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Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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nicht viel, wofür man es ausgeben kann.«
    »Aber das Datum«, warf Vardia ein. »Es ist so alt. Bürger Hain sagte, es seien dreihundertzweiundsechzig Jahre.«
    »Nicht so ungewöhnlich«, sagte Brazil achselzuckend. »Ein anderer Kapitän auf dieser Linie ist über fünfhundert.«
    »Ja, das ist wahr«, erklärte Hain. »Aber auf dem Patent steht ›Dritte Erneuerung – P. C.‹. Wie alt sind Sie denn nun wirklich?«
    Brazil zuckte wieder mit den Schultern.
    »Ich weiß es ehrlich nicht. Jedenfalls so alt wie die Aufzeichnungen. Das Gehirn hat eine endliche Aufnahmefähigkeit, so daß jede Verjüngung von der Vergangenheit ein wenig mehr auslöscht. Ich habe manchmal Erinnerungsfetzen, aber nichts, was ich festhalten kann. Ich könnte sechshundert Jahre alt sein – oder sechstausend, obschon ich das bezweifle.«
    »Sie haben nie nachgeforscht?« fragte Hain.
    »Nein.« Brazil schluckte den Brei hinunter und trank einen Schluck Wein nach. »Scheußliches Zeug«, sagte er und hielt das Glas hoch. »Ich bin durchaus neugierig gewesen, was das betrifft«, fuhr er fort, »aber die Aufzeichnungen hören einfach auf. Ich habe zu viele Bürokratien überlebt. Nun, ich habe ohnehin immer für jetzt und die Zukunft gelebt.«
    Hain war mit dem Essen schon fertig und klopfte auf seinen großen Bauch.
    »Ich bin in ein, zwei Jahren zur ersten Verjüngung fällig. Ich bin fast neunzig und fürchte, daß ich in den letzten Jahren sehr rücksichtslos mit mir umgesprungen bin.«
    »Nun, meine Laufbahn hängt hier an der Wand«, sagte Brazil nach einer Pause, »und was Bürgerin Vardia macht, ist klar. Aber was veranlaßt Sie, zwischen den Sonnensystemen herumzuflitzen, Hain?«
    »Ich bin – tja, nun, ein Verkäufer, Captain«, erwiderte der dicke Mann. »Alle Planeten sind in den Überschüssen, die sie produzieren, auf ihre Weise einzigartig. Was auf dem einen Überschuß ist, wird auf dem anderen meist gebraucht – wie das Korn, das Sie in Ihrem schönen Schiff transportieren. Ich bin ein Mann, der solche Geschäfte abschließt.«
    »Und Sie, Bürgerin Wu Julee?« fragte Brazil. »Sind Sie seine Sekretärin?«
    Das Mädchen wirkte tief verwirrt. Sie hat echte Angst, dachte Brazil erstaunt. Sie wandte sich sofort Hain zu und sah ihn flehend an.
    »Meine – äh, Nichte ist sehr scheu und still, Captain«, sagte Hain sofort. »Sie bleibt lieber im Hintergrund. Du bleibst doch lieber im Hintergrund, nicht wahr, meine Liebe?«
    Sie erwiderte mit einer Stimme, die vom Nichtgebrauch ganz brüchig war, dünn und ausdruckslos wie jene von Vardia.
    »Ich ziehe es vor, im Hintergrund zu bleiben«, meinte sie dumpf wie eine Maschine.
    »Verzeihung«, sagte Brazil zu ihr und hob resigniert die Hände.
    Seltsam, dachte er. Die eine, die wie ein Roboter aussieht, ist gesprächig und ein bißchen neugierig, und die andere, die wie ein richtiges Mädchen aussieht, ist ein Roboter. Nach dem Aussehen darf man nicht gehen.
    Vardia brach das Schweigen. Schließlich war sie für den diplomatischen Dienst erschaffen worden.
    »Ich halte es für faszinierend, daß Sie so alt sind, Captain«, sagte sie freundlich. »Vielleicht sind Sie der älteste lebende Mensch. Meine Rasse kennt natürlich keine Verjüngung – sie ist nicht erforderlich.«
    Nein, natürlich nicht, dachte Brazil bedrückt. Sie lebten ihre achtzig Jahre als jugendliche Spezialistenglieder im Ameisenstaat ihrer Gesellschaft, dann erschienen sie ruhig vor der örtlichen Todesfabrik, um zu Dünger verarbeitet zu werden.
    Ameisenstaat? dachte er erstaunt. Was, zum Teufel, sind Ameisen?
    »Nun, alt oder nicht, kann ich nicht sagen, aber es nützt einem nicht viel, wenn man nicht einen Beruf hat wie den meinen«, sagte er. »Ich weiß nicht, warum ich immer noch weiterlebe – das muß wohl in mir angelegt sein.«
    Vardias Miene hellte sich auf. Das war etwas, das sie verstehen konnte.
    »Möchte wissen, was für eine Welt das sein muß, die einen solchen Imperativ des Überlebens verlangt?« meinte sie und bewies damit allen, daß sie überhaupt nichts verstand.
    Brazil ging darüber hinweg.
    »Eine, die lange tot und untergegangen ist, meine ich«, sagte er trocken.
    »Ich glaube, wir gehen in unsere Kabinen zurück, Captain«, sagte Hain, stand auf und reckte sich. »Um die Wahrheit zu sagen, das einzige, was anstrengender ist, als irgend etwas zu tun, ist, gar nichts zu tun.« Julee erhob sich fast im selben Augenblick, und sie gingen gemeinsam hinaus.
    Vardia sagte: »Ich werde

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