SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
überzeugen musste, dass er tatsächlich da war.
Kaum hatte sie eine Ecke der Bettdecke von seiner Wange gezogen, schreckte er aus dem Schlaf hoch und wich schreiend vor ihr zurück.
»Miguel«, redete sie sanft auf ihn ein und nahm die Baseballkappe ab. »Ich bin es, Schatz.«
Eine für sie furchtbare Sekunde lang schien er sie nicht zu erkennen, doch dann füllten sich seine großen dunklen Augen mit Tränen, und er stürzte sich auf sie, klammerte sich so sehr an ihr fest, dass sie kaum noch Luft bekam.
»Ich habe dich auch vermisst, Kleiner«, sagte sie mit erstickter Stimme, während sie vor Erschöpfung und Freude weinte. »Ich bin weit gereist, um dich mitzunehmen.« Beruhigend wiegte sie ihn in den Armen, während er sich weiter an sie klammerte, und strich ihm mit einer Hand über den schmalen Rücken. Er war zwar gut genährt, hatte aber offenbar nicht allzu viel Appetit gehabt.
»Erinnerst du dich noch an die englischen Worte?«, fragte sie, als er immer noch nichts sagte, und hielt erwartungsvoll den Atem an, in der Hoffnung, dass er, so wie früher, mit ihr sprechen würde.
»Ja«, antwortete er schließlich zögerlich.
»Ich nehme dich mit zu mir«, teilte sie ihm mit. »Dieses Mal werde ich dich nicht im Stich lassen. Verstehst du mich?«
Er blickte sie mit großen, für einen Jungen von nur vier Jahren viel zu traurigen Augen an. Eine Antwort bekam sie jedoch nicht. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass er ihr nicht glaubte, obwohl er es eigentlich tun sollte. Nur die Hölle oder eine Sintflut hätten es vermocht, sie nun noch einmal zu trennen.
Aha, da kommt sie
, dachte Jillian, als sie das Geräusch von Schotter unter den Reifen eines sich nähernden Wagens hörte. Sie legte den zweiten Ohrring an, zog sich die für ihre geschwollenen Füße viel zu engen Sandalen an und schnappte sich die dazu passende Handtasche. Dabei war sie sich nicht einmal sicher gewesen, ob Jordan an diesem Abend überhaupt aufkreuzen würde, zumal sie ihre Schwester nun schon seit zwei Tagen zu erreichen versuchte, um ihre gemeinsame Verabredung unter Dach und Fach zu bringen.
»Graham«, rief Jillian am oberen Treppenabsatz, »Tante Jordan ist da, ich fahre dann jetzt.«
»Alles klar«, antwortete ihr Sohn aus seinem Zimmer.
»Das heißt, dass du den Computer ausschalten und mit Agatha spielen musst«, erinnerte Jillian ihn. »Mach ihr ein Sandwich mit Schinken und Käse und lass sie keinen Moment aus den Augen.«
Graham erschien mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht in seiner Zimmertür. »Wieso kommt denn dieser FBI -Typ die Veranda herauf, wenn du mit Tante Jordan ausgehst?«
»Echt?« Jillian war gar nicht auf die Idee gekommen, aus dem Fenster zu schauen, da sie gedacht hatte, dass es Jordan sei. »Du liebe Güte.«
Misstrauisch und besorgt lief sie die Treppe hinunter, wobei sie mit den Absätzen ihrer engen Sandalen hängen blieb, stolperte und mehrere Stufen hinabpolterte, bevor sie sich mit einer Hand am Geländer festhalten und mit der anderen an einer Stufe über sich abstützen konnte.
»Mom!«, schrie Graham und kam hinter ihr die Stufen hinuntergestürmt. »Geht’s dir gut?«
»Alles in Ordnung«, antwortete Jillian, obwohl ihr der Knöchel und ein Handgelenk wehtaten. Dann spürte sie ein Ziehen im Bauch, das sie für Vorwehen hielt, die sie neuerdings regelmäßig hatte. »Geh, mach die Tür auf, Schatz.«
Mit finsterem Blick schob sich Graham an ihr vorbei und lief Richtung Haustür, während Jillian wieder aufstand und sich ziemlich durcheinander und ungelenk fühlte. Als die Tür aufging, durchbohrte sie Rafe förmlich mit seinem dunklen Blick. »Bist du gerade die Treppe heruntergefallen?«, fragte er und sah dabei unfassbar gut aus in seinem schwarzen Anzug und dem gestärkten weißen Hemd, wenngleich er ein wenig blass wirkte.
»Ich habe nur ein paar Stufen auf einmal genommen. Mir geht’s gut. Was gibt’s denn?«, wollte sie wissen und kam vorsichtig weiter zu ihm herunter.
Er musterte sie immer noch besorgt. »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
»Ja, alles prima. Was führt dich her?«
Er holte tief Luft. »Jordan hat mich hierhergeschickt, damit ich heute Abend mit dir essen gehe. Sie ist außer Landes«, verkündete er.
»Oh mein Gott!« Jillian lehnte sich entsetzt gegen die Tür. »Ich hatte schon so ein mieses Gefühl, als ich sie nicht erreichen konnte«, erklärte sie.
»Ich habe sie gebeten, nicht zu fliegen«, fuhr Rafe düster fort. »In Caracas gibt es
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