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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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wurde.«
    »Davon steht aber nichts in dem Artikel.«
    »Die Meldung ist neu. Kam vorhin im Radio.«
    »Scheiße! Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
Nachdenklich kaute Hape auf der Unterlippe. In diesem Augenblick ertönte die
Glocke, die Pause war zu Ende.
    ***
    Karin
Winter wusste es stets so einzurichten, dass sie während der
Redaktionskonferenz freien Blick auf die Hofstatt hatte, Überlingens größten
und wohl auch schönsten Platz. Das Bindeglied zwischen dem nahen Münster und
der Seepromenade bildete eine prächtige Kulisse – nicht nur für die Fasnet oder
die Schwedenprozession mit dem Schwertlestanz, sondern auch, ganz profan, für
den zweimal wöchentlich abgehaltenen Markt. Mit dem angrenzenden alten und
neuen Rathaus und mit dem Pfennigturm präsentierte die Hofstatt ein
geschichtsträchtiges Ensemble, Zeugnis von Macht und Nobilität der ehemaligen
Reichsstadt.
    Seit Längerem schon waren Redaktion, Anzeigenabteilung
und Verwaltung des »Seekurier« im Obergeschoss der »Greth« untergebracht, dem
ehemaligen Kornhaus direkt an der Schiffsanlegestelle. Für eine Tageszeitung
mit Ausstrahlung weit über die Region hinaus der ideale
Standort schlechthin, dachte Karin Winter zum wiederholten Mal, als Jörg
Matuschek in diesem Moment die Konferenz beendete.
    Karin war heute nicht so recht bei der Sache gewesen.
Kaum einer der Gesprächspunkte hatte sie betroffen, und seit dem Vortag
kreisten ihre Gedanken um ein einziges Thema: den »Fall Weselowski«, wie sie
ihn bei sich nannte. Genau genommen war sie nur hier, weil sie von Matuschek
eine Auskunft brauchte, die sie hoffentlich ein entscheidendes Stück
weiterbrachte.
    Doch wie üblich hatte Matuschek mal wieder keine Zeit.
Da sie sich nicht abwimmeln ließ, bot er ihr an, ihm in sein Büro zu folgen.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich, während er
hektisch einige Unterlagen zusammenraffte und in einer Tasche verstaute. »Zwei
Minuten kann ich dir geben, wenn’s denn unbedingt sein muss.«
    »Du hast Weselowski gekannt …«
    »Flüchtig.«
    »Also gut, flüchtig. Ich will auch nur wissen, in
welchen Lokalen er verkehrt hat. Restaurants, Cafés, Hotels und so weiter.
Natürlich könnte ich Weselowskis Frau danach fragen …« Sie ließ den Rest des
Satzes in der Luft hängen.
    Er unterbrach seine Tätigkeit, mit großen Augen sah er
zu ihr auf. »Wie soll ich das wissen? Was fängst du
mit der Information überhaupt an?«
    »Sag ich dir, wenn du mal besser drauf bist. Komm
schon, es ist wichtig.«
    Er dachte nach. »Warte mal … ich hab ihn schon im
Hotel-Restaurant Lamm gesehen … dann bei Schäpfle … und, ja, im Café Walker.
Das ist alles, was mir auf die Schnelle einfällt. Nun sag schon: Hinter was
bist du her?«
    »Tut mir leid, die zwei Minuten sind um«, meinte Karin
bedauernd.
    »Miststück!«, frotzelte Matuschek.
    »Also gut, weil du’s bist: Weselowski hat drei
Abtreibungen an Schülerinnen vorgenommen – zumindest wissen wir von dreien. Er
wird diese Mädchen nicht alle selbst geschwängert haben, da dürften noch andere
beteiligt gewesen sein. Ich denke natürlich an das sogenannte ›Rosarote
Ballett‹. Ich will herauskriegen, in welchem Kreis er verkehrte, und die Gruppe
überaus ›honoriger‹ alter Männer aufspüren, die sich mit kleinen Mädchen
vergnügt. Das Netzwerk, die Seilschaft, nenn es, wie du willst.«
    Matuschek bedachte Karin mit einem prüfenden Blick.
»Könnte was dran sein. Du weißt aber wohl, dass du dich auf äußerst dünnem Eis
bewegst. Sei also vorsichtig bei deinen Recherchen, hörst du?«
    Sie deutete flüchtig einen militärischen Gruß an. »Aye
aye, Sir, zu Befehl!« Im Hinausgehen hörte sie Matuschek ergeben seufzen.
    ***
    Pohl
verließ die viel befahrene B31 unweit der Ausfahrt zur Basilika Birnau. Er
führte einen Pulk von sieben schweren Wagen an, die in kurzen Abständen einem
unscheinbaren Fahrweg folgten. Kaum breiter als die Nobelkarossen, schlängelte
sich der Weg kurvenreich hügelan, um schließlich übergangslos in den
nachtschwarzen Mauracher Wald einzutauchen. Nach gut zehn Minuten endete die
Fahrt vor einer hell erleuchteten Jagdhütte am Rande einer ausgedehnten
Lichtung. Hier stiegen Pohl und die anderen aus, gaben sich reihum die Hände
oder klopften sich gegenseitig auf die Schultern, ehe sie sich in die Hütte
zurückzogen.
    In der Jägerstube herrschte gedämpftes Licht, der
Geruch nach Whisky und englischem Tabak hing in der Luft. Ein Jagdhelfer hatte
vor ihrer

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