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praktische Anwendung der Neuroplastizität stammt aus der Arbeit von Christopher deCharms. 13 DeCharms untersuchte Patienten mit chronischen Schmerzen mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT). Im Rahmen der Untersuchung mit einem bildgebenden Verfahren, das als Echtzeit-fMRT bezeichnet wird, zeigte er den Teilnehmern das Bild eines Feuers auf einem Bildschirm. Je stärker die neuronale Aktivität in den mit dem Schmerz verbundenen Hirnarealen, desto heftiger loderte auch das Feuer. Mit Hilfe der optischen Darstellung lernten die Patienten, diese Gehirnaktivität zu steigern oder zu drosseln, und als sie diesen Trick beherrschten, berichteten sie von einem entsprechenden Rückgang der Schmerzintensität. DeCharms bezeichnet dieses Verfahren als »Therapie mittels neurofunktioneller Bildgebung«.
Gehirn. Trainierbar. Gut.
Die Aufmerksamkeit schulen
Wo also sollen wir mit der Schulung der emotionalen Intelligenz anfangen? Beginnen wir mit der Schulung der Aufmerksamkeit . Auf den ersten Blick mag das unlogisch erscheinen. Ich meine, was hat Aufmerksamkeit mit emotionaler Kompetenz zu tun?
Die Antwort lautet: Eine starke, stabile und sensible Aufmerksamkeit, die Ihnen ein Gefühl von Ruhe und Klarheit vermittelt, ist die Grundlage emotionaler Intelligenz. So hängt zum Beispiel unsere Selbstwahrnehmung davon ab, dass wir die eigene Person objektiv betrachten. Dazu müssen wir unsere
Gedanken und Gefühle aus der Perspektive eines neutralen Beobachters ansehen können. Wir dürfen uns von unseren Emotionen weder mitreiÃen lassen noch dürfen wir uns mit ihnen identifizieren, sondern wir müssen sie deutlich und objektiv sehen. Dazu ist eine klare, stabile und urteilsfreie Aufmerksamkeit vonnöten. Ein weiteres Beispiel zeigt den Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeit und Selbstregulierung. Es gibt etwas, das als »Reaktionsflexibilität« bezeichnet wird. Dies ist eine hochtrabende Bezeichnung dafür, dass Sie in der Lage sind, kurz innezuhalten, bevor Sie handeln. Sie empfinden einen starken emotionalen Reiz, doch statt wie üblich prompt zu reagieren (und dem anderen Fahrer den Stinkefinger zu zeigen), halten Sie für den Bruchteil einer Sekunde inne. In dieser Pause können Sie entscheiden, wie Sie in dieser emotionalen Situation weiter verfahren möchten (und beschlieÃen zum Beispiel, den anderen Fahrer nicht zu beleidigen, womit Sie sich unter Umständen sehr viel Ãrger ersparen, denn möglicherweise haben Sie es mit einem zornigen alten Mann mit einer ganze Tasche voll Golfschlägern zu tun, der sich zudem als der Vater der Frau entpuppen könnte, mit der Sie gerade ausgehen). Sie sind also auch im Hinblick auf diese Fähigkeit auf eine klare und unerschütterliche Aufmerksamkeit angewiesen.
Hierzu passt das folgende, Viktor Frankl zugeschriebene Zitat: »Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum hat der Mensch die Freiheit und die Fähigkeit, seine Reaktion zu wählen. In diesen Entscheidungen liegen unser Wachstum und unser Glück.« Mit geistiger Ruhe und Klarheit können wir diesen Abstand vergröÃern.
Eine solche Qualität der Aufmerksamkeit lässt sich durch die sogenannte »Achtsamkeitsmeditation« kultivieren. Jon Kabat-Zinn definiert Achtsamkeit so: »Achtsamkeit beinhaltet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im
gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.« 14 Der berühmte vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh schrieb sehr poetisch, Achtsamkeit bedeute, »das Bewusstsein für die gegenwärtige Wirklichkeit wach zu halten«. 15 Diese Erklärung gefällt mir sehr gut, ich habe allerdings festgestellt, dass Jons Definition den Ingenieuren leichter zu vermitteln ist â und ich mag die Ingenieure. Achtsamkeit ist eine geistige Qualität, in deren Genuss wir alle von Zeit zu Zeit einmal kommen. Mit etwas Ãbung lässt sie sich jedoch erheblich ausbauen, und sobald sie stark genug ist, führt sie unmittelbar zu jener ruhigen und klaren Aufmerksamkeit, die der emotionalen Intelligenz zugrunde liegt.
Wissenschaftliche Untersuchungen beweisen, dass, wenn wir unsere Aufmerksamkeit besser kontrollieren können, dies erhebliche Auswirkungen darauf haben kann, wie wir auf Gefühle reagieren. Eine aufschlussreiche Studie der im Bereich der Hirntomographie tätigen Wissenschaftlerin Julie Brefczynski-Lewis und ihrer
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