Sebastian
Ephemeras.
Der Raum im dritten Stock war groß genug, um über eine eigene Sitzgruppe zu verfügen. Er schrie nicht nach »käuflicher Liebe«. Es sah so aus, als hätte Sebastian gut für sich gesorgt.
Die Ausstrahlung des Zimmers war männlich, aber er entdeckte auch einen Hauch von Weiblichkeit.
»Du wohnst mit einer Frau zusammen?«, fragte Koltak und wunderte sich, wie ein Inkubus mit einer Frau im Haus wohl seinen Geschäften nachging.
»Das geht dich nichts an«, sagte Sebastian scharf und zog ein Bündel aus den Tiefen des Kleiderschrankes.
»Nein, tut es nicht.« Er bemerkte erneut, wie Sebastian zögerte. Der Junge hatte schon immer einen eisernen Willen besessen. Um Ephemera zu retten. Zum Wohl Ephemeras.
Zwei Garnituren Unterwäsche wanderten in das Bündel. Zwei Hemden.
Dann ging Sebastian durch eine Tür und schloss sie hinter sich. Einen Moment darauf vernahm Koltak das Krachen und Knacken alter Wasserrohre.
Nicht sicher, wie lange Sebastian beschäftigt sein würde, ließ Koltak seinen Blick durch den Raum schweifen, während er in die Innentasche seiner Robe griff und das gefaltete, versiegelte Stück Papier herauszog, das die Erlösung Ephemeras enthielt. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass er keinen passenden Ort finden könnte, an dem er das Schriftstück hinterlassen konnte - einen Ort, an dem man es zwar ganz bestimmt, aber nicht zu schnell entdecken würde. Dies Problem hatte Sebastian praktischerweise dadurch für ihn gelöst, dass er mit einer Frau zusammenlebte.
Das Knacken der Wasserrohre verstummte.
Koltak steckte das Papier zwischen das Sitzkissen und die Lehne eines Sessels und ließ es dabei gerade so weit hervorstehen, dass es den Blick auf sich zog.
»Fertig?«, fragte Koltak, als Sebastian in den Raum zurückkehrte, und trat einen Schritt zur Seite, um den Sessel zu verbergen und zu verhindern, dass Sebastian das Schriftstück bemerkte.
»Gehen wir.«
Als sie die Straße erreichten und Koltak die zwei Dämonen erblickte, die auf sie warteten, sträubte er sich. »Nein.«
Sebastian rückte das Bündel auf seinem Rücken zurecht und schwang dann ein Bein über den Ledersitz des Gefährts. »Du bist derjenige, der darauf besteht, dass wir so schnell wie möglich ankommen. Die Dämonenräder sind die schnellste Reisemöglichkeit.«
Widerwillig bestieg Koltak das andere Dämonenrad und stellte seine Füße auf die Fußrasten, wie Sebastian es getan hatte.
»Halt dich fest«, sagte Sebastian.
Koltaks Hände schmerzten, so fest umklammerte er den Lenker. Als die Räder ruhig über die Hauptstraße schwebten, entspannte er sich ein wenig. Sie waren nicht schneller, als ein Pferd laufen konnte. Warum hatten sie statt dieser Kreaturen kein natürliches Wesen benutzen können?
»Was glaubst du, wie viele Tage werden wir brauchen, um die Brücke zu erreichen?«, fragte er.
Sebastian sah ihn an, sein Gesichtsausdruck zögernd und verwirrt.
Er musste aufhören, nach der Zeit zu fragen. Der Junge war nicht dumm. Wenn er genug Zeit bekam, um über das Wesen Ephemeras nachzudenken, würde Sebastian die richtigen Schlüsse ziehen, und das wäre katastrophal. Wir müssen schnell sein, um Ephemera zu retten. Müssen die Brücke finden, um Ephemera zu beschützen.
Sebastian grinste verschlagen. »So lange wird es nicht dauern.«
Sie fuhren langsam die Hauptstraße entlang, bis sie den Schotterweg erreichten. Dann …
Koltak schrie auf, als die Dämonenräder nach vorne schossen und mit einer Geschwindigkeit über die Straße rasten, die ein galoppierendes Pferd weder erreichen noch halten könnte. Das Cottage flog vorüber. Sebastian rief: »Grenzlinie voraus.«
Die Räder hoben sich wie ein Pferd, das über einen Zaun springt. Koltak hatte keine Ahnung, ob es notwendig war, die Grenzlinie von dieser Seite aus zu überqueren, oder ob es der widerwärtige Versuch des Dämons war, ihn so zu ängstigen, dass er sich in die Hose machte.
Der Boden, über den er sich geschleppt hatte, flog unter ihm hinweg. Der Mond, jetzt beinahe voll, erhellte das Land und verlieh ihm eine seltsame Schönheit und einen Frieden, den er während all der Zeit, die er in dieser Landschaft gefangen gewesen war, nicht bemerkt oder gespürt hatte.
Die Dämonen grollten und wurden langsamer, als sie sich einem Ring aus Felsgestein näherten. Inmitten des Ringes befand sich etwas, das aussah, wie fahle, unfruchtbare Erde.
»Es ist Sand«, sagte Sebastian. Er lehnte sich nach vorne und tippte dem
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