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Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Die Landschafferin schafft eine direkte Verbindung zwischen Ephemera und dem Angeklagten und diese Person wird in die dunkelste Landschaft geschickt, deren Resonanz in ihrem Herzen klingt. Dieser Strafe kann man nicht entgehen, denn in welcher Landschaft die Person auch endet, sie muss mit dem Wissen leben, dass dieser Ort widerspiegelt, was sie ist, und dass alle Not, die sie hier durchleidet, ihrem eigenen Herzen entspringt.
    Aber ebenso besteht die Hoffnung, dass eine Person  aus ihrer Vergangenheit lernen und sich stark genug verändern kann, so dass sie, eines Tages in der Lage sein wird, in eine andere, freundlichere Landschaft überzutreten.
    Obschon jene Person zumeist in irgendeinem trostlosen Ort der Welt verschwindet und nie wieder gesehen wird.
     - Des Magistrats Buch der Gerechtigkeit
     

Kapitel Zweiundzwanzig
    Lynnea schloss die Tür und lehnte sich mit der Stirn dagegen, noch nicht ganz bereit, sich dem leeren Zimmer zu stellen. Sie hatte schon viele Stunden alleine hier verbracht, aber dieses Mal war alles anders, weil Sebastian sich nicht bloß irgendwo im Pfuhl herumtrieb. Er war auf dem Weg in eine andere Landschaft - die Landschaft der  Zauberer -, und er war mit einem Mann unterwegs, der sie nervös machte, obwohl sie nur einen flüchtigen Blick auf ihn hatte erhaschen können. Irgendetwas an der Art des Zauberers hatte dafür gesorgt, dass sie froh darüber war, dass die Bullendämonen eine zweite Portion Omelette bestellt hatten und am Tisch geblieben waren, während der Mann mit Sebastian gesprochen hatte.
    Sie drehte sich um und lief auf die erleuchteten Vierecke in der gegenüberliegenden Wand zu. Mit geöffneten Vorhängen reichte das Licht der Straßenlaternen aus, um das Zimmer im Dunkeln zu durchqueren und die Öllampe auf dem Tisch neben dem Fenster anzuzünden, anstatt sich mit der Kerze auf der kleinen Kommode neben der Tür abzumühen.
    Sich selbst zu bemitleiden, weil Sebastian für ein paar Tage fort war, war dumm und selbstsüchtig. Sie hatte viel zu tun. Die Tasche, die Nadia ihr dagelassen hatte, enthielt Garn, viel weicher und feiner als die raue Wolle, die sie von Mutter immer bekommen hatte, und Stricknadeln in verschiedenen Größen. Sie wusste nicht, ob man im Pfuhl um die Wintersonnenwende herum ein bestimmtes Fest feierte, aber in den meisten Landschaften gab es irgendwelche Feierlichkeiten. Also würde sie aus dem blauen Garn einen Schal für Teaser stricken und aus dem grünen einen Schal für Sebastian. Es gab auch genug ungefärbtes Garn, um sich selbst einen Schal zu stricken - vielleicht mit blauen und grünen Bändern an den Enden. Und Teaser hatte angeboten, sie mit in eine der kleinen Musiktavernen zu nehmen, in denen Musiker einen Musikstil entwickelten, von dem er schwor, dass er unter den verweichlichten Tugendbolden der Landschaften des Tageslichts Empörung hervorrufen würde - und alle Menschen mit Feuer und Biss ganz versessen darauf machen würde, ihn zu hören. Oder sie könnten sich beide eine frustrierende Stunde lang damit vergnügen, dass er versuchte, ihr Kartenspielen beizubringen.
    Da sie beim Münzenwerfen mit Teaser darum, wer als Erster das Bad benutzen durfte, verloren hatte, konnte sie ein paar Reihen an dem Schal stricken, den sie für ihn machte, während sie darauf wartete, dass sie an der Reihe war. Für einen Mann, der sich darüber beschwerte, wie viel Zeit sie im Bad verbrachte, kümmerte er sich ausgesprochen intensiv um sein Aussehen.
    Sie lief hinüber zum Bett, um die Tasche mit Garn, die sie darunter aufbewahrte, hervorzuziehen, hielt dann aber inne. Sie schlug die Decke zurück und hob ihr Kopfkissen an. Manchmal ließ Sebastian kleine Zeichnungen unter ihrem Kissen zurück - mal von Blumen, mal Gesichter von Leuten, die im Pfuhl lebten.
    Nichts. Natürlich nicht. Der Zauberer hatte ungeduldig zum Aufbruch gedrängt. Sebastian war wohl nicht länger im Raum gewesen, als er brauchte, um ein paar Sachen einzupacken.
    Sie zog die Tasche mit dem Garn hervor, wandte sich den Polstersesseln zu, aus denen ihre Sitzgruppe bestand - und entdeckte etwas Weißes, das zwischen Kissen und Armlehne hervorragte.
    Lächelnd ließ sie die Tasche fallen und eilte zum Sessel hinüber. Vielleicht war dies eine Art Schatzsuche. Mutter hatte ihr nicht gestattet, Feste zu besuchen, bei denen sie auf den Gedanken kommen könnte, etwas wert zu sein, also hatte sie nie bei einer Schatzsuche mitgemacht, aber sie hatte gehört, wie andere Mädchen

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