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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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Namen machen, wie es der Alte prophezeit hatte. Jedenfalls ging ihm der See von nun an nicht mehr aus dem Kopf. Und als müsste er sich seiner Existenz versichern, flüsterte er dessen Namen, bevor er einschlief: Alatsee.

»So, und jetzt zum Alatsee, Herr Kluftinger.«
    Mittlerweile waren sie im Café des »Ludwig-Musicals« angekommen.
    Der Kommissar war zum ersten Mal hier. Dennoch hatte er keinen richtigen Blick für die Architektur. Ihn beschäftigten im Moment andere Fragen.
    Günther Steinle lehnte sich genüsslich in seinem Sessel mit zum Schwan stilisierter Lehne zurück und begann, sich eine Pfeife zu stopfen. Erst nach etwa zwei Minuten, als aus dem hölzernen Kolben Rauch aufstieg, der einen angenehm süßlichen Duft verströmte, begann er zu erzählen.
    »Nun, der Alatsee. Da haben Sie sich eines der rätselhaftesten Gewässer Europas ausgesucht, wenn ich das so sagen darf. Dieser Bergsee ist in so vieler Hinsicht einzigartig. Sie müssten mir präzisieren, worauf es Ihnen ankommt. Ich kann Ihnen natürlich vorwiegend über Daten, die mein Amt betreffen, Auskunft geben, darüber hinaus eine Kleinigkeit über Geographie und Geologie sowie über Flora und Fauna. Einen Einblick könnte ich Ihnen auch in die Geschichte des Sees geben und schließlich etwas über Sagen und Mythen erzählen, die sich um den See ranken. Was das angeht, aber nur sehr lückenhaft, da müssten Sie jemand anderen fragen, um präzise Informationen zu bekommen.«
    Auffordernd sah Steinle den Kommissar an und zog genüsslich an seiner Pfeife, bis er in eine große bläuliche Rauchwolke eingehüllt war.
    Der Kommissar war regelrecht überfahren. »Tja, wenn ich nur genau wüsste, was mich da am meisten interessiert. Über die biologische und geologische Besonderheit bin ich bereits ein bisschen informiert – es geht um die Purpurbakterien, oder?«
    Steinle nickte.
    »Was mich am meisten interessieren würde, wäre aber die Frage, warum man dort versucht, zu tauchen, obwohl es verboten ist. Was suchen die Leute dort?«
    »Herr Kluftinger, die Leute machen unvernünftige Dinge aus den verschiedensten Gründen. Und ich denke, so ist es hier. Mancher sucht vielleicht den Kick, weil das Tauchen dort oben ein Spiel mit dem Feuer ist. Das reizt, wobei es ein mörderisches Spiel ist. Die Schicht aus Purpurbakterien, das wissen wir, und das werden wir hoffentlich noch exakter wissen, wenn die aktuellen Forschungen dort oben abgeschlossen sind, ist absolut lebensfeindlich. In doppeltem Sinne kann so der Name ›Blutender See‹ verstanden werden. Diesen etwas dramatisch klingenden Namen hat man dem Gewässer gegeben, weil die Purpurschicht angeblich ab und zu nach oben kommt oder ans Ufer treibt und dann dieser Eindruck entsteht. Wir haben das allerdings noch nie beobachten können. Man kann nicht einmal genau sagen, wo die einzelnen rosa Wolken aus diesen Kulturen im See zu finden sind. Und genau das macht es so gefährlich. Zunächst präsentiert sich das Gewässer ganz normal, wie ein friedlicher Bergsee eben. Und dann kommen Sie in die Wolke. Sie müssen sich vorstellen: Sie verlieren beim Tauchen innerhalb von kürzester Zeit die Orientierung, können die Hand vor Augen nicht erkennen. Wenn Sie einen Partner haben, sehen Sie ihn plötzlich nicht mehr. Sie wissen nicht, wo oben und unten ist. Der Puls rast. Die Temperatur sinkt in Sekundenschnelle. Auf einmal fehlt Ihnen die Atemluft und es stinkt gottserbärmlich nach Schwefelwasserstoff. Da geraten selbst erfahrene Taucher unter Umständen in Panik. Oft kam es schon vor, dass sie dann einfach abrupt aufgetaucht sind – eine lebensgefährliche Aktion. Oder sie haben sich in ihre Atemregler übergeben, sie sich vom Gesicht gerissen und … Den Rest können Sie sich denken. Stellen Sie sich also vor: Wenn Sie ein Loch in der Bakterienschicht finden und zum Boden vordringen, wären Sie wohl einer der ersten Sporttaucher, dem das gelingt. Und zudem hätten Sie als einer der wenigen bisher den Seegrund gesehen. Bis vor etwa dreißig Jahren ist man noch davon ausgegangen, dass der See gute hundertzwanzig Meter tief ist. In Wahrheit sind es nach geologischen Messungen nur achtunddreißig. Alles Neuland da unten.«
    Kluftinger hatte Steinle gebannt zugehört. »Wenn man also nicht den ›Kick‹ sucht, wie Sie sagen, dann muss man schon einen sehr, sehr guten Grund haben, dort hinunter zu gehen. Was könnte Menschen noch zum Alatsee treiben?«
    »Je nach Interessenlage können das wirklich die

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