Sechs Richtige (German Edition)
Antonia und die anderen Mädchen regten sich so über die ganzen Frankfurter auf, die ständig anriefen und vorbeikommen wollten, dass sie fast schon Kopfschmerzen bekamen.
«Es sind ja nicht alle so», sagte Antonia. «Echt nicht. Es ist gemein, dass wir so tun, als sei die ganze Schule fies und berechnend. Es haben auch andere angerufen und einfach nur freundlich gefragt, Kathi zum Beispiel und Johanna.»
«Ja, das stimmt schon», musste Vanessa zugeben. «Ich steigere mich auch rein.» Sie senkte die Stimme. «Nur Sophia geht mir auf den Keks.»
«Mir auch. Dieses Geflenne heute! Aber jetzt hör auf damit. Nicht dass sie noch was merkt.»
«Die ist so ätzend», sagte Frauke. «Sooo scheißätzend. So scheinheilig. Mir persönlich hat sie ja gar nichts getan, aber nach dem, was ihr mir über sie erzählt habt, finde ich sie zum Kübeln. Falsche Schlange. Und das heute war echt die Krönung. Wie kann man denn so blöd sein und sich keine Nummern merken können?»
«Also ganz ehrlich», sagte Lara. «Sie macht doch nicht wirklich was Schlimmes. Ich finde eher, dass sie momentan sehr zurückhaltend ist. Kann es sein, dass ihr übertreibt? Ich finde, sie sieht ziemlich unglücklich aus. Vielleicht sollten wir sie einfach mal fragen, ob sie sich zu uns setzen will.»
«Du spinnst wohl. Bist du jetzt eine Verräterin?», wurde sie von Antonia angefahren.
Sie schauten zu Sophia rüber, die dasaß und auf ihr Smartphone starrte. Sie wirkte verloren und traurig.
«Irgendwie tut sie mir leid», sagte Leilani. «Schaut doch mal, wie sie dasitzt. Als wäre jemand gestorben.»
«Vielleicht ist ja jemand gestorben.» Sinditt stand auf. «Ich frag sie mal.»
«Da ist niemand gestorben, das ist eine blöde Masche», war Antonia sicher, und in diesem Moment stand Sophia auf und kam zu ihnen rüber.
«Hi», sagte sie so leise, dass man sie kaum verstehen konnte. «Kann ich mich zu euch setzen?»
«Ja klar, da musst du auch gar nicht fragten.» Sinditt rutschte zur Seite, und Sophia setzte sich neben sie.
«Antonia», sagte sie dann. «Kann ich dich mal kurz sprechen. Nachher. Allein. Oder jetzt. Oder …» Sie brach ab und sah so aus, als müsste sie die Tränen zurückhalten.
«Worüber willst du denn mit mir sprechen?», fragte Antonia wütend. «Darüber, dass alles nicht so schlimm ist, was du gemacht hast?»
«Nein, darüber nicht. Es ist einiges passiert, und ich …»
«Und du hast Angst, dass du womöglich durch deine eigene Leistung nicht gewinnen kannst, und heulst deswegen die ganze Zeit rum und willst Mitleid.»
«Nein, wirklich nicht. Es ist was anderes.»
Antonia stand auf. «Das interessiert mich nicht.»
Sophia hatte schon wieder Tränen in den Augen und stand ebenfalls auf.
«Ja, heul doch», sagte Antonia verächtlich. «Das wenigstens kannst du, du Freundin.»
Jetzt stampfte Sophia mit dem Fuß auf. «Hör doch mal auf, lass mich doch mal was sagen, was erklären! Du bist ja so was von verbohrt!!!»
«Ja!», brüllte Antonia. «Komisch, was? Du hast meiner Schwester den Freund ausgespannt, du hast uns in Frankfurt schlechtgemacht, und wir konnten uns nicht wehren, weil wir hier festsaßen, und ich soll so tun, als sei nie was gewesen? Hast du sie eigentlich noch alle an der Waffel? Spinnst du, oder was?»
«Du willst, dass ich schlecht bin!», schrie Sophia, und die anderen wichen auf dem Rasen zurück. Die beiden standen voreinander wie zwei keifende Weiber im Mittelalter. Es fehlten nur noch die Schandgeigen oder faules Obst, mit dem sie sich bewarfen.
«Nein, Sophia! Du BIST schlecht!»
«Warum wolltest du dann, dass ich herkomme??? WARUM ?»
Antonia holte tief Luft und zählte langsam bis drei. «Da hab ich wohl nicht nachgedacht», sagte sie. «Das war ein Fehler. Aber du kannst ja gehen. Du kannst zu Fiffi gehen und ihr sagen, dass du aufhören willst. Kein Thema. Und dann kannst du morgen die erste Fähre nehmen und bist weg. Ja?»
«Nein, ich will erst was mit dir …»
«Und jetzt lass mich in Ruhe!» Antonia raste ins Haus und knallte die Tür.
Sophia stand mit hängenden Armen da.
«Ich …»
«Manchmal ist es besser zu schweigen», empfahl ihr Vanessa, und Sophia drehte sich um und ging.
«Wie theatralisch», sagte Vita.
«Ich finde echt, ihr übertreibt, ihr hättet sie doch wenigstens mal zu Wort kommen lassen können.» Sinditt schüttelte den Kopf. «Ihr gebt ihr keine Chance.»
«Warum auch? Sie hat sich so scheiße verhalten, die verdient doch gar keine
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