Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
zu. »Und glaub mir, Jule, zwischen zwei Männern zu stehen kann genauso fatal ausgehen wie zwischen zwei Frauen.« Diese Erkenntnis führte er nicht weiter aus. Stattdessen machte er zwei Kakaotassen startklar.
Mein Handy piepste, und ich sah den heiß ersehnten grünen Knödel oben auf dem Display. Das Zeichen, dass eine Nachricht eingegangen war. Hastig tippte ich auf »Anzeigen« und stellte enttäuscht fest, dass die Nachricht von Ulf war.
»Hast du etwas Zeit für mich?« Das fand ich ganz reizend. Den Zusatz »Du und dein Auto« hätte er sich aber sparen können.
Was, wenn alle recht hatten und ich blind vor Liebe meinen Menschenverstand ausgeknipst hatte? Fakt war, dass ich vor ein paar Tagen noch ausgeflippt wäre vor Freude über eine Nachricht von Ulf und nun die eines anderen herbeisehnte.
Ich beschloss, Ulf nicht zu antworten. Sollte er doch auch einmal die Leiden des Wartens über sich ergehen lassen. Er würde in der Zeit seine Freunde treffen, zwei Bier trinken oder ins Kino gehen. Und nicht ein einziges Mal auf das Handy starren.
Eigentlich hätte ich mich am liebsten vorm Fernseher vergraben, aber heute Abend war Zumbatime. Den Kurs würde ich nicht ausfallen lassen, selbst wenn ich dort auf Verena treffen sollte. Carl hatte mir die Anweisung gegeben, mein Leben zu ordnen, und genau das würde ich tun.
Ganz oben auf meiner Liste stand, den Streit mit meiner besten Freundin zu klären.
Als ich in den Zumbasaal kam, startete die Stunde gerade. Verena hatte sich in der hinteren rechten Ecke ein Plätzchen gesucht und versuchte so krampfhaft, mich nicht zu beachten, dass sie ein paarmal bei den einfachsten Schritten durcheinanderkam. Meine grazile Verena mit dem Feuer im Blut, hatte ich Rafaels Lobeshymne noch im Ohr.
Ich musste lächeln, als ich ihre hilflosen Versuche sah, den schnellen Bewegungen zu folgen, ohne dabei in Lachen auszubrechen, wie wir es sonst immer zusammen taten. Ich hatte mich in ihrer Nähe platziert, bekam aber keinen Blickkontakt zustande.
Verena schaffte es tatsächlich, die gesamten fünfundvierzig Minuten stur nach vorne zu starren. Auch eine Leistung. Nach dem Unterricht verfolgte ich sie in die Umkleide, in die Dusche und in die Bar. Sie saß dort mit unserer Gruppe, mit der wir immer noch ein Gläschen tranken, die, die gerne mal in mein Mikro sprachen und sich Yachten, Babysitter oder Reisen in die Karibik wünschten.
»Komm doch zu uns!«, forderte mich Andrea auf. Sie musste von unserem Streit gehört haben und hatte offenbar keine Lust auf diese Albernheiten an ihrem Feierabend. Wir plauderten ein wenig, nur Verena ignorierte mich.
»Hast du jetzt ein Bett?«, fragte ich. Es war ein plumper Versuch, mit ihr ein Gespräch anzufangen, offenbar hatte ich sie damit komplett auf dem falschen Fuß erwischt.
»Nein, woher denn?«, zischte sie mich an. Immerhin war es das Erste, was Verena an diesem Abend zu mir sagte.
» Chica , wollen wir noch zusammen etwas essen gehen?« Rafael war lautlos an unseren Tisch gehuscht und hatte sich neben Verena gequetscht.
Bisher hatten wir dieses grauenhafte Szenario immer abwenden können, als wir noch ein funktionierendes Team waren. Bitte schön, sollte sie doch alleine versuchen, Rafael abzuschütteln.
»Gerne, wo wollen wir hin?«, fragte Verena zu meiner grenzenlosen Überraschung. Sie ließ sich von der Bank gleiten und von Rafael alias Stirnband-Ralf nach draußen geleiten. Auch die anderen bliesen zum Aufbruch.
Betroffen schnappte ich mir meine Sporttasche und taperte hinter den anderen zum Parkplatz. Tatsächlich schickte Verena sich an, in Rafaels Auto zu steigen. Ich öffnete meinen Leihwagen und sah, wie Verena die Züge entglitten.
»Ach nee!«, platzte es laut aus ihr heraus, sie fing sich aber schnell wieder. Ihr Blick sprach Bände: »Mir keine zwanzig Euro leihen, aber selber in so einer Nobelkutsche rumfahren!«
Rafael gab Gas und war weg. Ich blieb zurück mit der Gewissheit, alles nur noch viel schlimmer gemacht zu haben. Die einzig gute Nachricht des Abends war, dass Verena mit Rafael heute Nacht zumindest nicht in dem Rattanbett liegen würde, in dem ich schon einmal gelandet war.
Mit Geld kann man sich viele Freunde kaufen,
aber nur selten ist einer seinen Preis wert.
Josephine Baker
Ich griff beim erstbesten Trostangebot zu, das ich kriegen konnte.
Ulf wartete nach meinem Zumbakurs vor der Tür und schaute sehr verständnisvoll, als ich aus dem Mercedes stieg. Meine vielen Wunden schmerzten so
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