Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
umgebracht. Wie kommt es nun, dass Sie während des
Laufes alle Kontrollstationen ausgelassen haben?«
    »Haben wir das?«
    »Haben Sie! Geht ausdrücklich aus dem Protokoll des
betreuenden Lehrers hervor.«
    »Hajek?« Philip winkte abfällig mit der Hand. »Wundert
mich, dass der das mitgekriegt hat. Und jetzt denken Sie, ich hätte etwas mit
Hohnischs Tod zu tun, so wie bei Weselowski und Trost. Warum auch nicht?
Standen ja alle in meinem Notizbuch. Drei Mordfälle auf einen Streich gelöst –
wäre schön für Sie, was? Tut mir leid, meine Herren, aber damit kann ich nicht
dienen. Ja, es stimmt, wir haben die Kontrollstellen ausgelassen. Aus einem
ganz einfachen Grund.« Er beugte sich vor. »Wir haben während des Laufs einen
Zwischenstopp auf unserem Boot eingelegt. Gut, das war geschummelt, aber wir
können uns das leisten, sind momentan gut in Form. Bedaure, meine Herren, wenn
Sie sich Hoffnungen gemacht haben sollten.«
    »Eine letzte Frage noch: Wie kamen Sie an die drei
Namen in Ihrem Notizbuch?«
    »Ganz einfach: Weselowski stand, wie Sie ja wissen, in
Tammys Notizbuch. Seine Teilnahme hat mir übrigens eines der Partymädchen
bestätigt. Die beiden anderen hab ich von einem Mitschüler, der zwei der
Mädchen bei einem Gespräch belauschte. Sie erwarten hoffentlich nicht, dass ich
Ihnen meine Informanten nenne.«
    Wolf tauschte einen Blick mit Marsberg. Beide erhoben
sich, Philip sah fragend zu ihnen auf. »Wir müssen Sie leider hierbehalten,
Philip, die Verdachtsmomente sind einfach zu schwerwiegend. Morgen früh werden
Sie dem Haftrichter vorgeführt. Dann werden Sie die Namen Ihres Informanten
wohl doch herausrücken müssen.«
    Wolf öffnete die Tür und rief den Uniformierten
herein, der davorstand. »Abführen, bitte. Und nehmt seine Fingerabdrücke«,
ordnete er an. Mit zusammengebissenen Zähnen ging Philip an ihm vorbei nach
draußen.
    Wolf ließ sich erschöpft in seinen Stuhl fallen. »Ein
Scheißberuf, den wir da haben.«
    »Die Einsicht kommt etwas spät.«
    Wolf hob den Kopf und lächelte: »Immerhin – ich könnte
den Dienst quittieren, du nicht! Aber Spaß beiseite: Was hältst du von dem
Jungen?«
    »Ich denke, wir haben endlich eine heiße Spur.«
    »Ich weiß nicht … es gibt da eine Kleinigkeit, die
dagegenspricht.«
    »Und die wäre?«
    »Der Name Hohnisch stand nicht in seinem Notizbuch.
Ich frage mich, warum.«
    ***
    Karin
Winter hatte sich auf einen langen Abend eingerichtet. Seit Anbruch der
Dunkelheit stand sie mit ihrem blauen Sportwagen in der Mühlbachstraße, in
Sichtweite von Hajeks Wohnung. Wolfs Kurzbericht über den letzten Mord hatte
ihr zu denken gegeben. Dass die Tat ausgerechnet mit Hajeks Fahrzeug begangen
worden war, warf einige Fragen auf. Immerhin war Hajek Tamaras Lehrer gewesen,
da war es ja wohl legitim, eine wenn auch vage Verbindung zwischen den
Todesfällen Weselowski/Hohnisch/Züngli/ Trost und dem geheimnisumwitterten
»Rosaroten Ballett« zu ziehen, fand sie. Und weil sie den Stier gerne bei den
Hörnern packte, war sie kurzerhand hier hergefahren. Doch Hajek war nicht da.
Macht nichts, hatte sie sich gesagt, irgendwann musste er wieder zurückkommen,
dann würde sie auf der Matte stehen und ihn mit ihren Fragen bombardieren. Sie
war gespannt auf seine Antworten.
    Um zehn schaltete sie das Radio an und starrte in den
Nieselregen hinaus, der wie ein dichter Schleier die Lichtkegel der
Straßenlaternen umhüllte. Im Grunde eine traumhafte Wohngegend, dachte sie,
noch ruhiger als bei ihr oben auf dem Burgberg. Als wohne man in einem Kurort.
Klar doch, Überlingen war ja einer!
    Während sie über alle möglichen Dinge nachsann, nahm
sie im Rückspiegel eine kaum merkliche Bewegung wahr. Dankbar für jede
Abwechslung, sah sie nach hinten und versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu
durchdringen. Etwas entfernt erkannte sie einen Fußgänger. Wollte sich wohl vor
dem Schlafengehen noch etwas die Füße vertreten. Gemächlich schlenderte er auf
der gegenüberliegenden Straßenseite heran, unter einen riesengroßen schwarzen
Schirm geduckt, schemenhaft und gesichtslos. Er passierte Hajeks Hauszugang,
blieb dann unvermittelt stehen, als hätte er es sich anders überlegt. Eine
Weile musterte er die Umgebung, ehe er auf dem Absatz kehrtmachte und mit ein
paar schnellen Schritten zur Haustür ging.
    War das etwa Hajek? Wenn ja, dann war sein Verhalten
mehr als merkwürdig. Kein Mensch pflegte sich so dem eigenen Haus zu nähern –
es sei denn, es gab einen

Weitere Kostenlose Bücher