Sechs Richtige (German Edition)
zusammengehalten, jedenfalls was die Jugendlichen betraf. Vielleicht hatte das etwas damit zu tun, dass man auf sehr engem Raum miteinander leben musste, und das war mitunter nicht ganz so einfach. Klar gab es hin und wieder Zoff, aber dann schrie man sich eben mal an, und danach war wieder alles gut, und man ging zusammen zur Feuerwehr, ins Schwimmbad, zur Düne oder zum Segeln. Hier machte Jan wirklich Fortschritte, und er und Fridtjof wurden mit der Zeit richtig enge Freunde – und Vanessa und Antonia waren mit ihren Mädels unterwegs. Lena, Frauke, Charlotte, Jasmin und Lara. Jan suchte nach einem Wort, das diesen Charakterzug der jungen Menschen hier auf der Insel beschreiben konnte. Nach einer Wende fiel es ihm ein: gerade. Sie waren gerade. Alle hier. Jan wusste nicht, warum, aber er war sich sicher, dass er sich auf jeden Einzelnen, mit dem er es zu tun hatte, verlassen konnte. Das war ein verdammt gutes Gefühl.
«So ganz langsam fallen mir viele Dinge auf.» Antonia saß mit Vanessa, Lena, Frauke, Jasmin und Lara im Sand vor dem Dünenrestaurant, und gemeinsam löffelten sie aus einer Schüssel Obstsalat.
«Mir auch», sagte Vanessa.
«Was denn?», fragten die anderen.
«Sophia sieht wirklich super aus. Ich hab euch ja Bilder gezeigt», fing Antonia an.
«So toll sieht sie jetzt auch nicht aus. Ich finde dich hübscher», sagte Jasmin.
«Ich kann den Namen langsam nicht mehr hören», sagte Vanessa grimmig. Sie hatte sich nun endgültig dazu entschlossen, ihre Haare gar nicht mehr zu färben, und aus welchen Gründen auch immer waren sie nun viel kräftiger als früher. Toll sahen sie aus. Das fand auch Fridtjof. Aber darum ging es jetzt nicht.
«Jedenfalls hat sie immer gesagt, ich bräuchte doch gar nicht so schlagfertig zu sein wie sie, im Gegenteil, es wäre doch toll, wenn eine von uns so und die andere so sei. Und sie hat auch immer gesagt, ich bräuchte keine tollen Klamotten, ich würde auch so gut aussehen. Und weißt du noch, Vanessa, der eine Abend, an dem wir auf der Geburtstagsparty eingeladen waren, und ich kam als Einzige in zerschraddelten Jeans und total ungeschminkt?»
«Klar weiß ich das noch», nickte die Schwester. «Das war dir total peinlich.»
«Sophia hatte gesagt, ich soll mich bloß nicht aufbrezeln, die Jungs würden eher auf natürliche Mädchen stehen. Ha. Ha. Ha. Und wie hat sie selbst ausgesehen? Als wär sie direkt aus der
Vogue
auf die Fete gekommen.»
«I know», sagte Vanessa und nahm ein Stück Apfel aus der Schüssel. «Jetzt wissen wir, warum. Sie wollte nicht, dass du besser aussiehst als sie. Und weißt du noch, wie sie immer über Marko gelästert hat? Was für ein arroganter Typ er sei und dass nur Kohle für ihn zählen würde?»
«Was ja auch stimmt», sagte Antonia und grinste verzweifelt. Das alles war ganz schön bitter. Ihr war auch gerade eingefallen, wie Sophia sich verhalten hatte, als feststand, dass sie, Antonia, auf die Insel würde ziehen müssen.
Vanessa sah sie traurig an. «Es tut ganz schön weh, und ich finde es nicht gut, dass du über ihn herziehst.»
«Ich hab ja nichts gesagt», sagte Antonia. «Ich mag ihn halt nicht.»
«Warum hast du mir das nie gesteckt?»
«Weil du es doch sowieso nicht geglaubt hättest. Du warst ja so verknallt, du hast noch nicht mal gemerkt, dass der dich im Prinzip nur aus Langeweile gedatet hat.»
«Quatsch», fuhr Vanessa sie an.
«Nach allem, was ihr so über Marko und Sophia erzählt habt», mischte Frauke sich ein, «muss ich ganz ehrlich sagen, dass wohl beide nicht zu der Sorte Mensch gehören, die ich gern in meinem Freundeskreis hätte.»
«Nee», sagten Jasmin und Lara synchron, und Lena nickte.
«Könnt ihr die beiden nicht einfach vergessen?», schlug Lara dann vor. «Schnipp und weg.»
«Wenn das so einfach wäre.» Antonia zuckte ratlos mit den Schultern. «Es ist halt alles ganz grausam. Ich hätte das niemals gedacht.
Nie
für möglich gehalten.»
«Gegen Verknalltsein kann man nichts machen.» Lena seufzte. «Das passiert.»
«Meine Güte, du redest schon wie Mia. Wie so eine alte Frau», regte Vanessa sich auf. «Natürlich kann man dagegen nichts machen. Aber musste es so ablaufen?»
«Am schlimmsten finde ich, dass sie jetzt überall rumerzählen, dass wir scheiße zu ihnen gewesen sind und sie quasi aus Verzweiflung über uns zusammengekommen sind.» Antonia stand auf. «Das muss man sich mal vorstellen. Die haben noch nicht mal den Mumm gehabt, die Wahrheit zu
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