Seefeuer
auf die vor ihr noch keiner gekommen war.
Ganz nebenbei hatte sie noch von einer Jagdhütte
irgendwo tief im Mauracher Wald erfahren. Angeblich gehörte sie dem
Druckereibesitzer Herwig Trost (der auch auf ihrer Liste stand), und ebenso
angeblich fanden dort immer wieder Treffen statt, die reichlich nebulös und
quasi hinter vorgehaltener Hand als äußerst ausgelassen, ja anrüchig bezeichnet
wurden.
Alles in allem kein schlechtes Ergebnis für einen
reichlich turbulenten Abend, fand Karin Winter, ehe sie schließlich todmüde in
die Federn kroch.
***
Gut
gelaunt verließ Wolf gemeinsam mit seinem Kollegen Marsberg den Gasthof Krone.
Nach dem späten Rapport bei Sommer hatte ihm vernehmlich der Magen geknurrt,
also hatte er in der Krone einen schwäbischen Sauerbraten mit Spätzle
verdrückt. Etwas später war Marsberg dazugestoßen – auf ein Bier, wie er sagte.
Sie hatten sich angeregt über ihre Fälle unterhalten, und natürlich war es
nicht bei dem einen Bier geblieben. Keiner hatte sich gedrängt gefühlt:
Marsbergs Frau weilte zur Kur in Bad Mergentheim, und auf Wolf wartete ohnehin
niemand, von Fiona, seiner Katze, einmal abgesehen.
Als sie schließlich aufbrachen, war es bereits halb
elf. Sie hatten den Gastraum gerade verlassen, da klingelte Wolfs Handy. Er
murmelte eine Entschuldigung und nahm das Gespräch an.
Während er zuhörte, wurde sein Gesicht immer länger.
»Verstanden«, gab er endlich zur Antwort. »Wartet auf mich. Ich bin in dreißig
Minuten da.« Er drückte die Aus-Taste.
Auf seiner Stirn hatte sich eine steile Falte
gebildet. Fahrig kramte er in seinen Jackentaschen, bis er ein blaues Päckchen
zutage förderte. Er steckte sich einen der Glimmstängel an. »Nur gut, dass ich
noch nicht geschlafen habe«, murmelte er nach dem ersten Zug. »Es gibt einen
weiteren Toten. Könnte mit unserem Fall zusammenhängen, jedenfalls sieht es
verdammt danach aus, wenn man die Todesursache berücksichtigt.«
»Wie ist der Mann denn zu Tode gekommen?«
»Er wurde überfahren … nein, stimmt nicht: Er wurde
von der Fahrbahn gedrängt, auf der Steilstrecke nach Heiligenberg hinauf, vor
einer knappen Stunde. Einem Autofahrer fielen Unfallspuren auf, da hat er
nachgesehen und hangabwärts zwischen den Bäumen einen verunglückten Wagen
entdeckt. Das Opfer konnte nur noch tot geborgen werden. Ein gewisser Hohnisch,
betreibt mehrere Autohäuser in der Bodenseeregion.«
»Von der Fahrbahn gedrängt – hab ich das richtig
verstanden?«
»Ja. Von einem blauen BMW 530i. Den Wagen haben die Kollegen etwa einen Kilometer unterhalb des
Unfallortes in einem Waldweg gefunden. Die Beschädigungen an dem Fahrzeug
lassen keinen Zweifel: Hohnisch wurde regelrecht abgeschossen.«
»Was macht die Kollegen so sicher, dass es Absicht war
und kein Unfall?«
»Der BMW . Er wurde heute
früh als gestohlen gemeldet. Diesmal in Stockach.«
»Verdammte Scheiße! Habt ihr wenigstens den Kerl, der
den Unfall gemeldet hat?«
»Nein. Der Anruf kam aus einer Telefonzelle.«
6
Ein schrilles Klingeln riss Wolf aus dem
Schlaf. Er schaute auf die Uhr: halb fünf. Anrufe um diese Zeit bedeuteten
selten etwas Gutes. Mürrisch nahm er den Hörer ab.
Am anderen Ende meldete sich die unanständig wache
Stimme des diensthabenden Kollegen der Nachtschicht: »In Ludwigshafen brennt
ein Kreuzfahrtschiff.«
Ja, wahrscheinlich, dachte er, aber nicht mit mir! Ein
Kreuzfahrtschiff auf dem Bodensee – das war ja zum Lachen! »Hör mal, verarschen
kann ich mich selbst!«, rief er in den Hörer und wollte bereits wieder
auflegen, als der Kollege hastig weitersprach. »Halt, bleib dran. Es stimmt
wirklich. Vor zwei Minuten ging der Notruf ein, die Feuerwehr ist schon
unterwegs. Ein größeres Schiff, angeblich mit Passagierkabinen. Liegt vor
Ludwigshafen und brennt lichterloh.«
Wenn dem so war, hatte Wolf schlechte Karten: Er
musste raus, Branddelikte betrafen sein Ressort. Brummend knallte er den Hörer
auf die Gabel zurück, um ihn sofort wieder aufzunehmen und eine Nummer zu
wählen. Den Hörer am Ohr, quälte er sich langsam in die Senkrechte. Endlich
meldete sich Jo. Ihre Stimme klang unerwartet munter.
Wolf hielt sich nicht mit langen Vorreden auf. »Unser
Pyromane hat wieder zugeschlagen.« Mit knappen Worten unterrichtete er sie über
das Gehörte. »Du hast die Wahl«, bot er ihr an. »Entweder du fährst nach
Ludwigshafen und klärst das allein, oder du holst mich ab. Ich weigere mich,
mit dem Fahrrad
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