Sebastian
wären über jede Entfernung eine unbequeme Last gewesen, aber die anderen Sachen, die sie in das Tuch gewickelt hatte, lie ßen das Paket so unförmig werden, dass es ihr unmöglich war, die Position ihrer Arme zu verändern.
Aber sie weigerte sich, Sebastian ihre Verfassung sehen zu lassen. Er würde mit ihr streiten und sagen, sie solle das Bündel zurücklassen, vielleicht versprechen, zurückzukehren, um es zu holen, nachdem sie sich in seinem Zimmer im Bordell eingerichtet hätten. Vielleicht wäre er wirklich zurückgegangen, und vielleicht wären die Zeichnungen auch noch da gewesen, wenn er kam, aber etwas so Wichtiges würde sie keinem »Vielleicht« überlassen.
Dachte er, sie hätte nicht gesehen, wie schmerzlich der Gedanke, die Skizzen zurückzulassen, für ihn gewesen war? Sie waren mehr als nur Bleistiftstriche auf Papier. Er hätte einen Teil seines Herzens loslassen müssen - und er hätte ihn vielleicht niemals zurückbekommen.
Also hielt sie das Kinn nach oben gereckt, ignorierte die Blicke, die Sebastian ihr zuwarf und wiederholte ein ums andere Mal: Ich bin eine Löwin.
Bis zu dem Tag, an dem Vater versucht hatte, sie zum Sex zu zwingen, hatte sie noch nie einem Befehl getrotzt, weil sie es nicht gewagt hätte, sich zu widersetzen. Aber jetzt trotzte sie Sebastian, einem Mann, der sowohl wunderschöne, als auch Furcht einflößende Gefühle in ihr weckte, weil sie tief in ihrem Herzen wusste, dass sie das Richtige tat.
Seltsam, wie sich das Innerste einer Person in so kurzer Zeit ändern konnte.
Einen Augenblick, nachdem sie die Hauptstraße des Pfuhls erreicht hatten, rief jemand: »Sebastian!« Und ein glücklicher und erleichterter Teaser lief mit großen Schritten auf sie zu - bis er sie erblickte. Dann kam er schlitternd zum Stehen.
»Wir treffen uns bei Philo, sobald ich Lynnea in unser Zimmer gebracht habe«, sagte Sebastian.
Teaser warf ihr einen Blick zu. »Aber … ich dachte -«
»Die Dinge haben sich verändert«, meinte Sebastian mit Schärfe in der Stimme.
Etwas blitzte in Teasers Augen auf - Nervosität? Zweifel? -, war aber schon wieder verschwunden, bevor Lynnea das Gefühl benennen konnte.
»Aha«, sagte Teaser nur. »Hast du deinen Zimmerschlüssel?«
Sebastian nickte. »Aber am Empfang liegt noch einer.«
»Den habe ich genommen.« Teaser zuckte mit den Schultern. »Hab meine Zimmertür abgeschlossen. Deine auch. Wenn du etwas in den Kühlapparat legen willst, kannst du durch das Bad in mein Zimmer gehen.«
Sebastian warf Teaser einen langen Blick zu und nickte dann erneut.
Nachdem er ihnen ein zögerliches Lächeln zugeworfen hatte, lief Teaser die Hauptstraße hinunter. Jetzt, da sie fast den Ort erreicht hatten, an dem sie es ablegen konnte, wog das Paket in Lynneas Armen mit jedem Schritt mehr.
Als sie am Bordell ankamen, schulterte Sebastian das Gepäck und öffnete ihr die Tür, bevor er die Reisetasche und den Korb hineinwuchtete.
Der Mann am Empfang beobachtete sie einfach nur, als sie den Eingangsraum durchquerten und die Treppe hinaufstiegen.
»Schließt ihr eure Türen normalerweise nicht ab?«, fragte Lynnea, während sie zusah, wie Sebastian den Schlüssel aus seiner Tasche fischte und im Schloss herumdrehte.
»Um ungestört zu sein schon, aber nicht, um jemanden davon abzuhalten, das Zimmer zu betreten, wenn ich nicht da bin.«
Sobald er die Tür aufgestoßen hatte, eilte sie zum Bett und legte mit einem unterdrückten Stöhnen ihr Paket ab. Dann drehte sie sich um, um ihn anzusehen und hoffte, dass ihr Lächeln echt wirkte.
Er stand im Türrahmen und starrte sie an. Dann trug er ihre Taschen und den Korb so weit in den Raum, dass er die Tür schließen konnte.
»Du musst mit Teaser und Philo sprechen«, sagte sie, und die Art, wie er sie mit seinen grünen Augen anblickte, machte sie immer nervöser. »Wenn du mir einfach sagst, was ein Kühlapparat ist, so dass ich mir keine Dinge anschaue, die ich nicht sehen sollte, kann ich die Sachen hier einräumen.« Vor allem die Sachen, von denen sie noch nicht wollte, dass er sie entdeckte.
Er trat ans Bett und schob sie sanft aber bestimmt zur Seite.
»Sebastian.«
Er schlug das Tuch auf... und sagte nichts. Ihr Herz schlug heftig, als er mit den Fingern über die Holzkiste und die lederne Mappe strich, die das Zeichenpapier enthielt.
Er öffnete die Kiste, dann schloss er sie wieder.
»Meine Cousine und ihr Bruder haben mir diese Kiste vor ein paar Jahren geschenkt. Zeichenkohle und
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