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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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sehr, dass es egal war, wer mir sein Trostpflaster aufklebte. Sollte Ulf es doch auf mein vieles Geld abgesehen haben. Na, wenn schon! Die anderen waren doch nur neidisch, weil sie überhaupt niemanden abbekamen (Carl) oder sich seit Jahren mit demselben Einheitsbrei zufriedengeben mussten (Melanie).
    »Findest du mich geheimnisvoll?«, fragte ich Ulf anstelle einer Begrüßung.
    »Klar!«, antwortete er. Wahlweise hätte er mich sicherlich auch sexy, mysteriös oder verrucht gefunden, Hauptsache, er müsste nicht mehr so lange im Freien vor der Tür warten.
    Morgen würde ich ihn abgeben müssen!, schoss mir noch durch den Kopf. Nur den Wagen oder auch Ulf?
    Die Prozedur am nächsten Morgen kam mir wie ein Déjà-vu vor. Ulf, der Langschläfer, lag noch im Bett. Leise stand ich auf, zog mich an, ging nach unten, sammelte Milch und Brötchen ein und schaute kurz bei Carl vorbei.
    »Hast du die Bestellungen noch alle fertig gebracht?«, fragte ich kleinlaut. Mir war es immer noch unangenehm, dass ich ihn gestern so angefahren hatte.
    »Ja, klar. Keine große Sache. Vergiss es, Jule. Und hast du viel vor?«
    Ich versteckte die große Brötchentüte hinter meinem Rücken. Carl musste ja nicht unbedingt mitbekommen, dass ich mit dem Mann die Nacht verbracht hatte, von dem er mir gerade noch abgeraten hatte.
    »Mein Chef will unbedingt, dass ich herausbekomme, wer der heimliche Samariter ist. Er meint, die ganze Stadt spricht drüber. Über die Glückskleeaufkleber. Ich habe aber wirklich keine Ahnung, habe mir die ganze Nacht den Kopf drüber zerbrochen.«
    »So, so. Die ganze Nacht. Konntest wahrscheinlich gar nicht schlafen, du Arme.« Carl nickte mitfühlend. Ich meinte, ein kleines Grinsen um seine Lippen spielen zu sehen.
    Machte er sich über mich und mein schwaches Fleisch lustig? Ich beschloss, die Milch diesmal nicht hier anzubrechen, und stopfte sie unauffällig in meine Jacke. Wieso mischte Carl sich immerzu in meine Privatangelegenheiten ein? Vielleicht, weil ich ihn ständig damit behelligte? Ich starrte grübelnd an die Decke.
    »Wer könnte es denn sein, dieser anonyme Geldspender? Meine Kunden reden übrigens auch drüber«, holte mich Carl zurück zu den wichtigeren Themen des Tages.
    »Wirklich?« Mir kam alles so irreal vor, bestimmt, weil ich selbst ganz tief drinsteckte.
    Carl zählte auf: »Kindergarten, Babysitter und Kaschis Imbissbude, stimmt’s?« Ich nickte bei der Aufzählung. Wenn ich keinen Namen und Exklusiv-Interview würde liefern können, könnte ich mir den Radiopreis abschminken.
    Während ich so im Trüben fischte, beobachtete ich meinen Ersatzvater beim Teedosen-Zurechtschieben und sah auf einmal Carl, besser gesagt klar. Könnte es sein, dass er …? Ich musste arg schlucken, um meiner Stimme einigermaßen Verve zu verleihen.
    »Sag mal, ich hab dir doch immer von allem vorher erzählt, oder?« Carl stellte eine Dose mit grünem Tee an ihren Platz neben dem schwarzen Tee und einem Beutel mit Pfefferminz.
    »Ja, stimmt, wieso meinst du?« Er klang beiläufig.
    »Ich frage mich nur, weil du der Einzige bist, der immer vorher Bescheid wusste. Könnte es sein, dass du der edle Spender bist?« Jetzt, da die Frage heraus war, kam sie mir gar nicht mehr so absurd vor.
    Mir war schon klar, dass die Wahrscheinlichkeit, im Lotto zu gewinnen, kleiner war als eine halbe Ameise. Und, na klar, hatte sein Freund Kaschi schon einmal im Lotto gewonnen, aber war es deshalb unmöglich? Ich dachte an die Familie mit der schwangeren Frau, die dreimal den Jackpot geknackt hatte. Leider dachte ich nun auch wieder an denjenigen, der mir diese Geschichte erzählt hatte, und kam kurz vom Kurs ab. Nein, immer noch keine verdammte WhatsApp.
    Das Schicksal spielte einem manches Mal die wildesten Streiche. Carl war der typische Robin-Hood-Kandidat, fand ich. Millionen besitzen, unter den Armen aufteilen, aber bei sich im Laden auf alten Orangenkisten sitzen.
    »Ich? Eine Art Lotto King Carl?« Carl ließ ein abgehacktes, tiefes Lachen erklingen. »Ich habe noch nie was gewonnen. Glaubst du, dann würde ich hier in diesem dunklen Loch mit den alten Möbeln hausen?«
    »Nein, natürlich nicht«, beeilte ich mich zu sagen und nahm mir vor, in naher Zukunft nicht mehr im Sekundentakt meine Meinung zu ändern. Wie ein Blättchen im Wind. »Du bist es wirklich nicht?«, hakte ich also noch einmal nach.
    Carl kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Das tat er nur sehr selten. Ich glaube, das letzte Mal hatte er es

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