Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
King legte die Fotos beiseite. »Es ist bekannt, dass eine der Hauptursachen für die Verbreitung der Syphilis der Geschlechtsverkehr mit Prostituierten ist. Wie wir wissen, stand Bobby in dem Ruf, sich mit solchen Frauen abzugeben. Er infizierte sich bei einer Prostituierten mit der Krankheit und steckte Remmy an, die die Krankheit ihrerseits unwissentlich auf Bobby Junior übertrug. Er und Eddie waren keine eineiigen Zwillinge, sondern hatten getrenntes Fruchtwasser. Wahrscheinlich wurde Eddie deshalb nicht angesteckt.«
»Und Eddie hat alles herausgefunden?«, fragte Bailey.
»Ja. Aber ich bin mir noch nicht sicher, wie er dahinter kam. Ich glaube allerdings, dass er schon seit langem Bescheid wusste. Die Situation glich einem Pulverfass. Ich glaube, auch Eddie hatte schreckliche Schuldgefühle. Er wusste, dass ihm nur durch pures Glück das Schicksal seines Zwillingsbruders erspart geblieben war. Und er scheint ihn sehr geliebt zu haben.«
»Also war Rhonda Tyler…«, begann Williams.
»Sie musste gewissermaßen zur symbolischen Bestrafung jener Prostituierten herhalten, die vor vielen Jahren Eddies Vater angesteckt hatte und so letztendlich das Verderben über seinen Bruder brachte. Rhonda hatte bloß Pech, Eddie über den Weg zu laufen.«
»Die ungewöhnlichen Runzeln an Bobbys Hauptschlagader und die krankhaften Veränderungen des Gehirns…«, sagte Sylvia bedrückt. »Das alles verweist auf Syphilis, ohne dass ich es bemerkt habe.«
»Du hast nicht danach gesucht, Sylvia«, tröstete King sie. »Diese Veränderungen könnten auch durch andere Erkrankungen hervorgerufen worden sein.«
Michelle setzte die Erklärungen fort. »Steve Canney musste sterben, weil seine Mutter eine Affäre mit Bobby hatte, aus der Steve hervorging. Seine Mutter war tot, darum musste Steve an ihrer Stelle sterben.«
»Eddie ist Remmy ergeben«, sagte King. »Sicher hat er den Bankert als Beleidigung Remmys empfunden. Janice Pembroke war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Um einen Tick zur falschen Zeit«, sagte Bailey.
»Ganz recht. Gleiches gilt für Diane Hinson. Einen Tick Abweichung, um die Fährte zu verwischen und den Zusammenhang mit den anderen Morden zu verschleiern.«
»Und Junior Deaver?«
»Eddie dachte, er hätte seine Mutter bestohlen. Das war ihm Grund genug, Deaver zu töten. Als er seinen Irrtum erkannte, ließ er seine Wut an Sally aus. Die Schuhabdrücke im Flur hätten mich sofort auf Eddie bringen müssen. Savannah hatte ausgesagt, sie wäre an der Tür geblieben, doch überall im Flur waren Schuhabdrücke. Sie stammten aber nicht von Savannahs Stiefeln, sondern von Eddies. Er stand unter Zeitdruck. Er wusste ja nicht, wann Dorothea aus der Betäubung erwachte, und er selbst musste das Mittel erst noch einnehmen. Wahrscheinlich hat er den Schmutz gar nicht bemerkt. Wenn man bedenkt, wie er mit Sally umgesprungen ist, dürfte er ziemlich ausgerastet sein.«
»Vorsichtig ausgedrückt«, sagte Todd Williams.
»Und dann hat er Harold Robinson in eine Falle gelockt, um alles ihm in die Schuhe zu schieben. Warum er sich ausgerechnet Robinson ausgesucht hat, weiß ich auch nicht.«
»Moment mal«, sagte Michelle. »Der Mann, den der kleine Junge gesehen hat, war demnach Eddie?«
»Ja.«
»Wieso hat Eddie ihn nicht auch umgebracht?«
»Er könnte davon ausgegangen sein, dass Robinsons Schicksal besiegelt ist, wenn der Junge aussagt, seinen Vater gesehen zu haben. So wäre es ja fast auch gekommen. Oder er brachte es nicht über sich, ein Kind zu töten. Wie gesagt, Eddie ist ein sehr komplizierter Mensch.«
»Du meinst, ein Ungeheuer«, sagte Williams.
»Weiß Dorothea schon Bescheid?«, erkundigte sich Sylvia.
Bailey nickte. »Ich habe ihr alles berichtet. Remmy und Savannah standen mir dabei zur Seite. Diese Familie hat es verdammt hart getroffen.«
»Warum hat Eddie berühmte Serienmörder nachgeahmt?«, fragte Williams.
King nickte Bailey zu. »Ich glaube, das war gegen Sie gerichtet, Chip.«
»Gegen mich?«
»Unterstellt man, dass Eddie sich mit seiner Überlegenheit schmeicheln wollte, ergibt es einen Sinn. Ihm kam es darauf an, Sie auf Ihrem eigenen Gebiet zu übertrumpfen.«
»Aber warum? Wir waren doch Freunde. Ich habe ihm damals das Leben gerettet.«
»Nein, Sie haben ihm seinen Entführungsplan verdorben.«
Bailey sprang auf. »Was?«
»Ich bin sicher, dass er seine Entführung nur vorgetäuscht hatte. Der Mann, den Sie erschossen haben, war sein Komplize. Eddie
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