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Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Titel: Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann
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aus Mineralien. Greifen Sie zu, gegen Akne, trockene Haut, Haarverlust und Schuppenflechte.«
    Einmal begleitete Robert Hirsch auf einem Flug zu den Geschäftspartnern in Tel Aviv. Aber Hirsch machte ihm schnell klar, dass er lieber allein mit den Mandelbaums – so hießen sie – verhandeln wollte. Robert war es recht. Während Hirsch um Prozente feilschte, setzte er sich an den Strand zu den schönen Frauen, so wie er es schon während seines Zivildienstes gemacht hatte. Auf diese Weise waren beide zufrieden.
    Nach einem Jahr mietete Hirsch eine größere Garage an. Er kündigte den Vertrag mit den Mandelbaums und verkündete Robert, ihr neuer Geschäftspartner sei jetzt Herr Said Bisharat aus Amman. »In Jordanien haben’s das gleiche Glumpert, aber um die Hälfte!«, erklärte er Robert, der traurig war, dass die schönen Israelinnen für ihn nun wieder weniger greifbar waren.
    Als ich Robert kennenlernte, stand diese Expansion allerdings erst noch bevor, sonst hätte der Fiat vielleicht schon eine richtige Bremse gehabt. Als er mir später aus Jordanien drei Postkarten schrieb, war auf allen dreien König Hussein zu sehen, mit einem roten Palästinensertuch auf dem Kopf. Die drei Husseins klebten fortan an meinem Kühlschrank, sogar heute noch, neben dem Foto einer Kärntner Gebirgsschrecke.
    Dear Dirk,
    I am right now in Jordania, a dead sea surrounded by a stone desert. It reminds me a little bit to the situation of your sex life. It is Ramadan. But I hold my glass of Ziegenwein in the Höhe and all the Arabs do the same. God will understand, they say. Allah is big and today is my birthday. A good reason to empty the glass.
    Hier endete die erste Karte. Die zweite trug einen Poststempel vom gleichen Tag und begann so:
    I was standing on the top of Mount Nebo, like Moses, when he saw the gelobte Land. I was looking and looking, but I couldn’t see Austria. I went down to the place, where Johannes baptized the little Hosenscheißer baby Jesus. I took some water and blessed myself. I write in English, because the drunk Arabs want to read what I write. I am afraid they all will come into the Moslem hell. But for a good purpose. It’s my birthday, Hamdudillah.
    Auf der dritten Karte, ebenfalls vom selben Tag, stand:
    Here it is today 43 Grad in the shadow, but there is no shadow. I move very slowly. Schnecken and tote Käfer überholen me. Some miles away stands Lots wife. Beside the road on a hill. Because she looked back, when they had to leave, she erstarrte to a Salzsäule. I have birthday, I don’t look back. I am looking forward. I freu mi, when we see us again and please, give my beautiful Toni a kiss. Greetings auch from Hirsch.
    Der jordanische Schlamm wurde zur Goldgrube. Robert kaufte sich ein Auto mit Bremse und eine kleine Wohnung in der Wiedner Hauptstraße. Hirsch gründete 1998 die Firma »Money Magnetism« und zog nach London. Toni nahm er mit.
    »Wien ist gut, um hier geboren zu werden, und ein guter Platz zum Sterben. Aber was macht man dazwischen?«, sagte sie.
    »Und Robert?«
    Sie lächelte traurig.

»Gleich halb vier«, rief ich der Wie-spät-
    ist-es-Frau zu, die wie immer auf dem Fensterbrett im ersten Stock lehnte, im Nachthemd, das Haar wild zerzaust. Sie fragte jeden Passanten nach der Uhrzeit. Seit zehn Jahren wohnte ich inzwischen in der Kettenbrückengasse und hatte in dieser Zeit ungefähr tausend verschiedene Uhrzeiten vernommen. Wenn ich das Haustor aufsperrte, wenn ich mein Auto aufschloss, wenn ich einparkte, wenn ich ausparkte, wenn ich mich vor’m Haus unterhielt, wenn ich einkaufen ging und vom Einkaufen zurückkehrte – immer lehnte sie sich aus dem offenen Fenster und fragte: »Wie spät ist es?« Weil ich höflich war und immer noch Gast in diesem Land, antwortete ich ihr seit zehn Jahren jedes Mal, wenn sie mich fragte, auch wenn ich wusste, dass sie wenige Sekunden nachdem ich ihr die Uhrzeit gesagt hatte, den Nächsten fragen würde, der unter ihr die Straße entlangkam.
    Wenn ich undeutlich redete, zu beiläufig, genervt oder zu leise, setzte sie sofort mit einem schrillen »Wie bitte?« nach. Daher bemühte ich mich bald, stets laut und klar mit ihr zu sprechen.
    »Gleich halb vier«, sagte ich und suchte nach meinem Hausschlüssel.
    »Wie spät ist es?«, rief sie einem serbischen Maler zu, der in seiner vollgekleckerten Arbeitskleidung nach mir unter ihrem Fenster vorbeiging.
    »Nix Uhr, Frau«, schrie er in einer Presslufthammer- Lautstärke, wie er es

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