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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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schäme mich.«
    »Ich weiß.« Lenz zuckte die Achseln. »Schau heute Abend nochmals rein, oder morgen … Aber jetzt erst mal zu der Dame hier.« Lenz schob das Geschirr beiseite und breitete seine Notizen auf dem Tisch aus.
    Der seltsame Ausdruck in seinem Gesicht, der Eschenbach zuvor so irritiert hatte, war verschwunden.
    »Also hört mal hin«, begann Lenz. »Der Familie gehörte ein Bankhaus in Frankfurt. Sie verkauften es 1938 und siedelten vor Kriegsausbruch in die Schweiz über.«
    »Jüdisch?«, fragte Jagmetti, der gespannt zuhörte.
    »Ist in diesem Zusammenhang unwichtig.« Lenz konzentrierte sich auf die Notizen. »Laras Vater, einziges Kind und zu diesem Zeitpunkt noch keine zwanzig, kümmerte sich fortan um die Geschäfte. Er kaufte sich noch während der Kriegswirren bei Goldmann Investments Ltd. in London ein. Dann heiratete er, im Mai 1945 , eine junge Schweizerin. Schönes Anwesen in Feldbach, am Zürichsee. Er pendelt zwischen Zürich und London. Und 1964 wird Lara geboren, in der Frauenklinik des Universitätsspitals Zürich.« Lenz schob ein Blatt Papier zu Eschenbach. »Das ist die Geburtsurkunde der Lady. Wächst in behüteten Verhältnissen auf. Matura am Institut Dr. Pfister am Aegerisee. Dann Studium der Rechtswissenschaften und Ökonomie, zuerst Zürich, dann an der London School Of Economics.«
    »Und die Schwester?«, fragte Eschenbach.
    Aber Lenz winkte ab. »Unterbrich mich nicht schon wieder«, sagte er etwas unwirsch. »Da komm ich schon noch dazu … Ach, wo ist das jetzt?« Lenz kramte ein paar Kopien von Zeitungsausschnitten aus den Jahren 1993 bis 1998 hervor und gab
sie Eschenbach. »Sie war eine der ersten Frauen im englischen Kader der Military-Reiter. Ist kein Püppchen.«
    Eschenbach überlegte, ob der letzte Satz nun die Schwester betraf oder immer noch Lara. Er unterließ es, dieselbe Frage noch einmal zu stellen.
    »Wir reden immer noch über Lara, oder?« Jagmetti war aufgestanden und streckte sich.
    »An der andern bin ich noch dran. Herrgott, ich bin auch nicht allwissend. Vermutlich ist sie in London geboren … Gefunden habe ich noch nichts.«
    »Sie hat einen Schweizer Pass«, warf Eschenbach ein.
    »Ich weiß … ich suche noch«, sagte Lenz.
    Dann kam nochmals der Gärtner, der etwas wegen den Buchensträuchern wissen wollte. Eschenbach schaute zu der Stelle, an der früher der Bach durchgeflossen und wo noch immer ein mächtiges Mühlrad angebracht war.
    Jagmetti stand mit dem Rücken zu ihnen und schaute in Richtung Garten. Lenz verzog leicht das Gesicht, als der Gärtner dann noch wie nebenbei erwähnte, dass der Aushub für den Seerosenteich zwei Wochen länger dauern würde.
    »Du lässt einen Seerosenteich anlegen? Donnerwetter!« Eschenbach war überrascht. Lenz und Seerosen?
    »Wird ein richtig schönes Plätzchen«, murmelte Lenz und wandte sich schnell wieder den Akten zu. »Jetzt kommt’s«, sagte er und schaute Eschenbach direkt an. »Ach so, noch etwas: Die Bischoff war beim Sechseläuten als Gast bei der Constaffelzunft.«
    Jagmetti war zum Tisch zurückgekehrt und murmelte etwas, das wie ›Rückenschmerzen‹ klang.
    »So, so, Constaffelzunft«, meinte Eschenbach interessiert. »Und?«
    »Nichts und. Sie ist dort nicht aufgetaucht.« Lenz suchte etwas in seinen Unterlagen. »Aber als sie ein paar Tage später nach London zurückgekehrt ist, da hatte sie einen schweren Unfall.«
    »Na also«, hörte sich Eschenbach voller Schadenfreude sagen und war selbst etwas erschrocken.
    »Mit ihrem Wagen«, fügte Lenz hinzu. »Nichts Schönes … Die halten das ziemlich unterm Deckel dort. Der alte Chauffeur hat’s nicht überlebt, sie schon. Von einer Explosion war die Rede. Ursache unbekannt.«
    Eschenbach schaute zu Jagmetti. Der war inzwischen auch hellhörig geworden.
    Lenz zog ein Papier hervor und präsentierte es Eschenbach wie eine Trophäe. »Das hier hat mich echt was gekostet.«
    Princess Grace , las Eschenbach. Es war ein Ausdruck der offiziellen Website der Klinik, inklusive Adresse und Ortsplan. »Ist ja aus Google «, sagte der Kommissar. »Das hätte ich auch gekonnt.«
    »Es gibt nur eine Handvoll Leute, die wissen, dass Lara Bischoff dort liegt. Also tu nicht so wichtig.«
    »Ach so.«
    »Ich weiß nicht, was die Dame gegen dich hat … warum das alles so gelaufen ist und die dich jetzt in die Pfanne hauen.« Lenz fingerte an seiner Pfeife und seufzte. »Wenn wir da einen Schritt weiterkommen wollen, dann geht’s nur über sie.«

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