Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
durch die Menschenmassen zu bahnen und Zigeuner mitzunehmen.
Ein größeres Hindernis war der Schwarm von Sicherheits-Akoluthen um die Eingänge zu dem Gebäude, von dessen Treppenstufen aus die Hohepriesterin Yua zur Menge sprechen sollte. Ihre Elektrostäbe und strengen Mienen verrieten, daß sie mit ein wenig Höllenfeuer nicht einzuschüchtern waren.
Zigeuner blickte nervös auf die Bewacher, die man eigens nach Größe und Schulterbreite ausgesucht hatte, aber Marquoz nahm sich den größten, härtesten, am gefährlichsten aussehenden Burschen und ging auf ihn zu. Der Elektrostab hob sich ein wenig.
»Keiner darf hindurch!« verkündete der Akoluth mit der tiefsten Stimme, die Zigeuner je gehört hatte. Zigeuner glaubte ihm.
»Geh beiseite, Mann!« erwiderte Marquoz, dessen Brummbaßstimme keineswegs eingeschüchtert klang. »Wir vertreten den Kom-Rat.«
»Keiner darf hindurch!« wiederholte der Aufpasser und hob, um das zu unterstreichen, den Elektrostab ein wenig höher.
»Habe ich nicht gesagt, daß wir vom Kom-Rat sind?« wiederholte Marquoz geduldig. »Ich bin von der Kom-Polizei, und jeder Versuch, mich an der Ausübung meiner Pflicht zu hindern, wird mit dem Tode bestraft.«
Der große Mann war nicht beeindruckt.
»Keiner darf hindurch.« Diesmal fügte er hinzu: »Nicht einmal der Kom-Bund steht über dem Willen Gottes.«
»Deine Herrin hat mich rufen lassen«, erklärte Marquoz. »Deine Gruppe wünscht im Hinblick auf eure Suche unsere Mitarbeit. Wir waren so gütig, darüber diskutieren zu wollen, und deine Herrin hat diesen Ort als geeigneten Treffpunkt bestimmt. Nun ist es so, daß ihr etwas von uns wollt und nicht umgekehrt. Du kannst uns durchlassen und deiner Herrin sagen, daß wir hier sind, oder uns fortschicken. Wir werden ihr indirekt klarmachen, wer das Zusammentreffen verhindert hat. Ganz wie du willst. In zehn Sekunden gehe ich.«
Der kleine Drache hatte einen taktischen Fehler begangen. Er hatte dem Aufpasser eine Wahlmöglichkeit zuviel zugestanden. Er kannte sich nicht mehr aus und zog sich auf seine Befehle zurück.
»Ich weiß von nichts und darf keinen hereinlassen«, erwiderte er.
»Nicht einmal Nathan Brazil?« fuhr ihn Marquoz an.
Der Aufpasser blinzelte ein paarmal.
»Aber – natürlich, wenn es der Herr ist –«
»Aha. Deine Befehle sagen aber, keiner darf hindurch«, unterbrach ihn Marquoz, »und Nathan Brazil würdest du hineinlassen. Entweder machst du Ausnahmen oder du machst keine. Wenn nicht, mußt du sogar Brazil den Zutritt verwehren, wenn doch, laß uns bitte unserer Arbeit nachgehen.«
Das war für den Bewacher zuviel. Er wandte sich an einen jüngeren Akoluthen.
»Bruder, sag der Herrin, hier sei eine Riesenechse, die sich für einen Polizisten ausgibt und mit ihr sprechen möchte.«
Der Bruder nickte, drehte sich um und ging. Marquoz griff in sein Wams und zog ein silbernes Zigarrenetui mit einem sehr sonderbaren Wappen heraus. Er nahm eine Zigarre heraus und zündete sie auf die gewohnte Weise an. Der Aufpasser blinzelte fasziniert. Marquoz zeigte ein Grinsen mit sehr vielen, scharfen Zähnen und hielt ihm das Etui hin.
»Zigarre?« fragte er freundlich.
Der Aufpasser riß nur die Augen auf. Der Chugach zog die Schultern hoch und steckte das Etui ein. Zigeuner verdrehte die Augen und beobachtete die Menschenmassen.
Schließlich kam der andere Akoluth zurück und flüsterte mit dem großen Aufpasser und einigen anderen Kollegen. Schließlich kam er herangeschlendert.
»Die Hohepriesterin empfängt euch«, erklärte er, »aber erst nach dem Gottesdienst, der in wenigen Minuten beginnen wird. Bitte, wartet bis dahin.«
Marquoz seufzte.
»Und wie lange wird der Gottesdienst dauern?«
»In der Regel zwei Stunden«, erwiderte der Akoluth. »Er ist sehr erhebend und sollte sich bei diesen Menschenmassen als ein Erlebnis erweisen, das Berge versetzt.« Seine Augen leuchteten. »Ich bin von Anfang an dabei, wissen Sie«, vertraute er ihm stolz an.
Der Drache schnaubte und wandte sich an Zigeuner.
»Ob es hier noch ein Lokal gibt, wo man etwas trinken kann?«
»Vermutlich nicht, aber versuchen können wir es«, meinte Zigeuner achselzuckend.
»Wir kommen wieder«, versprach Marquoz, »in zwei Stunden oder so.«
Sie hatten Glück und fanden doch eine geöffnete Bar; der Besitzer war ein standhafter Materialist, der sich vor seinen einzigen beiden Gästen erbost darüber ausließ, daß der Sekte eine Verschwörung der herrschenden Klassen zugrunde
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