Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
und suchte nach Worten.
»Aha, okay. Und wie, sagten Sie, war Ihr Name?« Bei der Begrüßung war ich gedanklich ja noch bei einem Lügner namens Ulf gewesen. Diesmal lauschte ich genau, als mein Gegenüber sich noch einmal vorstellte.
»Röck, heiße ich. Markus Röck.«
Handy brumm,
ergo sum.
Rainer Karius
Wie in Trance hatte ich das Gespräch über mich ergehen lassen. Ich hatte den Herrn von der Lottozentrale hereingelassen, ihm den Stuhl angeboten, auf dem kurz vorher noch Ulf gesessen hatte.
Ich nickte brav, hörte aber nur mit halbem Ohr hin. Auch klärte ich nichts auf, rückte nichts zurecht. Ich stellte nur einige Nachfragen, wollte beispielsweise wissen, wie lange er schon bei Lotto arbeitete und ob er einen Sohn habe. »Fünfzehn Jahre« und »Nein!«, waren seine klaren Antworten.
»Ich überlege es mir.« Ich klang träge, als ich die Visitenkarte entgegennahm, auf der tatsächlich der Name Markus Röck stand, samt Handynummer.
Ich komplimentierte ihn hinaus und stieg gemeinsam mit meinem unerwarteten Besucher die Treppenstufen hinunter. Vor der Tür stieß ich mit Carl zusammen, der sich gerade von den Bauherren verabschiedete. Auch Markus Röck war schnell verschwunden.
»Was ist denn mit dir los? Hast du ein Gespenst gesehen?« Carl war gut gelaunt. Meine trübe Miene passte gar nicht zu seiner Stimmung.
»Ich habe doppelt gesehen. Das eben war der Mann, auf dessen Nachricht ich so sehnsüchtig gewartet habe.« Ich sprach wie ein Roboter. Carl ermutigte mich wortlos, weiterzureden. »Das war Markus Röck von der Lottozentrale, Finanzfachmann.«
»Ja, und?«
»Das hier war der echte. Ich hatte schon mit Markus Röck das Vergnügen. Einem jungen Typen, der mir ein Interview gegeben und mich zum Abendessen eingeladen hat. Und der sich seit Tagen nicht mehr bei mir meldet.« Carl begann zu verstehen.
»Du meinst, der, den du wegen des anderen hast abblitzen lassen.«
»Ja, ja. Egal. Er ist ein Betrüger. Er hat sich unter falschem Namen bei mir eingeschlichen.« Wieso? Ich hatte keine Ahnung.
Mir war ja gleich einiges merkwürdig vorgekommen. Dass er sich nie mit mir in der Lottozentrale direkt getroffen hatte. Oder auch seine angeblichen Gewinner, die er an Autobahnraststätten und ähnlichen Orten empfing. Mir dämmerte, wie es dazu kam. Weil er gar kein Büro in der City Nord hatte. Und jetzt war er spurlos verschwunden und meldete sich nicht mehr. Das war alles zu viel.
Ich flennte los, mitten auf der Straße. Carl nahm mich zum zweiten Mal an diesem Tag in die Arme, was ich in meinem Zustand gar nicht richtig zu würdigen wusste.
»Ist ja gut, wird alles gut.« Ich schniefte, schnäufte und heulte.
»Wieso hat er das gemacht? Und Ulf hat mich auch nur ausgenutzt. Auch Verena ist weg, meine beste Freundin, alles wegen des beschissenen Geldes, das ich gar nicht habe. Dieses blöde Missverständnis, nur wegen Dotz. Der hat mich erpresst. Ohne ihn wär das alles nicht passiert. Und Ulf wär vielleicht noch da. Und diesen Blödmann von Markus Röck, also den falschen, hätte ich gar nicht kennengelernt. Und dann das Rattanbett. Verena und ich wollten doch in die Karibik, und jetzt ist sie mit Rafael los, den will sie gar nicht. Es ist total bescheuert alles.«
Ungefiltert ließ ich all meine Sorgen raus, zugegebenermaßen nicht ganz in chronologischer Reihenfolge. Ich glaube, das war Carl egal.
»Immerhin hast du mir mit dem ganzen Kram ein nagelneues Haus beschert«, flüsterte er, nicht ganz sicher, ob der Kommentar passend war.
Die Muse, abzuwägen, ob mir sein Kommentar gegen den Strich ging, hatte ich gar nicht. Ich freute mich über die Entwicklungen mit dem Bautrupp, fragte aber besorgt: »Ist das wirklich wasserdicht?« Wir mussten beide lachen, es war einfach zu komisch. Wenn der Deal tatsächlich wasserdicht war, würde auch in Maria Resches Leben bald kein Wasserhahn mehr tropfen und kein Keller mehr geflutet.
»Jule, ich liebe deine Selbstironie«, sagte Carl lachend und versuchte, mein Gesicht mit einem Taschentuch von Rotz und Wasser zu befreien. »Und ja, der Vertrag mit der Baufirma ist wasserdicht!«
»Apropos, wann gehen denn diese angeblichen Arbeiten los?«, keifte direkt neben uns eine Stimme. Die Resche war immer und überall. Nun gut, wir hatten ja auch den Hauseingang blockiert.
»Nächste Woche geht’s los!«, erklärte Carl.
»Müssen wir dann aus unseren Wohnungen raus?« Frau Resches Ton war skeptisch.
»Ist noch nicht ganz klar. Die Wohnungen und
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