Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
Vom Netzwerk:
runtergeladen?«
    Maier war erleichtert: »Ach, das meinst du.« Dann klärte er Kluftinger auf: Renn hatte die Bilder vom Tatort auf einen Datenstick geladen.
    Als sich das Gelächter gelegt hatte und Kluftinger peinlich berührt die Sitzung beenden wollte, bat Maier sie noch kurz ins Nebenzimmer.
    Dort waren die Scheiben bereits verdunkelt und ein Beamer warf ein gestochen scharfes Bild des Zeichens aus dem Schnee auf eine Leinwand. Kluftinger war baff, das hatte Maier ganz ohne sein Wissen organisiert. Seit einer Fortbildung vor einigen Jahren, für deren Genehmigung Kluftinger sich noch heute verfluchte, schwor sein Kollege auf diese Art der kreativen Polizeiarbeit. »Brainstorming«, nannte er das. Da Maier für derartigen Firlefanz von Direktionsleiter Dietmar Lodenbacher volle Unterstützung bekam, waren Kluftinger die Hände gebunden. Mit einem tiefen Seufzer setzte er sich und hörte zu, wie Maier erzählte, er habe bereits eine »Flipchart« hergerichtet, auf die man jetzt »clustern« könne, was so viel heiße wie »Muster erstellen« und fast so innovativ sei wie »Mindmapping«, wobei eine »Mindmap« natürlich organischer sei als ein nüchternes Cluster.
    Dann sagte Maier etwas, was für Kluftinger besser in eine Selbsthilfegruppe meditierender Männer gepasst hätte: »Wir sagen jetzt alle, was dieses Zeichen für uns bedeutet. Alles ist zugelassen. Niemand braucht sich für seine Antwort zu schämen. Jeder Beitrag kann uns auf unserem Weg weiterbringen.«
    Im Handumdrehen standen vier Begriffe auf dem Papier: »Wappen«, »Rune«, »Russisches Schriftzeichen«, »Ägyptische Hieroglyphe«. Kluftinger fühlte sich verpflichtet, ebenfalls etwas beizutragen und warf gelangweilt ein »Japanisches oder asiatisches Schriftzeichen« in die Runde. Anschließend ergötzte er sich an den Einfällen seiner Kollegen, wobei mit zunehmender Dauer seine Gewissheit wuchs, dass man mit solchen neumodischen Methoden auch nicht weiter kam als früher. Wer etwas wusste, sollte es sagen, fand er. Dazu hatte man früher keine Diaprojektoren und Tafeln mit Papier drauf gebraucht.
    Während er noch darüber nachdachte, füllte sich der Chart mit weiteren Begriffen: »Yin und Yang« stand da ebenso zu lesen wie »Esoterisches Mondzeichen«, »Schwingungsdiagramm« und »Wiedehopf«. Wer auf den Wiedehopf gekommen war, hatte Kluftinger nicht mitbekommen.
    Maier machte zu alldem ein ernstes Gesicht. Ebenso ernst wies er darauf hin, dass er nun all den Hinweisen nachgehen wolle. Außerdem werde er das »Cluster« abtippen und jedem als »Handout« zur Verfügung stellen. Kluftinger kam sich vor wie in einem schlecht synchronisierten amerikanischen Film.
    »Roland, ich bitte dich, mir bei der Recherche zu helfen«, schloss Maier.
    Hefele tat so, als habe er dies nicht mitbekommen. Als Maier aber nicht locker ließ, versuchte der rundliche, kleine Kollege, der schon rein äußerlich nichts mit dem hageren Maier mit seinem korrekten, pomadigen Scheitel gemein hatte, sich herauszuwinden: »Viel zu tun«, hörte Kluftinger ihn sagen, »wichtiger Anruf« und »Magendrücken«.
    Der Kommissar rätselte unterdessen, was heute Morgen wohl geschehen sein mochte, das seine Autorität so nachhaltig untergraben hatte. Maier fragte seinen Vorgesetzten schon gar nicht mehr nach Anweisungen, er vergab stattdessen selbstständig Direktiven an die Kollegen. Kluftinger hatte aber keine Lust, die Dinge zurechtzurücken, solange Frau Marx noch anwesend war. Das würde er mit Maier unter vier Augen klären.
    »Danke Richard, wir sprechen uns heute noch!«, unterbrach er schließlich das Geplänkel seiner Kollegen.
    »Eugen und ich fahren jetzt nach Füssen. Wir versuchen bei den Tauchclubs und Tauchläden etwas herauszubekommen. Also, an die Arbeit, Männer! Heute Nachmittag neue Lagebesprechung. Und wenn ihr bitte auch mit eurer Routinearbeit weitermacht. Ihr wisst, dass sich die Evaluationsgruppe für Anfang nächsten Jahres angesagt hat – da heißt’s Aufräumen im Archiv. So kann ich die da nicht hineinlassen.«
    »Die hat sicher noch nie länger einen Freund gehabt, was meinst du? Die benimmt sich ja wie ein Kerl!«
    Kluftinger wusste sofort, dass Strobl den Neuzugang aus Füssen meinte. Eine Weile war nur das Nageln des betagten Dieselmotors in Kluftingers Passat zu hören. Er benutzte seinen alten, grauen Familienkombi lieber als irgendeinen Dienstwagen. Und solange man die gefahrenen Kilometer abrechnen konnte, würde das auch so

Weitere Kostenlose Bücher