Seegrund
gute Laune ihres Gatten wunderte.
»Was bist du denn so gut aufgelegt heute?«
Kluftinger hatte sich mittlerweile auf der Couch im Wohnzimmer niedergelassen, sich ein Bier aus dem Kühlschrank genommen, in einen Krug gegossen und war in die Lektüre der Lokalzeitung vertieft.
»Hm?«, brummte er eine halbe Minute später und Erika war klar, dass der gut gelaunte Ehemann schon wieder Geschichte war.
»Ach nix. Du, wir essen heute später. Markus und Yumiko sind noch in der Stadt ein bissle bummeln. Aber so um …«
»Ts! Ein bissle bummeln tut der Herr, soso …«
»Besser als brummeln.«
»Mhm.«
Als Markus zwanzig Minuten später das Wohnzimmer betrat, lag Kluftinger zusammengerollt wie ein Kleinkind und schnarchend in seinem Fernsehsessel. Die Fernbedienung lag neben ihm, was Markus erleichtert zur Kenntnis nahm, denn hin und wieder umklammerte sein Vater sie im Schlaf so fest, dass sie ihm nicht zu entreißen war. Vorsichtig nahm Markus das Gerät und schaltete um. Wie auf Knopfdruck öffnete sein Vater die Augen.
»Hey, was soll jetzt das? Ich schau das an!«
»Ja genau, du schaust das an!«, kommentierte Markus beleidigt und schaltete wunschgemäß zurück. Er wusste, dass es nicht länger als zwei Minuten dauern würde, bis sein Vater wieder eingeschlafen war.
Erwartungsgemäß erhob sich kurze Zeit später dasselbe Schnarchen wie zuvor. Mittlerweile liefen Nachrichten und Markus blätterte in der Fernsehzeitung.
»Also, glaub ich’s denn! Markus, jetzt hör mit der Umschalterei auf!«
»Hm?« Markus sah mit einem spöttischen Grinsen von seiner Zeitung auf.
»Ich war vor dir da, jetzt schalt zurück!«
»Auf was soll ich denn zurückschalten. Vatter?«
»Ja … auf die … die Sendung da. Über die Schauspielerin!«
»So? Um welche Schauspielerin ging es denn da?«
»Ja, Herrgott, muss ich jetzt Quizfragen beantworten, bevor ich sehen kann, was ich will? Ich war den ganzen Tag beim Schaffen, während du gebummelt hast.«
Die Tür ging auf und Erika, offenbar alarmiert vom Geschrei ihres Mannes, blickte ihn vorwurfsvoll an.
»Also, jetzt hör endlich auf zu streiten«, zischte sie ihn an, »die Nachrichten wird der Markus gerade noch anschauen dürfen. Vielleicht braucht er das für sein Studium!«
Überraschenderweise kam die heftige Gegenrede nun aber nicht von ihrem Mann, sondern von ihrem Sohn.
»Mama«, hob der an und verdrehte die Augen, »ich bin erwachsen und wenn ich Probleme mit dem Vatter hab, dann kann ich sie selber regeln. Außerdem wüsste ich nicht, was die Biathlonergebnisse mit meinem Psychologiestudium zu tun haben sollten.«
Beleidigt stürmte Erika aus dem Zimmer.
Markus stand auf, ging zum Fernseher, drückte eine Taste am Gerät, so dass der Bildschirm sich schwarz verfärbte und verließ ebenfalls das Wohnzimmer.
»He«, rief Kluftinger seinem Sohn hinterher.
»Kreuzkruzifix! Malefizbande!«, schimpfte er laut und erhob sich ächzend, um den Fernseher per Hand wieder anzuschalten.
»Komm, Yumiko, wenn du’s nicht mehr magst, dann ess ich’s noch zusammen! Bevor’s schlecht wird!«, presste Kluftinger mit vollem Mund hervor, als sie alle bei Tisch saßen. Er hatte bereits vier Krautkrapfen verspeist, doch den aus dünnem Nudelteig gerollten, mit Speck und Sauerkraut gefüllten Rollen konnte er einfach nicht widerstehen. Am liebsten aß er sie unten mit einer Kruste, die so rösch sein musste, dass sie fast verbrannt aussah. Und er hatte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn Butter oder Schmalz oder am besten Butterschmalz aus ihnen rann.
Yumiko erweckte nun aber nicht den Eindruck, als teile sie diese Vorliebe von Markus’ Vater. Sie hatte etwas lustlos auf dem Teller herumgestochert und eigentlich nur einzelne Krautfäden zum Mund balanciert. Auf Nachfrage hatte dann Markus für sie geantwortet, dass sie so schweres und fettes Essen nicht gewohnt sei und sich lieber an den Salat halte.
Kluftinger, der ihr daraufhin sofort freudestrahlend seinen Salatteller mit den Worten »Hier, nimm meinen doch auch gleich dazu, Mädle!« hinschob, konnte das Argument mit den fetten Speisen nicht recht nachvollziehen. »Da ist doch Kümmel drin. Der macht die Krautkrapfen ganz leicht verdaulich!«, dozierte er.
Yumiko überzeugte das nicht, und Erika klagte, sie mache das fette Zeug »nur wegen dem Vatter«.
Eine Weile saßen sie nur still da und aßen, dann fragte Erika plötzlich unvermittelt: »Du, Markus, hast du jetzt eigentlich das Geld schon
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