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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Ankunft den Kamin entzündet und daneben Scheite zum Nachlegen
gestapelt. Getränke wurden verteilt. Dann klopfte Druckereibesitzer und
Gemeinderatsmitglied Herwig Trost, dem die Jagd samt Hütte gehörte, mit der
Pfeife an sein Glas.
    »Also, Leute, lasst uns die Zeit nicht mit langen
Vorreden verplempern. Ihr wisst, worum es geht. Zuvor aber noch eine Frage,
quasi fürs Protokoll: Wer von euch hat keine dieser unseligen E-Mails mit
Filmchen im Anhang bekommen?« Trost blickte fragend in die Runde. Keine Hand
erhob sich. Dafür sprachen die besorgten Gesichter rund um den Tisch Bände.
    Sie hatten wahrlich allen Grund, besorgt zu sein.
Sollte ihnen nicht hier und jetzt ein gangbarer Weg einfallen, sich das
belastende Material unter den Nagel zu reißen oder es wenigstens zu vernichten,
dann konnten sie einpacken. Mehr noch: Sie mussten den Erpressern ein für alle
Mal den Schneid abkaufen und ihnen, notfalls mit Gewalt, klarmachen, dass sie
selbst im Glashaus saßen. Natürlich ohne dass auch nur der geringste Verdacht
auf eines der Cliquenmitglieder fiel. Über all das hatten sich Trost und Pohl,
nach Weselowskis Ableben die Wortführer der Gruppe, bereits abgestimmt.
    Mit sorgsam gewählten Worten teilte Trost den
Anwesenden ihre Überlegungen mit. Danach bat er um Wortmeldungen. Sofort fuhr
Höflichs Hand hoch. »Sollten wir nicht erst über Hans-Gerds Tod sprechen? Ich
meine, wir können doch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen … oder was
meint ihr?« Fragend blickte er in die Runde.
    »Über dieses Thema haben wir uns ja bereits
telefonisch ausgetauscht«, versuchte Trost abzublocken. »Oder gibt’s dazu was
Neues?«
    »Nicht direkt«, meldete sich der Autohändler Hohnisch
zu Wort. Er besaß rund um Überlingen fünf Autohäuser und galt bei vielen als
rücksichtsloser Emporkömmling. »Es wäre aber schon hilfreich, zu wissen, warum
und von wem Hans-Gerd umgebracht wurde. Ich wäre ungern der Nächste, der ins
Gras beißt«, meinte er sarkastisch.
    »Was Täter und Motiv angeht, sind offensichtlich auch
die Bullen ratlos«, gab Pohl zu bedenken. Um keine unnützen Spekulationen
auszulösen, verschwieg er, dass ihm die Kripo am Vortag einen Besuch
abgestattet hatte.
    »Die wissen ja auch nicht, was wir wissen.
Ich hätte da schon einen Verdacht …«, warf Höflich ein.
    Lebhaftes Gemurmel setzte ein. Schließlich klopfte
Trost erneut an sein Glas. »Jetzt lasst den Walter Höflich doch mal ausreden,
ihr Arschgeigen!«
    Höflich sah in die Runde und räusperte sich. »Wie
gesagt, nur ein Verdacht. Also … ich tippe auf Tammys Bruder.«
    »Wieso gerade auf den?«, staunte einer.
    »Das liegt doch auf der Hand«, mischte sich Hohnisch
ein. »Der Kerl will seine Schwester rächen. Ein sehr plausibler Grund, wie ich
finde.« Dabei nickte er Höflich kumpelhaft zu.
    »Und warum hat er sich dann gerade Weselowski
ausgesucht?«
    »Vielleicht, weil sie bei ihm … nun … äh, in
Behandlung war«, beantwortete Höflich die Frage. »Die war doch jedes Mal so
vollgekifft, dass sie ständig die Pille vergessen hat. Vermutlich hat ihr
Bruder das spitzgekriegt und ist ausgeflippt. Außerdem …« Er machte eine
Kunstpause.
    »Außerdem?«
    »Vielleicht hat er gewusst, dass Hans-Gerd als Letzter
mit Tammy zusammen war?«
    »Und wer, bitte schön, sollte ihm das gesteckt haben?«
    Hohnisch schoss vor Ärger das Blut in die Wangen.
»Herrgott noch mal, zuweilen scheint es, als hätten euch die Gören nicht den
Schwanz, sondern das Gehirn ausgelutscht. Wenn auch nur eine von denen nicht dichtgehalten und zum falschen Zeitpunkt und am falschen
Ort eine klitzekleine Andeutung gemacht hat – das hätte schon gereicht.«
    Eine Zeit lang stierten alle auf ihre Gläser oder
sahen in das prasselnde Kaminfeuer. Schließlich hob Pohl die Hand.
    »Ein nicht gerade angenehmer Gedanke, sozusagen, das
muss ich zugeben. Er ist mir selbst schon gekommen. Trotzdem glaube ich, dass
im Augenblick die Bedrohung durch die E-Mails ungleich größer ist. Ich brauche
nicht zu sagen, wem wir die ganze Scheiße zu verdanken haben. Wir alle waren
uns darüber im Klaren, dass das, was auf dem Schiff passiert ist, nicht nur
nicht gesetzeskonform war, sondern uns sozusagen der permanenten Gefahr einer
Erpressung aussetzte. Dieses Risiko sind wir alle, die wir hier sitzen,
stillschweigend eingegangen. Die Verlockung des Außergewöhnlichen, so möchte
ich es mal nennen, war einfach zu stark. Zu Recht gehen die Party-Organisatoren
davon aus,

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