Sechs Richtige (German Edition)
von selbst kommen.»
Vanessa sah sie an. «Manchmal gehst du mir mit deinem Gelaber ganz schön auf den Keks», sagte sie verbittert. «Du könntest ganze Kirchen mit Menschen füllen. Die würden dich mehr bejubeln als den Papst. Eure Rachezeit wird kommen, also echt.»
«Ich meine das ganz ernst. Wir werden ganz subtil vorgehen.»
«Subtil vorgehen. Das ist nicht so mein Ding. Ich möchte Blut sehen.»
«Und ausgerissene Haare», ergänzte Antonia ihren Satz.
«Wie stillos», sagte Mia und grinste. «Wartet doch einfach mal ab. Ich bin mir sicher, dass sich das Problem irgendwann von alleine lösen wird. Und jetzt hört auf, über diese Vollhonks nachzudenken. Wir haben saugeiles Wetter, die Nordsee und Sommer. Also? Düne?»
«Düne!», riefen alle einstimmig.
«Sehr gut. In Frankfurt ist es übrigens total schwül. Fast vierzig Grad.» Mia grinste. «Nachher poste ich mal ein paar Fotos von uns am Meer. Mit Eis in der Hand.»
«Und einer Pistole», sagte Vanessa. «Damit die beiden Verräter schon jetzt wissen, was irgendwann auf sie zukommt.»
Der Sommer ging zu Ende, die Schule hatte begonnen und die gesamte Familie Prönkel hatte mittlerweile kapiert, dass es Schlimmeres gab, als für ein Jahr auf einer Insel festzusitzen. Erstens war sie bewohnt, und zweitens gab es genug zu essen. Sie mussten sich also nicht wie Tom Hanks in
Cast away
nur von Fisch und Kokosnussfleisch ernähren. Das Wetter war durchgängig schön geblieben, Opa Wilfried war abgereist und konnte sich zum Glück nicht mehr daran erinnern, ob Störtebeker nun den Schatz hier auf der Insel versteckt hatte oder nicht, dafür hatte er kriegsmäßig immer noch einen Knacks weg und wollte nur noch Kohlsuppe essen.
Lilly und Bonnie waren immer noch fest davon überzeugt, dass es hier auf der Insel einen Schatz geben musste, und verbrachten unglaublich viel Zeit mit der Suche und fanden auch was, und zwar haufenweise Plastikmüll, Vogelfedern und Verpackungspapier von Eis und Schokoriegeln. Den holländischen Gulden hatte der Opa ihnen geschenkt und ihn auch gleich darauf schon wieder vergessen.
An die Touristen hatte man sich mittlerweile auch gewöhnt, sie kamen und gingen, und niemand schenkte ihnen Beachtung. Nur Jan und Fridtjof hatten einmal Streit mit einer Gruppe, die so tat, als gehöre ihnen die Insel, und sich dann auch noch weigerte, im Restaurant
Möwenblick
von Jasmins Vater die Rechnung zu bezahlen, weil der Fisch angeblich mit Zucker gesalzen worden war, was aber alle erst gemerkt hatten, nachdem sie alles aufgegessen hatten.
Jasmins Vater, der sowieso schon Herzprobleme hatte, regte sich entsetzlich auf, und Jan und Fridtjof, die wussten, dass die Reisegruppe, die aus zwölf meckernden und mit nichts zufriedenen Paaren bestand, abends gern in einem bestimmten Lokal tanzte, machten sich, mit saurer Milch bewaffnet, an die Belüftungsanlage auf dem Dach und fütterten die Ventilatoren mit der Milch, sodass saurer Regen auf die Paare niederprasselte – was ihnen selbstverständlich recht geschah.
Und Fridtjof konnte mittlerweile schwimmen, was ihn aber nicht davon abhielt, weiter zu 90 Prozent des Tages über Wasser zu sprechen. Er verbrachte viel Zeit mit Vanessa und hatte sie auch einmal zum Segeln mitgenommen, aber das war nicht so Vanessas Ding. Dafür fand sie es schön, zu ankern und einfach so auf dem Boot zu sitzen und in den Himmel zu schauen. Fridtjof hätte Vanessa den ganzen Tag nur ansehen können. Er war so dermaßen verknallt, dass es nicht in Worte zu fassen war. Aber er traute sich nicht, ihr das zu sagen, sondern hielt sich zurück. Immerhin war da noch Marko. Dieser Marko, den er hasste und den er am liebsten in der Nordsee versenken würde, weil er Vanessa so unglücklich machte.
Vanessa und Antonia hatten Mias Rat zu großen Teilen befolgt. Sie hatten zwar noch ein paarmal versucht, Sophia und Marko zu erreichen, aber nur um ihnen zu sagen, dass sie die größten Idioten und Charakterschweine seien, die auf der Welt herumliefen, aber es war nie jemand ans Handy gegangen, und auf Mails, Nachrichten auf die Mailbox oder SMS wurde natürlich nicht geantwortet.
«Merkt es euch einfach», hatte Mia vor ihrer Abreise gesagt. «Nicht jeder Freund ist ein Freund, das sieht man ja schon an Facebook.» Und sie hatte recht.
Dafür schien es auf Helgoland richtige Freunde zu geben, jedenfalls hatten die Schwestern den Eindruck. Hier war niemand falsch oder haute jemanden in die Pfanne, nein, hier wurde
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