Sechs Brüder wie wir
Wandschrank in unserem Zimmer ein Körbchen ein, in einem warmen und geschützten Winkel.
Jean Vier hat ihnen aus einem Tischtennisball an einer Schnur ein Spielzeug gebastelt. Nachts können wir das Tocktocktock des Balls hören, der über den Boden hüpft, gefolgt vom Geräusch von Samtpfoten, die beim Abbremsen übers Parkett schlittern. Erstes und Zweites Programm versuchen auch immer, unter unsere Bettdecken zu schlüpfen, und knabbern an unseren Zehen. Aber sobald wir das Licht anknipsen, verschwinden sie unter den Betten – und später beginnt alles wieder von vorn.
„Ein richtiger Fernseher wäre mir ja lieber“, schimpft Jean Eins jedes Mal und vergräbt den Kopf im Kissen. „Den kann man wenigstens ausmachen, wenn man schlafen will!“
Mama kann noch so oft sagen, dass es nicht gesund ist, wenn die zwei Kätzchen bei uns im Zimmer schlafen. Sie traut sich nicht, es uns zu verbieten, weil es ja eine Idee von Opa war. Wenn sie nachmittags unter dem Walnussbaum in einem Liegestuhl ihren Kaffee trinkt, kommen Erstes und Zweites Programm immer angeschlichen und halten auf ihrem Schoß Mittagsschlaf, und Mama blättert ganz vorsichtig die Seiten ihres Buchs um, weil sie sie nicht aufwecken will.
Vielleicht sind Haustiere nicht nur für die emotionale Entwicklung von Kindern wichtig, sondern auch für die von Eltern? Das muss ich in meinem Buch unbedingt nachschlagen, wenn wir in Toulon sind.
Seit ein paar Tagen bereiteten Jean Eins und ich auch noch eine große Überraschung vor.
Die Idee dazu stammte von mir, auch wenn Jean Eins das Gegenteil behauptet.
Jeden Nachmittag schlossen wir uns in der Werkstatt von Opa Jean ein, den wir eingeweiht hatten, und bastelten heimlich daran. Die Anleitung stammte aus dem Handbuch für Jungbiber, in dem auch die Liste mit den notwendigen Materialien abgedruckt war: Leim, Angelleine mit Rolle, Holzleisten, Papier und bunte Filzstifte für die Verzierung.
Long John Silver, die Turteltaube von Opa Jean, schaute uns beim Arbeiten zu und klappte bei jedem Hammerschlag einmal kurz ihr rundes Auge zu. Ihr Bein war inzwischen geheilt, sie hinkte kein bisschen mehr und Opa Jean sagte, er könne sie nun bald wieder freilassen.
Als der große Tag gekommen war, deckte Oma Jeannette den Tisch am Ende der Wiese mit einem großen weißen Tischtuch und steckte gefaltete Papierservietten in alle Gläser.
Oma Jeannette ist eine großartige Köchin und hat sich an diesem Nachmittag selbst übertroffen. Es gab Obstkuchen mit Kirschen und Pflaumen aus dem Garten, einen großen Berg Lakritze, Erdbeeren mit Schlagsahne, hausgemachte Karamellbonbons und einen köstlichen Cocktail aus Limonade und Kirschsirup.
Jean Drei, der bekanntermaßen eine Rechtschreibschwäche hat, schrieb das Programm auf ein großes Blatt Tonpapier, das wir an den vier Ecken angekohlt hatten, damit es wie ein altes Pergament aussah:
Treffn auf der Wihse
Überaschung für die Erwaksenen
Innbiss für alle
Jean Vier und Jean Fünf hatten die Aufgabe übernommen, die Klappstühle im Halbkreis aufzustellen, wie im Theater, und die Eintrittskarten zu verkaufen.
Das mit den Eintrittskarten war eine Idee von Jean Eins: 50 Centimes für jeden Sitzplatz mit einer Ermäßigung für Papa und Mama, aber nur wenn sie ihren Ausweis für kinderreiche Familien vorweisen konnten.
„Nur mit Ausweis?“, empörte sich Papa, der ihn natürlich vergessen hatte. „Aber du kennst mich doch! Ich bin euer Vater!“
„So sind die Bestimmungen“, sagte Jean Vier. „Ohne Ausweis für kinderreiche Familien keine Ermäßigung!“
Papa konnte wie bei Monopoly so viel schimpfen, wie er wollte, er musste für sich und Mama den vollen Preis bezahlen und außerdem auch für Jean Fünf und Jean Sechs, die noch kein Taschengeld haben, weil sie dafür zu klein sind.
Als alle Platz genommen hatten, führten Jean Eins und ich unsere große Überraschung vor.
Es war ein riesiger Papierdrache, ungefähr so groß wie Jean Vier, mit aufgemalten Luken, wie bei einem richtigen Raumschiff. Jean Eins hatte auf jeder Seite noch kleinere Flügel angebracht, die Sonnensegeln ähnelten, und an der hinteren Spitze einen langen Schwanz befestigt, an dem eine in Alufolie gewickelte Camembertschachtel befestigt war.
„Großartig!“ Mama applaudierte. „Aber wozu dient die kleine Schachtel?“
Das war meine Idee gewesen. Sie war mir gekommen, als ich mich daran erinnert habe, wie Neil Armstrong seine Flagge auf dem Mond aufgesteckt hatte.
Am Ende
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