Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
Wesen sah sie entgeistert an.
»Vom Kom! Und keiner von euch ein echter Mensch! Du meine Güte! Wie muß sich alles verändert haben, seidem ich das letztemal dort war!«
Yua hielt den Atem an.
» Sie sind einmal im Kom gewesen?«
Er lächelte sehr menschlich unter dem buschigen Schnurrbart.
»Gewiß. Ich war auch einmal ein Mensch, nur ohne Schweif, und ein Mann.«
»Im Kom gibt es jetzt viele Rassen«, sagte Mavra. »Und alle leben friedlich zusammen. Miteinander, heißt das. Gemeinsam haben wir gerade einen Krieg mit einer kompromißlosen nicht-menschlichen Rasse ausgetragen.«
»Multirassische Zusammenarbeit im Kom!« sagte das Wesen staunend. »Wer hätte das gedacht! Einen Krieg hat es gegeben, sagen Sie? Seid ihr deshalb hier?«
»Ich weiß nicht, warum wir hier sind«, sagte Mavra schnell. »Ich weiß nicht einmal genau, was ›hier‹ ist. Nein, es war nicht der Krieg. Den haben wir gewonnen, dabei aber einen Riß im Raum-Zeit-Kontinuum hervorgerufen. Er beginnt, den Kom-Bereich zu verschlingen. Man könnte sagen, daß wir Flüchtlinge sind, obwohl ich nicht weiß, wieso wir hier landen. Wir sind auf einer alten Welt gelandet, um darüber abzustimmen, wohin wir gehen sollen, und auf einmal erlosch das Licht. Aufgewacht sind wir hier.«
Das Wesen nickte. Das entsprach ungefähr seinen Erwartungen – und aus diesem Grund hatte man diese Geschichte erfunden.
Das Wesen glitt zurück, um auf dem Fließband Platz zu machen.
»Ihr könnt die Raumanzüge übrigens ausziehen. Der Schacht sorgt für Druckausgleich. Oder behaltet sie an, bis wir in meinem Büro sind, wie ihr wollt.«
Er schlug mit der untersten linken Hand an die Wand, und das Band begann zu laufen.
»Ich bin Tourifreet, eine Rhone«, sagte Mavra. »Der Mensch ist Yua, eine Olympierin, und der Chugach heißt Marquoz.«
»Freut mich«, sagte das Wesen liebenswürdig. »Es ist lange her, seit jemand aus meinen alten Revieren vorbeigekommen ist. Leute fallen die ganze Zeit in diese Löcher, wie auch ich, aber in den letzten ein-, zweihundert Jahren waren keine Menschen dabei. Ich bin übrigens Serge Ortega.«
Mavras Kopf zuckte hoch, und in ihren Augen begann es seltsam zu funkeln. Ortega, der ihr den Rücken zudrehte, sah nichts davon.
»Ruhig, Mädchen«, flüsterte Marquoz.
Ortega! dachte sie. Nach all der Zeit! Nach all der … Ortega, immer noch am Leben, immer noch am Drücker. Der einzige Mann, den sie mit brennendem Haß verfolgte.
Sie verließen die große Kammer und fuhren durch einen ovalen Tunnel, einen großen Korridor aus schwerem, körnigem Gestein, das stumpfgelb gestrichen worden war.
Sie kamen in dem gewundenen Tunnel an anderen Kammern vorbei; es handelte sich nicht um einen einzelnen Korridor, sondern um ein Labyrinth. Jede Kammer barg nach Ortegas Worten eine Mini-Biosphäre für eine der fünfzehnhundertsechzig Rassen der Schacht-Welt. Hier in diesem Bereich befanden sich die Botschaften der siebenhundertachtzig südlichen Sechsecke.
Als sie sein Büro erreichten und sich ausruhten, ließ Ortega Essen und Trinken kommen. Er erzählte ihnen, was sie schon wußten, von der Schacht-Welt und ihrer Gründung, von den Sechsecken, Zone-Bereichen und Toren. Interessant für sie war Ortegas politische Karte der Schacht-Welt. Sie sahen zum erstenmal ihre riesigen Ozeane und die Topographie der Landschaft. Mavra fand die Gebiete, wo sie gewesen war, und entdeckte Glathriel, wo, wie Ortega überflüssigerweise erklärte, jetzt die menschliche Rasse in primitiven Stämmen zusammen lebte.
Daneben lag Ambreza, die ursprüngliche Heimat der Menschheit und jene Stelle, wo Nathan Brazil auftauchen mußte. Das war ihr erstes Ziel.
»Genug von der Politik«, sagte Ortega und legte die Karte weg. »Wenn ihr in euren Heimat-Sechsecken seid, habt ihr Gelegenheit, euch ausführlich damit zu befassen.«
»Was – was meinen Sie mit unseren Heimat-Sechsecken?« fragte Yua nervös.
Ortega lächelte.
»Von hier aus werdet ihr zu einem anderen Tor, dem Schacht-Tor, gebracht. Es entfernt euch aus dem Universum, das ihr immer gekannt habt, und macht euch zum Bestandteil des Schachtes. Im Inneren analysiert euch der Schacht nach Kriterien, die wir nach wie vor nicht begreifen, und wählt eine Lebensform für euch aus. Ihr werdet als Mitglied einer der siebenhundertachtzig südlichen Rassen wie aus einem Schlaf erwachen – genau wie ich vor so langer Zeit. Der Schacht hilft insoweit mit, als er euch mit eurer neuen Erscheinungsform und den
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