Sebastian
dazu ermutigt, zu glauben, er dürfe mitspielen, nur um festzustellen, dass das Spiel daraus bestand, seine Hoffnungen zu zerschlagen?
»Sebastian?«
Zum Teil menschlich zu sein, war nicht menschlich genug. Und der Versuch, zu sein wie ein Mensch, hatte ihm noch nie etwas Gutes eingebracht. Warum konnte er es nicht aufgeben und seine menschliche Seite einfach loslassen?
»Sebastian? Ich bin fertig. Glaube ich.«
Er fuhr herum und wäre beinahe nach hinten übergefallen. »Lynnea?«
Nervös berührte sie ihr Gesicht. »So anders sehe ich doch nicht aus, oder?«
Tageslicht, Glorianna! Was hast du mit meinem kleinen Häschen angestellt? Es war Lynnea … und sie war es doch nicht. Die Sukkuben und menschlichen Huren - selbst die Frauen aus der Stadt, die in den Pfuhl kamen - trugen mehr Farbe im Gesicht, aber es war umwerfend, zu sehen, wie aus natürlicher Schönheit wahre Verführung geworden war. Und dieser Catsuit …
Mr Finch war ein böser, böser Mann, ein Kleidungsstück zu entwerfen, das sich so eng an den Körper einer Frau schmiegte.
»Sebastian?« An der Art, wie sie seinen Namen sagte, konnte er erkennen, wie unsicher sie war. Der erste Anflug weiblichen Selbstbewusstseins drohte unter dem Gewicht seines Schweigens zu zerbrechen.
Er trat näher an sie heran und umfasste ihre Taille - und gratulierte sich selbst dafür, dass er seine Hände nicht weiter nach unten wandern ließ, um herauszufinden, was sie - oder was sie nicht - unter dem Catsuit trug.
»Du siehst atemberaubend aus«, sagte er und trat noch ein wenig näher an sie heran. »Beeindruckend.« Kein Parfüm, nur der leichte Duft der Seife, die er für sie ins Badezimmer gelegt hatte. Ein Duft für ein Mädchen vom Land, nicht für diese Verführerin, die ihn mit unschuldigem Schlafzimmerblick ansah.
Zu viele sich widersprechende Sinneseindrücke und zu viel Gefühl strömte auf ihn ein. Aber eines war ihm klar. Wenn er heute Nacht alleine schlafen müsste, würde er sich zusammenrollen und sterben.
»Küss mich«, flüsterte er.
»Hier?«, fragte sie erschrocken, und ihr Blick schoss zu den Leuten hinüber, die die Straße entlangschlenderten.
»Eine Löwin würde sich nicht davor fürchten, ihren Liebhaber in der Öffentlichkeit zu küssen.«
Sie starrte ihn an. »Ihren Liebhaber?«
»Heute Nacht bin ich der Liebhaber von Lynnea der Löwin.«
»Ach herrje.«
Er war sich nicht sicher, ob dieser Ausdruck etwas Gutes oder Schlechtes bedeutete. Dann presste sie sanft ihre Lippen auf die seinen, und es spielte keine Rolle mehr, was es bedeutete.
Süß. Warm. Kein Kuss mit geschlossenen Lippen hatte ihn je so erregt, seit … Gut, in Ordnung. Noch nie hatte ihn ein Kuss mit geschlossen Lippen so erregt. Und als ihre Hände seinen Nacken umschlossen und sie ihm mit den Fingern durch die Haare fuhr, sah er nicht länger ein, warum sie nicht hier stehen bleiben sollten, bis sie entweder vor Erschöpfung oder vor Hunger zusammenbrachen.
Dann löste sie sich von ihm, sah ihn an und runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass eine Löwin so küsst, aber ich -«
Er ließ ihr keine Chance. Er beugte sich zu ihr hinunter und zeigte ihr, wie eine Löwin ihren Liebhaber küssen würde, wie ein Inkubus seine Geliebte küssen würde, wenn er wirklich seine Geliebte in ihr sah und nicht bloß seine Beute.
Das Brüllen eines Bullendämons irgendwo in ihrer Nähe drang schließlich durch den Schleier ihrer Lust. Sebastian trat zurück und ergriff ihre Hand.
»Lass uns gehen.« Solange ich noch gehen kann.
An den Straßenecken standen Musikanten, auf den Straßen Jongleure und vor den Tavernen Tische für Besucher, die dem bunten Treiben zuschauen wollten.
Langsam liefen sie die Hauptstraße entlang und sahen sich alles und jeden an. Die Stimmung im Pfuhl war ausgelassen, und obwohl es so schien, als könnte sie jeden Moment umschlagen, blieb das Geschehen meist friedlich.
So war der Pfuhl gewesen, als er ihn vor fünfzehn Jahren gefunden hatte. Dies war die Atmosphäre, die der Pfuhl in den letzten Jahren verloren hatte und stattdessen härter, grausamer geworden war. Und so hatte Sebastian begonnen, sich an dem einen Ort, an dem er gerne lebte, unwohl zu fühlen.
Atemlos und erstaunt sah er sich um.
Oh, Tageslicht. Was er da dachte, konnte unmöglich wahr sein.
Er bemerkte nicht, dass Lynnea ein Stück vorausgegangen war, bis er das Brüllen des Bullendämons vernahm, der kurz darauf aus einer Taverne stolperte und fast sein kleines
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