Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
fließt. Dann wissen die Menschen, dass sie von ihren Sorgen reingewaschen wurden, und sie kehren leichteren Herzens zu ihrem Leben zurück.«
    »Ist etwas in dem Gefäß, das das Wasser schwarz färbt?«, fragte Glorianna und rieb den weißen Stein in ihrer Hand.
    »Nur die Sorgen«, sagte Yoshani lächelnd. »Das ist die Magie, welche die Diener des Lichts meines Heimatlandes den Menschen schenken. Die Menschen in Eurem Teil der Welt haben ein Sprichwort: Reise leichten Herzens. Damit ist nicht die Last gemeint, die ein Mann auf dem Rücken tragen kann, sondern die Bürde, die er hier drinnen trägt.« Er klopfte leicht auf seine Brust. »Ist es nicht so?«
    »So ist es.«
    »Euer Herz reist nicht leicht dieser Tage. Also biete ich Euch die Magie meines Volkes an: Einen Stein... und das Glas der Sorgen.«
    Glorianna betrachtete den weißen Stein, der warm und weich in ihrer Hand lag. Wie wäre es, sich von der Last der Erinnerung zu befreien, um das Echo des Schmerzes zur Ruhe kommen zu lassen, das sie seit dem Tag in sich trug, an dem sie erkannt hatte, dass ihre Lehrer und die Zauberer versucht hatten, sie in ihrem Garten einzuschließen? Wie würde es sich anfühlen, dem Stein ihre größte Angst zuzuflüstern - dass eines Tages Einsamkeit ihr Herz so sehr verdunkeln würde, dass sie nicht mehr länger in der Lage wäre, das Licht zu erreichen. Wäre das Leben nicht leichter, wenn sie den Stein zu einem Gefäß für diese Gefühle machen, wenn sie zulassen würde, dass man jene Gefühle fortspült?
    Sie schloss die Augen und lauschte der Resonanz von Licht und Dunkelheit, die in ihr widerhallte und sie ebenfalls zu einem Gefäß machte.
    Mit einem Seufzer des Bedauerns gab sie Yoshani den Stein zurück.
    »Warum wollt Ihr dies Geschenk nicht annehmen, Glorianna Dunkel und Weise?«, fragte Yoshani. »Warum haltet Ihr an Euren Sorgen fest?«
    Seine Hand war geöffnet. Es wäre so leicht, den Stein anzunehmen.
    Sanft schloss Glorianna seine Finger um den Stein und verbarg ihn so vor ihrem Blick. »Weil, Ehrenwerter Yoshani, ich glaube, dass ich meine Sorgen brauchen werde.«
     Nachdem er ein seinem Empfinden nach karges Frühstück beendet hatte, schob Koltak seinen Stuhl zurück, nahm seine Satteltaschen und ging zur Tür. Der Wirt, außer ihm die einzige Person im Schankraum der Taverne, tat so, als säubere er den Tresen mit einem Lumpen, anstatt das dreckige Geschirr wegzuräumen, das die anderen Reisenden hinterlassen hatten.
    Wahrscheinlich will er vermeiden, mit mir zu reden.  Der Gedanke war erstaunlich bitter, schließlich wäre er Zuhause empört gewesen, hätte ein einfacher Wirt versucht, ihn anzusprechen.
    »Ihr geht also?«, fragte der Wirt und hielt den Blick auf den Lumpen gerichtet, mit dem er das Holz des Tresens abrieb.
    »Das tue ich«, erwiderte Koltak kalt und trat zur Tür.
    »Euer Pferd ist bereits gesattelt.« Der Mann zögerte. »Wohin seid Ihr unterwegs?«
    Warum willst du das wissen? Aber er drehte sich um und blickte den Mann an. Schließlich war dies ein fremder Ort und dieser eine Tagesritt hatte ihn weit von Zuhause fortgeführt. »Zurück über die Brücke.«
    Die Hand, die den Lumpen hielt, erstarrte zitternd. Einen Moment später nahm der Wirt die gleichmäßigen Bewegungen, mit denen er den Tresen polierte, wieder auf. »Na ja, die meisten Menschen haben keine Schwierigkeiten, die Brücke zu überqueren, und die Straße führt Euch geradewegs nach Kendall, einer recht großen Stadt an der Küste. Aber zwischen hier und dort liegt ein ganzes Stück Wildnis, und man sagt, wenn das Herz eines Mannes nicht am rechten Fleck sitzt, kann es sein, dass er den Weg eines Wasserpferdes kreuzt, die in diesem Teil des Landes leben.«
    Koltak trat näher an den Tresen. »Wasserpferde?«
    Der Wirt nickte. »Wunderschöne schwarze Pferde. Sie laufen direkt auf Euch zu, zahm wie brave Haustiere. Aber in Wahrheit sind sie Dämonen, und wenn man dem Drang, eines von ihnen zu reiten, nachgibt … Nun, man erlebt einen wilden Ritt, habe ich gehört. Sie laufen wie der Wind und so ruhig, dass man denkt, man gleitet über Eis. Aber sobald man eines von ihnen besteigt, nimmt es einen mit seiner Magie gefangen, und man kann nicht mehr absteigen. Also laufen sie, wie es ihnen beliebt und man selbst kann nichts tun, außer mit ihnen zu gehen. Und dann, wenn sie an einen der kleinen Seen oder Teiche kommen, die es dort überall in der Landschaft gibt, laufen sie geradewegs hinein, direkt bis auf den

Weitere Kostenlose Bücher