Seegrund
überwiesen?«
»Was?«
»Ob du das Geld schon überwiesen hast, frag ich!«
»Welches Geld denn, Mutter?«
»Das Geld von der Rechnung halt!«
»Welche Rechnung?«
»Die … die auf deinem Schreibtisch. Hab sie beim Aufräumen ganz zufällig gelesen, weil ich gedacht hab, das ist was Wichtiges. Nicht, dass du das vergisst, gell? Sonst können wir das fei auch überweisen, musst du nur sagen!«
»Mama! Schau lieber, dass ihr’s euch mal gut gehen lasst! Ich krieg schon genug Geld von euch.«
»Ich mein nur, ist ja schön, dass du so bescheiden bist. Aber wenn es knapp wird, musst du es nur sagen! Sonst zahlen wir’s, stimmt’s, Vatter?«
Kluftinger blickte mampfend von seinem Teller auf und grunzte etwas, das Erika als Zustimmung deutete. Die Rechnung schien ihr aber immer noch keine Ruhe zu lassen. »Was hast du denn gekauft? Hat gar nichts draufgestanden!«
»Mutter, vielleicht ist bald Weihnachten und ich will meiner Freundin was schenken? Außerdem hab ich das schon vor zwei Wochen überwiesen. Und angehen tut es dich auch nix!«
Markus spürte deutlich, was vor allem seine Eltern nicht wahrhaben wollten: Er war schon viel zu lange hier und der erste Konflikt bahnte sich an. So war es immer. Kam er nur für ein Wochenende nach Hause, verlief dies normalerweise harmonisch. Jeder hielt seine eigenen Bedürfnisse ein wenig zurück und tolerierte die Macken und Eigenheiten des anderen. Nun aber war Markus bereits seit zehn Tagen zu Besuch und es war wie früher, als er noch daheim gewohnt hatte: Territoriumsgrenzen mussten neu etabliert und verteidigt werden. Markus beschloss aber um des lieben Friedens willen Wörter wie »Intimsphäre« oder »erwachsen« vorerst nicht fallen zu lassen.
»War jetzt gar nicht ganz verkehrt, das Essen«, lobte Kluftinger für seine Verhältnisse überschwänglich den Hauptgang und machte sich eifrig über die offenbar ebenfalls nach seinem Geschmack geratenen eingelegten Zwetschgen aus dem Garten her. Doch der familiäre Friede währte nur kurz.
»Markus, was willst du denn morgen essen?«, fragte Frau Kluftinger.
»Mir egal, frag die Yumiko, die ist hier zu Gast.«
»Ich mein ja euch beide! Was wollt ihr denn morgen essen?«
»Such selber aus, Mama!«
»Aber ihr seid doch so selten da, da sollt ihr euch doch was überlegen!«
»Mama«, seufzte Markus, »wie oft hab ich dir schon gesagt, dass es mir scheißegal ist, was es zu essen gibt! Ich muss mir in Erlangen jeden Tag überlegen, was ich mach, da will ich wenigstens hier meine Ruhe. Außerdem sind wir noch nicht einmal fertig mit dem Abendessen, da fängst du schon mit morgen an. Denkt ihr ab und zu noch an was anderes als ans Essen?«
»Jetzt sei halt nicht so«, schlug sich Yumiko sofort auf Erika Kluftingers Seite. »Deine Mama meint’s doch bloß gut mit dir.«
»Da hörst du’s«, pflichtete Erika ihr bei.
»Darüber reden wir, wenn wir bei deinen Eltern sind«, erwiderte Markus, worauf Yumiko den Kopf senkte und schwieg.
»So, komm jetzt, Miki, der Seniorennachmittag ist für heute beendet.«
»Dir werd ich gleich einen ›Seniorennachmittag‹ geben! Rotzbua!«, protestierte Kluftinger und drohte seinem Sohn scherzhaft mit der Gabel.
»Du, Vatter, an deiner Stelle wär ich vorsichtig, sonst bist du ganz schnell im Altersheim. Hab mich schon mal erkundigt. Die hätten noch was frei …«
Geschockt blickte Yumiko, die einen solchen Umgang mit Eltern offensichtlich nicht gewohnt war, ihren Freund an.
»Wir machen nur Spaß«, versicherte der ihr und ein Blick auf Kluftinger, der noch immer die Gabel schwang, schien sie davon zu überzeugen.
»Okay, komm, mein ›Rotzbua‹«, kicherte Yumiko, sichtlich erfreut über den neuen Kosenamen ihres Freunds.
»Du, Markus«, hielt Kluftinger die beiden zurück, »hast du eigentlich auch das Ebi auf deinem Computer?«
»Das was?«
»Ebi.«
»Ebi? Was soll denn das bitte sein?«
»Na ja, das Ebi eben. Das ist so eine Art Programm. Ich bräucht das für den Fall.«
»Vatter, ich hab keinen blassen Schimmer, was du meinst.«
Yumiko tippte Markus auf die Schulter und sagte leise: »Vielleicht Ebay?«
»Na also, die Yumiko, die kennt’s auch«, freute sich Kluftinger. »Aber gleich mich als Deppen hinstellen wollen.«
»Du hast ›Ebi‹ gesagt, nicht ›Ebay‹.«
»Einen Schmarrn hab ich!«
»Doch: Ebi!«
»Quatsch, das weiß doch jedes Kind: Ebay!«
»Du hast ›Ebi‹ gesagt und was von Software geschwafelt!«
»Yumiko, du hast es doch auch
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