Sechs Richtige (German Edition)
nicht verstehe, dass man mit dem zusammen sein kann.»
«Ach, Marko ist mir wurscht. Aber meiner Schwester geht es natürlich genau so wie mir. Wir wollen alle nicht weg.»
«Sei froh, dass du momentan nicht verliebt bist», sagte Sophia weise. «Es würde dir das Herz brechen. Die arme Vanessa. Sie tut mir echt leid.»
«Ja, es ist blöd. Es ist eben alles blöd. Ich werde dich so vermissen.»
«Ich besuche dich bestimmt», sagte Sophia. «So bald wie möglich. Vielleicht sogar noch in den Ferien. Mal schauen, wie es klappt.» Sie seufzte. «Helgoland. Da ist ab sechs Uhr abends nichts mehr los. Du kannst einem echt leidtun. Und wie leid du einem tun kannst.»
Zur gleichen Zeit saß Marko mit Vanessa im Garten der Prönkels und zerquetschte eine PET -Cola-Flasche, um sie dann wieder loszulassen, weil es dann laut knackte.
Vanessa hatte den Kopf – heute waren ihre Haare fast normal, sie hatte sie in einem Mahagoniton gefärbt – in beide Hände gestützt und beobachtete einen Junikäfer, der versuchte, einen Grashalm hochzuklettern.
«Das mit dem Internat wäre so geil gewesen», sagte Marko sauer. Er war völlig begeistert gewesen, nachdem Vanessa ihm von ihrer Idee erzählt hatte. Das Internat, das sich im hessischen Marburg befand, war nur einen Steinwurf von Frankfurt entfernt. Marko hätte sie an jedem Wochenende besuchen können oder sie ihn. Marko, der schon eine eigene Wohnung hatte, hatte Vanessa in den schillerndsten Farben ausgemalt, was sie alles unternehmen würden und was sie alles … machen könnten. Vanessa war ganz anders geworden, und eine heiße Liebeswelle war durch sie gekrochen. Ach, sie liebte Marko so sehr. Sie würden in seiner Wohnung leben wie ein Paar, ach was, sie waren ja eins. Sie würde morgens Brötchen holen und abends mit ihm ins Kino gehen. Es wäre so herrlich gewesen. Aber natürlich mussten die Eltern ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Wie so oft. Sie hatten Vanessa ja noch nicht mal mit ihrer Schwester nach Indien reisen lassen. Vor einem Jahr war das gewesen. Antonia hatte auf einer Party eine Austauschschülerin kennengelernt, die jemanden kannte, der jemanden kannte, der in einer Stadt mit einem unaussprechlichen Namen wohnte, aber der Austauschschülerin gesagt hatte, sie könne ihn dort jederzeit besuchen. Sie hatte das auch vor und suchte Begleitung, und Antonia sowie Vanessa waren Feuer und Flamme gewesen. Hanno und Astrid leider nicht. Natürlich konnten Antonia und Vanessa absolut nicht verstehen, warum die Eltern etwas dagegen hatten, dass ihre Töchter sich Rucksäcke schnappten und die gesamten Sommerferien bei einem Unbekannten verbringen wollten, den sie noch nicht mal persönlich kannten. Außerdem war die Austauschschülerin dann auch wieder weg gewesen, und zwar zu Hause. Sie schrieb Antonia irgendwann mal über Facebook, dass sie auch nicht in Indien war. Und der Bekannte, der in dem Ort mit dem unaussprechlichen Namen wohnte, saß mittlerweile wohl wegen irgendwas im Gefängnis, das mit illegalen Substanzen zu tun hatte. Das sagte man den Eltern besser nicht. Es war schon schlimm genug, dass Hanno und Astrid mal wieder richtig gehandelt hatten.
«Aber du kommst mich doch besuchen?», fragte Vanessa und versuchte, ihren Panikanfall zu unterdrücken. Marko war manchmal wechselhaft und launisch, und wenn er keine Lust hatte, tauchte er einfach zu Verabredungen entweder gar nicht oder viel zu spät auf. Nicht nur einmal hatte Vanessa an der U-Bahn-Haltestelle gestanden und gewartet und sich dabei die Beine fast abgefroren, weil Marko sie von dort mit dem Auto abholen wollte. Natürlich war sie dann immer sauer, aber sie sagte nie etwas, weil Marko andererseits der tollste Typ überhaupt war. Wenn sie in Wiesbaden in den angesagten Clubs waren und er für sie beide Drinks orderte – alkoholfreie natürlich, weil er mit dem Auto unterwegs war –, sahen ihm alle anwesenden Frauen nach. Marko sah aber auch einfach klasse aus. Er war gut einen Kopf größer als Vanessa, also so einsfünfundachtzig, er hatte dunkelbraune Haare und noch dunklere Augen, und weil er täglich Sport trieb, war er so durchtrainiert und muskulös, dass jeder andere Typ neidisch wurde. Jedenfalls die Typen, die nicht so aussahen. Marko hatte jede Menge Kohle und dementsprechend sauteure Klamotten an. Er wusste, dass er gut aussah, und er wusste auch, welche Wirkung er auf Frauen hatte. Vanessa war oft eifersüchtig, aber sie hütete sich, etwas zu sagen.
«Sicher
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