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Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus (German Edition)

Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus (German Edition)

Titel: Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swetlana Alexijewitsch
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Hund abgestochen und das auf Video aufgenommen – da war das ganze Internet in Aufruhr. Am liebsten hätten sie die Täter gelyncht. Aber als auf dem Markt siebzehn Gastarbeiter verbrannten – ihr Arbeitgeber hatte sie nachts in einem Container eingesperrt, zusammen mit der Ware –, da haben sich nur die Menschenrechtler aufgeregt. Leute, deren Aufgabe es ist, alle zu verteidigen. Aber die allgemeine Stimmung war: Sind die gestorben, kommen wieder neue. Gesichtslose, Sprachlose … Fremde …«
     
    »Das sind Sklaven. Moderne Sklaven. Ihr ganzer Besitz ist ihr Schw…z und ein Paar Turnschuhe. Zu Hause geht’s ihnen noch dreckiger als im schlimmsten Moskauer Keller.«
     
    »Ein Bär kommt nach Moskau und überwintert dort. Er ernährt sich von Gastarbeitern. Wer vermisst die schon … Hahaha …«
     
    »Vor dem Zerfall der UdSSR waren wir eine große Familie … das erzählte man uns im Politunterricht … Damals waren sie ›Gäste der Hauptstadt‹, jetzt nennt man sie ›Tschurki‹ oder ›Chatschi‹ XLII . Mein Großvater hat mir erzählt, wie er mit Usbeken zusammen bei Stalingrad gekämpft hat. Sie glaubten: Wir sind Brüder für immer!«
     
    »Ich muss mich über Sie wundern … Die haben sich doch selber abgespalten. Wollten ihre Freiheit haben. Haben Sie das vergessen? Denken Sie daran, wie sie in den Neunzigern die Russen abgeschlachtet haben. Ausgeplündert und vergewaltigt. Überall haben sie sie verjagt. Klopften mitten in der Nacht an die Tür … Und stürmten hinein – mit Messern oder Maschinenpistolen. ›Verschwinde aus unserem Land, russisches Vieh!‹ Fünf Minuten zum Packen … Und kostenloser Abtransport zum nächsten Bahnhof. Die Menschen rannten in Hausschuhen aus ihrer Wohnung … So war das …«
     
    »Wir erinnern uns genau an die Demütigungen unserer Brüder und Schwestern! Tod den Tschurki! Der russische Bär ist nicht so leicht zu wecken, aber wenn er einmal aufsteht, dann fließt viel Blut.«
     
    »Der Kaukasus hat mit russischen Gewehren auf die Schnauze gekriegt. Und jetzt – wer ist der Nächste?«
     
    »Ich hasse die Glatzen! Die können nur eins: Mit Baseballschlägern oder einem Hammer einen tadschikischen Hauswart totschlagen, der ihnen nichts getan hat. Auf Demonstrationen brüllen sie: ›Russland den Russen, Moskau den Moskauern.‹ Meine Mutter ist Ukrainerin, mein Vater Moldauer, meine Großmutter mütterlicherseits ist Russin. Und was bin ich? Nach welchem Prinzip wollen sie Russland von den Nichtrussen ›säubern‹?«
     
    »Drei Tadschiken ersetzen einen Kipper. Hahaha …«
     
    »Mir fehlt Duschanbe. Ich bin dort aufgewachsen. Habe Persisch gelernt. Die Sprache der Dichter.«
     
    »Keiner würde sich trauen, mit einem Plakat durch die Stadt zu laufen, auf dem steht: ›Ich mag die Tadschiken‹. Dem würde man sofort die Fresse polieren.«
     
    »Bei uns ist gleich nebenan eine Baustelle. Da wuseln lauter Chatschi rum, wie die Ratten. Ihretwegen traut man sich abends nicht mehr zum Einkaufen raus. Für ein billiges Handy kann man ermordet werden …«
     
    »Ach herrje! Ich wurde zweimal ausgeraubt, von Russen, in meinem eigenen Hauseingang hätten sie mich fast erschlagen – Russen. Ich hab die Schnauze gestrichen voll von diesem Gottesträger-Volk.«
     
    »Würden Sie denn wollen, dass Ihre Tochter einen Migranten heiratet?«
     
    »Das hier ist meine Heimatstadt. Meine Hauptstadt. Und die kommen her mit ihrer Scharia. Zu Kurban-Bayram schlachten sie unter meinem Fenster Hammel. Warum nicht gleich auf dem Roten Platz? Die armen Tiere schreien, das Blut fließt in Strömen … Wenn man in die Stadt geht, sieht man immer wieder rote Pfützen auf dem Asphalt … Mein Kind fragt mich: ›Mama, was ist das?‹ An diesem Tag ist die ganze Stadt voller ›Schwarzer‹. 1 Dann ist das nicht mehr unsere Stadt. Da quellen sie zu Hunderttausenden aus den Kellern … Die Polizisten drücken sich vor Angst an die Häuserwände …«
     
    »Ich bin mit einem Tadschiken zusammen. Er heißt Saïd. Er ist schön wie ein junger Gott! Bei sich zu Hause war er Arzt, hier arbeitet er auf einer Baustelle. Ich bin bis über beide Ohren in ihn verliebt. Was soll ich tun? Wenn wir uns treffen, gehen wir in Parks spazieren oder fahren irgendwohin ins Grüne, um keinen meiner Bekannten zu treffen. Ich habe Angst vor meinen Eltern. Mein Vater hat mich gewarnt: ›Wenn ich dich mit einem ›Schwarzen‹ sehe, erschieße ich euch beide. Mein Vater? Er ist Musiker … hat am

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