Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
Vom Netzwerk:
Nachdem er einen ganzen Tag unterwegs gewesen war, ging er zur Heilkundigen.
    »Sie ist zu sich gekommen«, sagte sie. »Ich habe sie dazu gebracht, etwas zu essen, und es ist im Magen geblieben. Sie können hineingehen.«
    Wu Julee sah ein wenig schwach aus, lächelte aber, als sie ihn sah.
    Sie hat sich nicht radikal verändert, dachte er, wenigstens nicht von den Hüften aufwärts. Er hätte sie überall wiedererkannt.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte er.
    »Schwach, aber es wird schon.« Sie kicherte ein wenig. »Als wir uns das letztemal sahen, mußte ich zu Ihnen aufblicken.«
    Brazils Miene wirkte gequält.
    »Immer dasselbe«, klagte er. »Immer auf die Kleinen.«
    Sie lachte, und er stimmte ein.
    »Es ist gut, Sie lachen zu hören«, sagte er.
    »Vorher hat es nie viel Anlaß gegeben«, meinte sie.
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß ich Sie finde.«
    »Ich erinnere mich – das war das Schlimmste am Schwamm. Man weiß alles, nimmt alles wahr.«
    Er nickte ernsthaft.
    »In der menschlichen Geschichte hat es immer irgendeine Droge und Süchtige gegeben. Die Leute, die den Stoff verhökern, haben eine andere Sucht – nach Macht. Ihre Gier treibt sie. Geld- und Machtgier, das Übelste – nein, das Zweitübelste auf der Welt.«
    »Und was ist das Übelste?«
    »Die Angst. Sie zerstört und verwüstet alles.«
    Sie schwieg kurze Zeit.
    »Ich habe fast mein ganzes Leben lang Angst gehabt.«
    »Ich weiß. Aber jetzt gibt es keinen Grund mehr dafür. Das sind gute Leute hier, und es ist ein Ort, wo ich jederzeit den Rest meines Lebens verbringen könnte.«
    Sie sah ihn an.
    »Sie sind wunderbar, aber es ist ihr Paradies. Sie sind hier geboren und wissen nichts von dem Entsetzlichen ringsumher. Es muß herrlich sein, so leben zu können, aber ich gehöre nicht zu ihnen. Meine Narben wirken so groß und schmerzhaft, gerade weil die Leute hier gut und schlicht sind. Können Sie das verstehen?«
    Er nickte langsam.
    »Ich habe auch Narben, wissen Sie, und manche kann ich zeitweise kaum ertragen. Meine Erinnerung kehrt zurück – langsam, aber in genauen Einzelheiten, und es sind meist Dinge, an die ich mich nicht erinnern will, wie Serge gesagt hat.«
    »Diese Verjüngungsbehandlung muß Ihr Gedächtnis stark beeinflußt haben«, meinte sie.
    »Nein«, sagte er. »Ich habe mich nie verjüngen lassen, Wu Julee. Niemals. Das wußte ich, als ich ihnen dergleichen zuschrieb.«
    »Niemals – aber das ist unmöglich. Ich erinnere mich, daß Hain ihr Patent gelesen hat. Da stand, daß Sie über fünfhundert Jahre alt sind!«
    »Das bin ich«, gab er langsam zurück. »Und noch viel älter. Ich hatte hundert Namen, tausend Leben, alle gleich. Ich bin da seit der alten Erde und vorher.«
    »Aber die ist vor Jahrhunderten zerbombt worden. Das ist ja beinahe Vorgeschichte.«
    »Es ist wie eine Reihe von Schleiern gefallen, einer nach dem anderen. Heute, als ich oben in den Bergen war, fiel mir plötzlich ein komischer kleiner Diktator der alten Erde ein, der mich mochte, weil ich nicht größer war als er. Er hieß Napoleon Bonaparte…«
     
     
    Er schlief einige Tage auf Pelzen in Yomax' Büro und sah bei jedem Besuch Wu Julee Kraft und Sicherheit zurückgewinnen.
    Aber die Narben in ihren Augen blieben.
    Eines Tages kam das Dampfboot, und Klamath fiel beinahe in den See, als er auf ihn zustürzte.
    »Nate! Nate!« rief der Fährmann. »Unglaubliche Nachrichten!« Nach seiner Miene war es nichts Gutes.
    »Beruhigen Sie sich, Klammy, und erzählen Sie.« In der Hand des Kapitäns erspähte Brazil eine handgedruckte Zeitung, konnte die Sprache aber nicht lesen.
    »Jemand ist in die Universität in Czill eingedrungen und hat zwei Leute entführt!«
    Brazil runzelte die Stirn mit einem hohlen Gefühl im Magen. Dort befand sich Vardia, die er als nächste besuchen wollte.
    »Wen hat man entführt?«
    »Einen von euch, Vardia oder so ähnlich. Und eine Umiau – eine Art Seejungfrau, Nate, namens Cannot.«
    Der kleine Mann kaute bedrückt an seiner Unterlippe.
    »Weiß man, wer es war?«
    »Man ist sich ziemlich sicher, obwohl sie es bestreiten würden. Ein Haufen Riesenschaben mit einem Namen, den keiner aussprechen kann. Die Umiau haben sie im Dunkeln bemerkt, als sie die Stromversorgung lahmlegten.«
    Langsam schälten sich die Ereignisse heraus. Zwei große Wesen, die Riesen-Flugkäfern glichen, hatten das Kraftwerk gesprengt, das künstliche Sonnenlicht war in einem Flügel des Gebäudes ausgefallen, dann waren sie durch ein

Weitere Kostenlose Bücher