Sebastian
normalisierte sich sein Puls wieder. Er konnte mit Nadia reden. Wenn irgendjemand ihm helfen könnte, diese Sache zu verstehen, dann wäre sie es.
»Sebastian?«
Er stellte seine eigene Erkenntnis zurück und konzentrierte sich darauf, was er für sie geplant hatte.
»Ja«, sagte er. »Ich bin sowohl ein Zauberer als auch ein Inkubus.« Er stand auf, ging um den Tisch herum, bis er neben ihr stand und legte ihr eine Hand auf den Kopf. »Beim Willen und der Macht der Zauberer, erkläre ich dich, Lynnea, zur Löwin. Du bist stark, tapfer und mächtig. Du bist eine Frau von Schönheit und Mut. Und was auch immer du dir von dieser Nacht wünschst, wird in Erfüllung gehen.«
Sie sah zu ihm auf, ängstlich, verwirrt und … voller Hoffnung. »Hast du mich verzaubert?«
»Etwas in der Art.« Tageslicht! Er hoffte, dass er nicht mehr getan hatte, als ein paar Worte mit genügend Überzeugungskraft auszusprechen, um sie daran glauben zu lassen.
Seine Hand strich über ihre wunderschönen braunen Locken. Dann brachte er sie dazu, aufzustehen. Ihr Körper streifte den seinen, und er wollte sie mit einer Verzweiflung, die schon an Wahnsinn grenzte. Aber diese Stunden gehörten ihr, und was immer zwischen ihnen geschah, würde sie entscheiden.
»Du brauchst etwas zum Anziehen«, sagte er mit rauer Stimme.
»Aber ich habe etwas zum Anziehen«, protestierte sie und strich mit der Hand über das Kleid.
»Etwas anderes.« Er ergriff ihre Hand und führte sie zu Mr Finchs Laden.
Ein paar Schritte vor der Tür blieb sie stehen und fragte mit schüchterner Stimme: »Was ist eine Löwin?«
»Eine große, starke Katze aus einer fernen Landschaft.«
»Eine Katze.« Sie betrachtete die farbigen Straßenlaternen. »Sie würde nicht zulassen, dass jemand ihren Jungen etwas antut?«
»Nein, das würde sie nicht. Und sie ist stark und mächtig genug, um sie gegen jeden Narren zu verteidigen, der es versucht.«
Er konnte beinahe spüren, wie sich etwas in ihr verschob, wie sich ihre Ausstrahlung veränderte. Als sie ihn ansah, war das kleine Häschen immer noch da, aber da war auch etwas von einer Löwin.
Mit dem Häschen konnte er umgehen. Aber er war sich nicht sicher, ob er mit der Löwin fertig werden würde, die er zu erschaffen versuchte. Und er wünschte, er wüsste, warum die Erwähnung von jungen Kätzchen eine solch heftige Reaktion in ihr hervorrief.
Mr Finch begrüßte sie mit seinem üblichen Summen und Zirpen, unter das er bisweilen ein paar richtige Worte mischte. Jedes Mal, wenn Sebastian mit dem kleinen, nervösen Mann zu tun hatte, fragte er sich, was in Mr Finch steckte, das ihn in den Pfuhl geführt hatte.
»Die Dame braucht Jagdkleidung«, sagte Sebastian.
»Jagdkleidung?«, fragte Lynnea.
»Jagdkleidung«, erwiderte er ernst. »Eine Löwin würde nichts anderes tragen, wenn sie durch den Pfuhl streift.«
»Eine Löwin«, flüsterte Mr Finch. Das nervöse Flattern seiner Hände legte sich, und seine Augen, sonst so geistesabwesend hinter den in Gold gefassten Brillengläsern, sprühten plötzlich vor professionellem Interesse.
»Ja, ja«, sagte Mr Finch, und seine Hände fingen wieder an zu zittern, als er durch die Tür in seine Arbeitsräume verschwand. »Ich habe genau das Richtige. Ich nenne es einen Catsuit. Ich habe ihn letzten Monat entworfen, und diesen habe ich gerade fertig gesäumt. Prüde und gleichzeitig unanständig, ja, ja.«
Er kam aus den Arbeitsräumen zurück und überreichte Lynnea ein aus einem einzigen Teil gefertigtes Kleidungsstück. Prüde war es, weil es den Körper einer Frau von den Knöcheln bis über die Brüste bedeckte, und unanständig, weil es fast so eng saß wie eine zweite Haut. Der Stoff war dunkelblau und von goldenen, silbernen, smaragdgrünen und rubinroten Fäden durchzogen.
Eine Dämonin, die so etwas trug, würde in den Emotionen ertrinken, die sie den Männern um sich herum abringen könnte.
Lynnea in diesem Aufzug durch den Pfuhl streifen zu sehen, würde ihn umbringen. Er wusste es einfach.
»Was …« Lynnea räusperte sich. »Was trägt man darunter?« Sie hielt den Stoff in den Händen, als ob er jeden Moment zum Leben erwachen und sie beißen könnte.
»Haut«, zirpte Mr Finch glücklich. Er sah Sebastian nicht an, aber um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln. »Die Inkuben mögen Haut.«
»Oh, ich könnte nie -«
Sebastian berührte ihr Ohr mit dem Mund und flüsterte: »Löwin.«
Ein Sukkubus tauchte hinter einem Regal auf, ihre Augen
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