See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
dasselbe, dachte er mit Nachdruck. Er kniff die Augen zusammen. Angestrengt versuchte er, Ordnung in seine Gedanken zu bringen.
Das Armband im Kästchen musste das von Joanna sein. Das hieß aber, dass man am Tatort eines der anderen vier Armbänder gefunden hatte.
Das von Tess konnte es nicht sein. Sie hatte selbst erzählt, dass sie es immer noch hatte. Millie Walls hatte ihr Armband getragen, als sie ermordet worden war. Immerhin hatte Tess ihre Leiche daran identifiziert.
Ryan überlegte weiter. Wer hatte noch so ein Armband besessen? Ihm fielen noch zwei weitere Namen ein: Kate Reynolds – und Shannon Ciprati. Nervös fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare. Anscheinend war eine von den beiden ebenfalls am Tatort gewesen.
Bisher waren Tess und er automatisch davon ausgegangen, dass es sich bei Joannas Mörder um einen Mann handeln musste, aber warum eigentlich? Mit einem dermaßen gefährlichen Messer, wie es in diesem Fall benutzt worden war, und der Überraschung auf ihrer Seite konnte es auch eine Frau gewesen sein.
Inzwischen ging Ryan unruhig im Zimmer auf und ab. Tess und er hatten eine Verbindung zwischen allen getöteten Frauen und Justin Ciprati hergestellt. Aber er und Shannon waren damals schon ein Paar gewesen. Das bedeutete, dass in jedem der Fälle auch zu Shannon eine Verbindung bestand.
Also konnte auch Shannon die Mörderin sein, und Tess war jetzt allein mit ihr in Ellens Haus!
Ryan schnappte sich seine Autoschlüssel, zog im Laufen die Jacke über und knallte die Zimmertür hinter sich zu. Er machte sich nicht die Mühe, die Tür hinter sich abzuschließen. So schnell er konnte, rannte er die Treppe hinunter.
46. Kapitel
Tess beugte sich zu Shannon vor.
»Shannon, das ist kein Unsinn«, sagte sie mit eindringlicher Stimme. »Wir haben Hinweise darauf gefunden, dass Susannah MacIntyre nicht Selbstmord begangen hat. Und ob Claire Meyers` Tod wirklich ein Unfall war, wage ich inzwischen auch zu bezweifeln.«
Sie lehnte sich wieder zurück und stützte sich mit den Händen auf der Sitzfläche des Sessels ab. Ihr war etwas schwindelig.
Shannon lächelte sie immer noch unverändert an.
»Und das ist noch nicht alles«, fuhr Tess fort. »Wir haben eine Verbindung zwischen allen getöteten Frauen und Justin herstellen können. Verstehst du? Jede der vier hatte in irgendeiner Weise mit ihm zu tun. Das kann ja wohl kaum ein Zufall sein. Dein Mann könnte sie umgebracht haben!« Sie war jetzt so aufgeregt, dass ihre Stimme einen schrillen Klang angenommen hatte.
Shannon sah sie ruhig an und schüttelte den Kopf. »Das hat er nicht. Genaugenommen hat er keine Ahnung davon, was wirklich passiert ist.«
Tess starrte sie verständnislos an. Shannons Lächeln kam ihr inzwischen wie eine Maske vor. Sie krallte die Hände in die Sitzfläche des Sessels, um sich gerade zu halten. Dabei hatte sie das Gefühl, dass sie die Kontrolle über ihre Arme und ihre Beine verlor.
»Gib dir keine Mühe, du wirst gleich einschlafen«, sagte Shannon ungerührt. »Das Schlafmittel in den Pralinen wirkt sehr schnell. Ich wusste doch, dass du bei Schokolade nicht widerstehen kannst, das konntest du noch nie.« Sie lachte hell auf. »Oh keine Angst, es ist nicht das gleiche Mittel, mit dem ich Susannah MacIntyre beseitigt habe. Das wäre ja auch zu auffällig. Abgesehen davon wäre für dich auch nichts mehr übrig gewesen. Für dich werde ich mir etwas anderes überlegen müssen.«
Tess riss entsetzt die Augen auf. Die Erkenntnis, das Shannon – ihre Freundin Shannon! – für all das verantwortlich war, traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Sie versuchte aufzustehen, drückte sich mit aller Kraft vom Sessel ab, aber es gelang ihr nicht. Ihr Körper war schwer wie Blei. Fassungslos sank sie in sich zusammen.
»Aber Joanna …«, nuschelte sie.
Shannon setzte eine Unschuldsmiene auf. »Ich hatte keine Wahl, das musst du mir glauben. Joanna wollte mir Justin ausspannen. Die beiden haben sich schon eine Weile heimlich getroffen. Er wollte sich ihretwegen von mir trennen, das konnte ich nicht zulassen. Darum bin ich euch damals zum Seeufer gefolgt, als ich Jareds Wagen auf dem Parkplatz gesehen habe. Ich wusste ja, dass ihr den Abend zusammen verbringen wolltet. Zum Glück habe ich mein Auto ein Stück die Straße runter geparkt. Von dort aus ist es viel näher zur Landzunge als vom Parkplatz, wusstest du das? Dann bin ich zum See runtergegangen. Eigentlich wollte ich nur mit Joanna reden, aber sie hat
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