Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
einen Untersuchungsgefangenen am Leben erhalten, und sei es nur zu dem Zweck, dass er hingerichtet werden kann.«
Der Eingang zum Gerichtsgebäude wurde im Halbkreis abgeriegelt; der Wagen fuhr vor, und man führte Eddie Battle eilig ins Gebäude, während es auf die Männer, die ihn abschirmten, Zurufe und Schmähungen hagelte, zusammen mit Flaschen, Getränkedosen und Steinen. Schüsse fielen Gott sei Dank nicht.
Vor dem Gerichtssaal wurde Eddie von den Pflichtverteidigern erwartet. Sie besprachen sich kurz mit ihm; dann gingen alle in den Saal, wo Eddie sich als »unschuldig« bezeichnete. Seine Verteidiger beantragten keine Kaution und hatten einen solchen Antrag wohl auch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Ihnen schauderte eher bei der Vorstellung, Eddie könnte ihnen als freier Mann mitten in der Nacht einen Besuch abstatten.
»Wir bleiben in Verbindung«, sagte seine Chefverteidigerin zu ihm, eine große, stattliche Frau mit unvorteilhafter Frisur.
»Na klar«, antwortete Eddie, dessen muskulöser Körper beinahe die Nähte seines engen, orangefarbenen Gefängnisoveralls sprengte. »Glauben Sie, Sie können mich bei guter Führung raushauen?«
Eddie und seine Aufpasser kehrten um, doch weit vor dem Ausgang fingen Williams und Bailey sie ab.
»Wir stehen da draußen kurz vor einem Krawall«, sagte Williams. »Wir müssen die Situation bereinigen, bevor wir Eddie zurückbefördern können. Ich habe für den Fall, dass die Leute die Belagerung nicht freiwillig aufgeben, Pfefferspray und Tränengas bestellt.«
Eddie schmunzelte. »Sieht so aus, als hätte ich endlich mal ein bisschen Leben in unser stinklangweiliges Wrightsburg gebracht, Todd.«
»Halten Sie den Mund!«, schnauzte Williams, erreichte damit aber nur, dass Eddies Lächeln noch breiter wurde.
»Nun müssen Sie mich wohl oder übel beschützen, Todd. Sie dürfen nicht zulassen, dass man mich lyncht. Das würde den Medien gar nicht gefallen. Sie können denen doch nicht die Schau stehlen. Denken Sie an die Einschaltquoten. Denken Sie an die zusätzlichen Dollars.«
»Sie sollen die Fresse halten!« Williams trat auf Eddie zu, doch Bailey ging dazwischen.
»Machen Sie keinen Unsinn, Todd, lassen Sie sich zu nichts hinreißen.«
»Mann, Chippy, vielen Dank«, sagte Eddie. »Du bist mir immer ein guter Freund gewesen.«
Bailey wirbelte herum, und seine Hand schnappte nach der Waffe.
Diesmal griff Williams ein. »Nichts da, Chip, den Gefallen tun wir ihm nicht.« Mit rauer Stimme erteilte er zwei seiner Deputys neue Anweisungen. »Sperren Sie ihn in die Durchgangszelle im zweiten Stock. Wir holen ihn ab, wenn wir mit dem Pöbel fertig sind.«
»Viel Glück!«, rief Eddie, während die beiden Deputys ihn abführten. »Lasst mich jetzt bloß nicht im Stich!«
KAPITEL 89
Der eine Deputy stand an der Tür, der andere am Fenster.
»Das wird ein richtiger Scheißkrawall«, sagte der Deputy, der zum Fenster hinausschaute; er hatte Eddies Größe, lockiges Haar und einen muskulösen Körper. »Da fliegt das Tränengas.«
»Tränengas«, wiederholte der zweite Polizist, ein Mann mit einer Brust wie eine Bulldogge, dicker Taille und breiten Hüften, was zur Folge hatten, dass die Gegenstände an seinem Gürtel zu beiden Seiten herausstanden. »Ich wäre lieber auch da unten und würde den Pennern ein bisschen von dem Zeug verpassen.«
»Dann geh doch. Ich hab hier alles im Griff.«
»Nee, ist nicht drin. Der Chef hat befohlen, wir sollen hier bleiben.« Der Mann blickte in die Richtung der Durchgangszelle, in der Eddie hockte und sie stumm beobachtete. »Der Hurensohn hat ’ne Menge Leute abgemurkst. Wahrscheinlich hat er einen an der Waffel.«
»Wegen unvorsichtiger Passanten gibt es keinen Krawall, Jungs«, sagte Eddie.
Beide Deputys blickten ihn an. Der Hochgewachsene lachte. »Den muss ich mir merken. ›Wegen unvorsichtiger Passanten gibt es keinen Krawall.‹«
Der Kleinere blickte seinen Kollegen fragend an.
»Geh ruhig«, sagte der. »Unser Freund macht sich bestimmt nicht dünne.«
»Okay, aber wenn du den Chef kommen siehst, funk mich an. Dann bin ich wie ein Blitz wieder da.«
»Geht klar.«
Der Mann verließ den Raum, und Eddie war mit dem zweiten Deputy allein.
Er stand auf und schlenderte zur Zellentür. »Hast du mal ’ne Zigarette?«
»Für wie blöd hältst du mich? Meine Mutter hat doch keinen Idioten großgezogen. Du bleibst da, und ich bleibe hier.«
»Komm schon, Mann, an mir sind sämtliche Löcher durchsucht
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