Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
Bedingungen vertraut macht, so daß ihr euch nicht völlig fremd vorkommt – ihr werdet nach wie vor ihr selbst sein und euch an alles erinnern, was gewesen ist. Von da an seid ihr auf euch selbst gestellt. Kämpft nicht dagegen an. Gleichgültig, als was ihr aufwacht, ihr werdet das für den Rest eures Lebens sein.«
Ortega forschte sie über die Verhältnisse im Kom-Bund aus, und sie berichteten einigermaßen ehrlich, ohne aber Obie oder Nathan Brazil zu erwähnen. Es war Ortega selbst, der den letzteren zur Sprache brachte.
»Ich würde mir keine Sorgen machen«, tröstete er. »Der Schacht wird den Riß beheben. Wenn nicht, dann gibt es einen Markovier, der noch lebt und die Reparaturen vornehmen kann. Wenn es nötig wäre, hätte er sich schon eingefunden.«
»Woher wissen Sie, daß er nicht hier war?« fragte Marquoz.
»Ich kenne ihn«, sagte Ortega lächelnd. »Er ist ein Mensch – sieht aus wie ein Halbzwerg und heißt Nathan Brazil. Wenn er hier durchgekommen wäre, hätte ich das erfahren.« Er kratzte sich mit dem obersten rechten Arm am Kinn und starrte sie an. »Komisch, eigentlich. Ich sehe euch Frauen und habe das Gefühl, daß ich euch kenne oder kennen sollte. Seltsam, nicht? Das kann natürlich nicht sein.«
Mavra hüstelte.
»Nein, wirklich nicht.«
»Na gut. Seid ihr bereit für den Schacht?«
»Nein«, sagte Marquoz. »Aber was bleibt mir anderes übrig?« Ortega lachte.
»Na schön. Kommen Sie mit.« Die Tür ging auf, und er glitt hinaus. Sie folgten ihm nah hintereinander.
Sie betraten einen normalen Raum, ein Rechteck, abgesehen von den abgerundeten Ecken, völlig leer. Die Tür schloß sich hinter ihnen.
Wände, Boden und Decke bestanden aus demselben körnigen, gelben Material wie die Korridore, mit Ausnahme der Wand gegenüber, wo wieder totale Schwärze herrschte.
»Das Schacht-Tor«, sagte er. »Jetzt habt ihr überhaupt keine Wahl mehr. Die Tür hinter mir läßt sich von innen nicht öffnen. Man kann nur durch das Tor – und den Schacht – hinaus.«
Das war eine Lüge, wie Mavra wußte. Sie konnte aber verstehen, daß das bei seiner Tätigkeit von Nutzen sein mußte.
Sie hatten ihre Raumanzüge in Ortegas Büro ausgezogen und waren jetzt alle nackt. Marquoz hatte sein Zigarrenetui gerettet, und er und Mavra pafften die letzten Exemplare. Beide fragten sich beiläufig, ob sie das jemals wieder tun würden.
Mavra sah sich Ortega an. Sie haßte ihn immer noch, aber er wirkte durchaus nicht wie ein Ungeheuer.
»Wer zuerst?« fragte sie die anderen, wie vorher auf der toten Markovier-Welt, als Zigeuner vorgetreten und verschwunden war – ganz und gar, wie es den Anschein hatte.
»Ach, zum Teufel damit«, murmelte Marquoz und zertrat den Zigarrenstummel. »Ich habe ohnehin keine Zigarren mehr.« Er ging zur schwarzen Wand und hindurch. Sie verschluckte ihn.
Yua sah Mavra furchtsam an. Nicht zum erstenmal fragte sich Mavra, warum Obie gerade sie ausgesucht hatte. Das wußte nur Obie, und er war weit, weit weg.
»Wir sehen uns wieder«, sagte die Olympierin leise zu ihr und drückte ihre Hand. Dann drehte sie sich um und trat ohne Zögern in die alles verschlingende Dunkelheit.
»Da war es nur noch eins«, sagte Serge Ortega hinter ihr.
Sie lächelte vor sich hin. Er war seiner Sache so sicher. Sie trat einen Schritt auf die Dunkelheit zu, dann blieb sie plötzlich stehen und traf instinktiv die Wahl, die Brazil ihr offengelassen hatte.
»Augenblick, Ortega«, sagte sie kühl und drehte sich nach ihm um. »Ich werde Ihre Hilfe brauchen.«
»Wie?« sagte er entgeistert.
»Die beiden anderen – sie bedeuten Ihnen oder allen anderen nichts. Aufmachung. Ich nicht. Ich stehe herum und debattiere mit mir, seitdem ich angekommen bin, und ich wollte beinahe nichts sagen, aber ich glaube, das Risiko ist vertretbar.«
Er rollte seinen Schlangenkörper fest zusammen, verschränkte alle sechs Arme und schwankte mit dem Oberkörper vor und zurück.
»Nur zu, ich höre«, sagte er neugierig.
»Der Schacht ist defekt. Er hat einen Kurzschluß erlitten«, sagte sie. »Das ganze verdammte Universum wird nach kosmischen Maßstäben langsam, in Wahrheit aber ziemlich schnell ausgelöscht. Der Riß wird nach einiger Zeit so groß werden, daß er den Schacht stark beschädigt und er nicht mehr repariert werden kann. In Bälde werden sie von Flüchtlingen, zumeist Olympierinnen, überflutet werden, die sich aus dem zugrundegehenden Kom-Gebiet absetzen.«
»Weiter«, sagte er
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