Sebastian
beinahe aufrecht stand. »Geh ins Bett und schlaf dich aus. Du wirst morgen früh nicht besonders ausgeruht sein, wenn du auf dem Boden schläfst.«
Teaser schwankte leicht, als er seine Schuhe betrachtete. »Meine Füße sind ganz da unten. Wie haben sie das gemacht?«
»Es ist mir auch ein Rätsel.« Mit einem leichten Schubs stieß er Teaser auf sein Bett. Sebastian zog ihm die Schuhe aus, rollte ihn näher zur Mitte des Bettes und warf ihm eine Decke über.
Dann ging er zurück in sein eigenes Zimmer.
Er ließ sich Ausreden einfallen, um Lynnea nicht zu berühren. Er brauchte ein Bad. Er war müde. Als sie aus dem Badezimmer kam, tat er so, als würde er bereits schlafen.
Ich tue es für sie. Ich weiß jetzt, was in mir steckt. Weiß es wirklich. Ich kann nicht zulassen, dass meine Unreinheit ihr Leben verdunkelt.
Als sie sich an seinen Rücken schmiegte, drehte er sich nicht um, damit sie ihren Kopf auf seine Schulter legen konnte. Und als ihre Träume ihn einluden, blieb er ihnen fern - und fühlte sich so einsam wie nie zuvor.
Kapitel Siebzehn
Eine sanfte Brise milderte die Sommerhitze, und der Klang der Windspiele, der raschelnden Blätter und des Wassers, das in den Koi-Teich tröpfelte, vermengte sich zu einer Melodie, der kein von Menschenhand gefertigtes Instrument entsprechen konnte.
Glorianna saß auf der Steinbank und sah den goldenen Blitzen zu, während die Kois dem Leben in ihrer eigenen kleinen Welt nachgingen und sich vor nichts fürchteten außer den Fischreihern, die ab und an beschlossen, im Teich zu jagen.
Ein Hauch der Veränderung strich über ihre Haut, flüsterte im Wind. Sie wand den Kopf zur hölzernen Brücke, die sich über einen »Fluss« aus Ziersteinen spannte, und blickte dem Mann entgegen, der plötzlich einen Schritt jenseits der Brücke erschien.
Als er sie erblickte, lächelte er und hob eine Hand zum Gruß.
Sie erwiderte das Lächeln und rückte ein Stück zur Seite, um ihm Platz zu machen. »Guten Morgen, Ehrenwerter Yoshani.«
»Guten Morgen, Glorianna Dunkel und Weise.« Er setzte sich zu ihr auf die Bank, stellte ein gläsernes Gefäß zwischen sie und lächelte erneut. »Heute Morgen bin ich mit dem Gefühl erwacht, dass ich Euch hier finden würde, bevor die Sonne zu hoch steigt. Also folgte ich meinem Gefühl - und hier seid Ihr.«
»Hier bin ich.«
»Wo ist Euer Bruder?«
»Er ist gegangen, um unsere Mutter zu besuchen. Oder genauer gesagt, um zu versuchen, sich zu entscheiden, wie er dazu steht, dass der Liebhaber unserer Mutter ins Haus der Familie zieht.«
»Ah. Der Liebhaber ist ein glücklicher Mann, dass Eure Mutter ihm ihre Achtung schenkt.«
»Ich glaube nicht, dass Lee Eure Weisheit besitzt.«
»Er ist ihr Sohn. Ich bin es nicht. Für mich ist es leichter, Weisheit in diesen Dingen zu besitzen«, sagte Yoshani mit einem breiten Lächeln.
Glorianna lachte. »Es liegt Wahrheit in Euren Worten.« Sie blickte in seine dunklen Augen, die ihr erschienen wie Brunnen, die bis tief hinunter in den großen See der Wahrheit reichten, der im Herzen der Welt lag. »Aber Ihr seid nicht in diesen Teil der Heiligen Stätten gekommen, um Eure Weisheit in diesen Dingen mit mir zu teilen.«
»Ich bin gekommen, Euch dies zu geben.« Er reichte ihr einen glatten weißen Stein, der warm in ihrer Handfläche lag. »Und Euch dies zu zeigen.« Er hob das Glasgefäß auf.
»Was ist das?«
»Es ist ein Glas der Sorgen«, antwortete Yoshani sanft. »In meinem Teil der Welt gehen zu jeder Jahreszeit jene, die dem Licht dienen, mit diesen Gefäßen und einem gro ßen Beutel weißer Steine hinaus in die Dörfer - genug für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind. Am Morgen nimmt ein jeder im Dorf einen Stein und trägt ihn mit sich. Über den Tag finden sie alle ruhige Momente, um den Stein in der Hand zu halten und ihm die Dinge zuzuflüstern, die ihnen auf dem Herzen liegen. Kleine Kränkungen, großes Leid. Die Steine lauschen den Sorgen und nehmen sie in sich auf. Bevor die Sonne untergeht, lässt jeder den Stein in das Glas fallen, und der Hüter des Gefäßes gießt sauberes Wasser über die Steine und schließt den Deckel. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang nehmen die Dorfbewohner Krüge und Eimer mit Wasser und folgen dem Hüter zu dem Ort, den sie zum ›Sorgengrund‹ bestimmt haben. Der Hüter öffnet das Glas und schüttet das Wasser aus, das sich schwarz gefärbt hat. Wieder und wieder wird es gefüllt, bis das Wasser endlich klar aus dem Gefäß
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