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Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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gerichtet, die den Dämonenrädern nicht gefiel. Ein Fuß auf den hölzernen Planken. Beide Füße. Ein Schritt auf die andere Seite zu. Noch einer.
    Koltak eilte zur Brücke und betrat die Planken. Sebastian stand am anderen Ende. Noch einen Schritt, und es wäre vollbracht.
    Aber er ging den Schritt nicht. Stand einfach nur da.
    Koltak stürzte nach vorne, versetzte Sebastian einen festen Stoß und beförderte den jungen Mann stolpernd von der Brücke.
    »Ergreift ihn!«, rief Koltak, als er den letzten Schritt machte, der ihn zurück in die Landschaft bringen würde, in der all sein Ehrgeiz endlich Früchte tragen würde.
    Sein Herz füllte sich mit Freude, als er zusah, wie Sebastian versuchte, zwei Wachen abzuwehren. Der Stoß mit dem Knie in die Leistengegend ließ einen Wachmann würgend zur Seite rollen. Der andere Mann wirkte fähiger, versuchte aber, Sebastian einfach nur festzuhalten.
    »Du verlogener Bastard!«, schrie Sebastian und riss sich fast vom anderen Wachmann los, bevor Dalton und ein weiterer Mann die Brücke erreichen konnten.
    Im flackernden Licht der Fackeln, die zu beiden Seiten der Brücke aufgestellt waren, erkannte Koltak die Absicht in Sebastians Augen, konnte sich aber nicht schnell genug bewegen, um zu verhindern, dass er getroffen wurde.
    Blitze schossen aus Sebastians Hand. Der Treffer wäre tödlich gewesen, hätte der Wachmann Sebastian nicht einen Schlag gegen den Kopf versetzt, so dass dieser sein Ziel verfehlte.
    Koltak spürte, wie die Macht durch seinen linken Fuß fuhr, als Sebastian, von dem Schlag betäubt, zu Boden ging.
    »Bindet ihn, bevor er noch mehr Schaden anrichten kann«, befahl Dalton scharf.
    Einer der Männer löste ein Seil, das an seinem Gürtel hing, während der andere Sebastian das Bündel abnahm. Koltak wartete, bis Sebastians Hände hinter seinem Rücken gebunden waren, bevor er sich hinkend seinem Sohn näherte.
    Der Schmerz war grauenhaft, und er vermutete, dass er die Zehen an jenem Fuß verloren hatte. Aber er humpelte noch einen Schritt nach vorne, hob die Hand …
    … und Dalton stellte sich vor ihn.
    »Nein«, sagte Dalton. »Ihr könnt keinen wehrlosen Mann niederschlagen.«
    »Ohne Beine wird er uns weniger Schwierigkeiten bereiten«, knurrte Koltak.
    Er sah das Entsetzen in Daltons Augen und erkannte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Dieser Hauptmann der Wache taugte nicht dazu, den Machthabern in der Stadt der Zauberer zu dienen. Aber das würde Koltak richten. Vorläufig brauchte er Dalton und seine Männer.
    »Ihr habt recht«, sagte Koltak. »Ich habe nicht nachgedacht. Eine Reaktion auf den Schmerz.«
    Dalton nickte, aber es war deutlich, dass der Mann nicht überzeugt war.
    »Sag mir, warum«, keuchte Sebastian.
    Dalton zögerte und trat dann zur Seite.
    Koltak starrte seinen Sohn an. Das Blut, das Sebastians Haar und Gesicht verschmierte, befriedigte ihn ein wenig, aber nicht genug. Nicht annähernd genug.
    »Ich bin dir nicht von Nutzen«, sagte Sebastian. »Warum nimmst du all diese Schwierigkeiten auf dich, um mich hierher zu bringen?«
    »Aber du bist uns von Nutzen«, sagte Koltak. »Du wirst uns den Feind ausliefern. Wir hatten keine Möglichkeit, Nadia oder Lee zu erreichen, also bist du der Einzige, zu dessen Rettung sie kommen wird.«
    »Nein.« Sebastian stöhnte. »Nein.«
    »Ja.« Koltak lächelte. »Siehst du? Ich habe dich nicht angelogen. Indem du Belladonna hierher bringst, wo wir sie vernichten können, wirst du Ephemera retten.«
     Ich weiß nicht, wie die Dinge an anderen Orten der Welt gehandhabt werden, aber hier in den Landschaften gibt es drei Arten der Rechtssprechung: das Urteil des Alltags, das Urteil der Zauberer und das Urteil des Herzens.
    Das Urteil des Alltags wird von Gesetzeshütern und Magistraten vollstreckt, die Gericht halten, um geringere Vergehen zu bestrafen und Streitigkeiten beizulegen, die an jedem Ort aufkommen, an dem sich Menschen versammeln, um dort zu leben.
    Jedes Mal, wenn Gewalt zum Einsatz kommt, wird ein Zauberer gerufen, um die Strafe festzulegen. Manchmal besteht sie in dem Blitz, den die Magier hervorrufen können. Obwohl er Höllenqualen verursacht, bedeutet er dennoch einen schnellen Tod.
    Aber manchmal erfordert die Strafe etwas weniger und doch mehr als den Tod, und der Zauberer wird die Nachricht aussenden, dass eine Landschafferin gebraucht wird, um das Urteil des Herzens zu vollstrecken.
    Nichts weckt größere Angst - und größere Hoffnung - als das Urteil des Herzens.

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