
Die Nachtluft war auf einmal zum Schneiden dick, und er hatte Mühe, zu atmen.
»Ich war fünfzehn Jahre lang mit Gary verheiratet. Er hat mich wirklich gemacht, und das ist manchmal sehr schmerzhaft. Trotzdem würde ich nichts von alldem, was geschehen ist, ändern wollen, außer dass es passierte, als meine Kinder noch sehr klein waren. Wenigstens wurde ich geliebt.«
Rafe schluckte. Sie war so viel stärker als er. Vor acht Jahren hatte er ein Horrorszenario vorgefunden, als er nach Hause gekommen war. Zur Vergeltung dafür, dass er mitgeholfen hatte, den Mafiaboss Tarantello und seine rechte Hand lebenslang hinter Gitter zu bringen, war seine ganze Familie hingerichtet worden. Beim Anblick der Leichen hatte Rafe sich an diesem Abend sein blutendes Herz aus der Brust gerissen und es später zusammen mit ihnen auf dem Friedhof St. Raymonds im Grab versenkt.
Er hatte nie wieder wirklich sein und irgendetwas empfinden wollen.
Doch was waren gerade Jillians Worte gewesen?
Wenn man erst einmal wirklich ist, kann einem nichts mehr etwas anhaben.
Plötzlich geriet er in Panik. »Ich muss jetzt gehen, Jillian.« Damit löste er widerstrebend die Hände von ihren Knöcheln.
Für einen langen Moment schaute sie ihn einfach nur traurig an. »Na gut«, lenkte sie ein. »Gute Nacht, Rafael. Vielen Dank, dass du gekommen bist.« Sie schwang die Füße auf die Veranda, damit er aufstehen konnte.
»Halt!«, rief Agatha aus einer dunklen Ecke des Hofes. Dann kam die Kleine auf sie zugerannt und hielt dabei ihr Glas wie eine Trophäe hoch. »Sie müssen meine Lampe sehen.«
»Dann zeig mal«, forderte Rafe sie auf.
Sie stellte das Gefäß auf die Verandastufen und beugte sich vor, um hineinschauen zu können. »Sie müssen warten. Ich hab vier Stück da drin!«
Von ihrer Begeisterung verzaubert – sie erinnerte ihn ein kleines bisschen an seine Tochter Serena –, ging Rafe in die Hocke und harrte geduldig aus. Er spürte, wie Jillian, die sanft vor und zurück schaukelte, ihn von der Seite her ansah.
Im nächsten Augenblick glimmte ein goldenes Licht in dem Glas auf, gefolgt von einem zweiten und noch einem. »Sehen Sie!«, rief Agatha mit einem verzückten Lächeln aus. Rafe fühlte sich, als hätte ihn ein Sonnenstrahl ins Herz getroffen.
»Danke, dass du mir deine Lampe gezeigt hast«, sagte er und zauste ihr die Haare. Dann ging er rasch zu seinem Auto. »Gute Nacht, Jillian«, rief er noch, konnte sich jedoch nicht überwinden, sie anzuschauen.
»Gute Nacht, Rafael.«
Ihr Tonfall verriet ihm, dass sie wusste, was er dachte. So war das schon, seit sie sich angefreundet hatten. Sie teilten die unheimliche Gabe, die Gedanken des anderen lesen zu können.
Rafe glitt in den Wagen und fuhr davon. Ihr war bewusst, dass er floh. Vermutlich nahm sie sogar an, er würde nie wiederkommen.
9
Solomon wartete am Pier auf Jordan. »Sie können Silas erst später unterrichten«, verkündete er mir ernster Miene. »Wir müssen ins Krankenhaus.« Er hielt das Handgelenk des Jungen fest umklammert. »Ich will, dass Sie mitkommen.«
Donnergrollen kündigte ein heraufziehendes Gewitter an. Über den Bäumen brauten sich kohleschwarze Wolken zusammen, wie um Jordans plötzliche Besorgnis zu spiegeln. »Ist er krank?« Sie schaute Silas an, der sich käsig und ängstlich in Solomons Griff
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