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Second Face

Second Face

Titel: Second Face Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
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irgendwann das Schluchzen aufhört und beide eng umschlungen einschlafen.

7
    »Alle Männer sind scheiße!« Mit diesen Worten weckt Anne Marie am nächsten Morgen auf. Erwartungsvoll schaut sie ihre Schwester an, die zusammengerollt neben ihr liegt. Marie kneift die Augen zu und tut so, als würde sie noch schlafen.
    Anne rüttelt sie: »Hey, aufwachen, Marie! Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    Marie schüttelt den Kopf und zieht die Decke über den Kopf. Anne zieht sie ihr weg. »Alle Männer sind scheiße! Richtig?«
    Marie nickt. Von mir aus, denkt sie. Außer Lirim. Der ist anders, der ist etwas ganz Besonderes. Aber das kann sie Anne kaum erklären. Sonst fühlt die sich auch von Marie verraten.
    Anne ist zufrieden und verschwindet im Bad, wo sie heute besonders lange braucht. Als sie zum Frühstück herunterkommt, schaut die Mutter den Vater warnend an. Jetzt bloß kein falsches Wort über rote Lippen in der Schule oder schwarzen Lidschatten.
    So bekommt der Vater nur einen Hustenanfall. »Ich glaube, ich habe eine Allergie. Hmm … Hmmm … Hoffentlich keinen Heuschnupfen …« Die Mutter schickt einen weiteren warnenden Blick zu ihm hinüber.
    Die Ummanzen im Bus sind weniger rücksichtsvoll. »Heute in einen besonders großen Schminktopf gefallen? Oder ist das die neueste Mode bei den Hamburgern?«, fragt Tom unter dem Gelächter der anderen.
    »Alle Männer sind scheiße! Hab ich’s nicht gesagt?«, zischt Anne Marie zu. Die nickt, obwohl sie Tom irgendwie recht geben muss. Anne hat heute wirklich zu dick aufgetragen.
    Aber wahrscheinlich braucht sie die Maske zum Schutz, damit niemand sieht, dass sie eigentlich den ganzen Tag nur heulen möchte. Marie ist neben der Mutter die Einzige, die hinter die Maske schaut.
    In den nächsten Tagen gibt sich die ganze Familie große Mühe, Anne aufzumuntern. Vor allem Marie liest der Schwester jeden Wunsch von den Augen ab und tut alles, damit Anne auf andere Gedanken kommt. Sie setzt sich sogar mit ihr einen ganzen Nachmittag an den Strand, um den Surfern zuzuschauen.
    »Ich würde so gerne … Aber ein Kurs kostet hundertachtzig Euro«, seufzt Anne. »Das einzig Geniale hier auf der Insel ist das Surfen.«
    »Warum fragst du nicht? Es ist doch nicht gefährlicher als Reiten, hat Vater selber gesagt.«
    »Aber er hat auch gesagt, dass wir zurzeit sparen müssen. Keine Extrawürste für die nächsten sechs Monate. Schon vergessen? Nur das, was nötig ist!«
    Leider hat Anne recht. Der Hof und die Pferde haben eine Menge Geld gekostet. Und noch kommt kein neues herein. Der Reiterhof wird erst in einigen Wochen eröffnet. Sie leben von dem, was die Eltern in den letzten Jahren angespart haben.
    Andererseits würde so ein Kurs Anne helfen, Kai zu vergessen. Und das ist doch eine dringend nötige Ausgabe.
    Noch am selben Abend spricht Marie mit ihren Eltern.
    »Hundertachtzig Euro? Das ist schon viel Geld. Aber wenn Anne das so gerne möchte ... Der Umgang mit Sportlern kann nicht schaden, die gewöhnen ihr vielleicht auch den roten Lippenstift ab.« Der Vater schaut seine Frau an. »Was meinst du? Können wir uns das leisten?«
    »Sind das wirklich nur diese hundertachtzig Euro? Oder muss man nicht noch einen Anzug und Schuhe haben?«
    »Das wird von der Surfschule gestellt. Aber du kannst ja anrufen und fragen.« Wenn Marie etwas plant, dann macht sie das gründlich. Und so hat sie vorsichtshalber den Flyer der Surfschule mitgenommen einschließlich Anmeldeformular.
    Anne sitzt in ihrem Zimmer und skypt mit einer Freundin in Hamburg, als Marie ihr den Umschlag mit dem von den Eltern unterschriebenen Anmeldeformular auf den Tisch legt.
    »Mach auf!«
    »Jaaa, glei…ei…ch!«
    »Nicht gleich! Jetzt!« Marie wedelt mit dem Umschlag vor Annes Nase.
    Zwei Minuten später schallt Annes Freudenschrei durch das ganze Haus. Sie umarmt Marie. »Du bist ein Schatz! Und du? Willst du nicht?«
    Abgesehen davon, dass das nun wirklich den finanziellen Rahmen sprengen würde, hat Marie nicht wirklich Lust. Sie schaut den bunten Segeln gerne zu, bewundert die riskanten Sprünge der Surfer, aber das lieber vom Ufer oder vom Rücken ihres Svantevit aus.
    Anne hat Glück. Sie kann mit zwei Zusatzstunden in den gerade begonnenen Kurs einsteigen. Ihre Augen strahlen, als sie sich zu Beginn der ersten Stunde von Maik, der den Kurs leitet und sich ganz offensichtlich freut, dass sie dabei ist, aufs Brett helfen lässt.
    Marie, die sie begleitet hat, schaut ihr zufrieden zu. Dann

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