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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Blumenstrauß, sogar Platzteller waren zum Einsatz gekommen und das Silberbesteck ihrer Mutter. Eine Menge Kerzen brannten.
    »Feiern wir goldene Hochzeit?«, fragte der Kommissar. Er reichte Corina das kleine Päckchen von Truffe.
    Sie lachte. »Aus der Wohnung im Seefeld mussten wir raus, weil der Vermieter das Haus verkauft hat. Aber das weißt du ja … habe ich dir schon mal erzählt. Nun habe ich erfahren, dass die dort alles abreißen. Machen auf Luxus. Bauen Residenzen, die achttausend Franken im Monat kosten.«
    »Chinesen und Russen – die kaufen alles zusammen«, brummelte Eschenbach. Er folgte Corina in die Küche, und als er begann, seine Nase in die Kochtöpfe zu stecken, meinte sie: »Setz dich ruhig hin. Mit deinem Gips bist du mir sowieso keine Hilfe.«
    Zur Vorspeise gab es einen Gurkencarpaccio. Auch wenn eine Ewigkeit vergangen war, seit sie zum letzten Mal tête-à-tête an einem Tisch gesessen hatten – die Vertrautheit war wieder da, so als wäre sie nie entschwunden. Sie sprachen über Kathrin; über den Balanceakt ihrer Tochter zwischen Schule und Jungs.
    »Vielleicht klappt es, dass Kathrin für ein Austauschjahr nach Kanada kann«, sagte Corina mit einem vielsagenden Lächeln. »Dieser Tage erhalten wir Bescheid, ob es klappt. Ich würde dann mit ihr gehen, ein paar Wochen Ferien, bevor die Schule beginnt. Weißt du noch? Kanada … das hatten wir doch immer geplant.«
    Eschenbach nickte. »Lachse fischen, genau.«
    »Oder wandern.«
    »Von mir aus.«
    Corina zögerte etwas, dann fragte sie: »Du bist suspendiert …ich meine, kannst du dir vorstellen, mit uns zu kommen, zu dritt, so wie wir das immer gemacht haben?«
    Eschenbach sah Corina lange an. Er vernahm, wie im Hintergrund leise das Oscar Peterson Trio spielte (mit Joe Pass an der Gitarre und Niels-Henning Pedersen am Bass). »Die hast du extra wegen mir aufgelegt, oder?«
    Als plötzlich der Braten im Ofen qualmte und sie beide alle Hände voll zu tun hatten, war es fast wieder wie früher.
    Am nächsten Morgen war Corina schon weg, als Eschenbach erwachte. Die Sonne schien durchs Schlafzimmerfenster.
    Er duschte, frühstückte und las die Zeitung (mit Corinas Lippenstiftmund auf der Frontseite). Dann brach er auf. Nur ungern verließ er die Wohnung in der Zentralstrasse. Während der zweihundert Meter bis zur Fritschi-Wiese bestürmten ihn Erinnerungen aus seiner Kindheit. In diesem Quartier war er aufgewachsen. Hier hatte er sein erstes Fahrrad ausprobiert und später, mit sechzehn, in einem Hinterhof seiner Puch (mit Zweigangschaltung) ein Kolbenfenster verpasst. Zusammen mit Gregor und Christian.
    Angesichts der Umwandlung seines jetzigen Zuhauses in eine EURO- 08 -Fanzone dachte er ernsthaft darüber nach umzuziehen. Die Wohnlage rund um den Storchen war zwar traumhaft, aber der piekfeine Schick dort, die Armada sündhaft teurer Designerboutiquen und die Touristen gingen ihm seit geraumer Zeit auf den Geist. Zurück zu den Wurzeln, vielleicht wäre das die Lösung.
    Versunken in diese Gedanken stieg er in der Zypressenstrasse in die Tram und fuhr prompt in die falsche Richtung. Zwei Haltestellen weiter und eine Viertelstunde später nahm er ein Taxi, das ihn direkt zum Triemli fuhr.
    Es war der große Tag, an dem sich herausstellen sollte, ob seine Nase einigermaßen spurlos zusammengewachsen war. Dr. Häberli ließ auf sich warten. Eschenbach blätterte in einer Schweizer Illustrierten vom letzten August. Er war gutgelaunt. Daran konnte auch die beklemmende Atmosphäre im Wartezimmer und die bevorstehende Untersuchung nichts ändern.
    »Nicht ganz gerade, aber auch nicht bös krumm«, sagte Häberli mit einem Gesichtsausdruck, der vermuten ließ, dass sie schon viel Schlimmeres gesehen hatte. Sie gab Eschenbach einen winzigen Schminkspiegel.
    »Nun ja«, sagte der Kommissar, nachdem er sich so weit wie möglich ein Bild gemacht hatte. »Ganz neu wird’s wohl nicht mehr.«
    »Man kann’s natürlich auch noch zehnmal operieren«, sagte die Ärztin und fixierte die Nase wieder mit Plastikschiene und Klebestreifen. »Noch zwei bis drei Wochen würde ich’s drauflassen. Als Schutz. Aber Sie machen ja sowieso, was Sie wollen.«

5
    D u kommst gerade rechtzeitig zum Mittagessen«, sagte Ewald Lenz, als er Eschenbach die Tür öffnete. Und weil er neben dem Kommissar Jagmetti stehen sah, fügte er leicht irritiert hinzu: »Vielleicht reicht’s ja auch für drei.«
    »Nimm’s mir nicht übel, Ewald. Aber Claudio ist jetzt

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