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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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zusammenreimt.«
    »Sehen Sie, Herr Steinle, deshalb bin ich hier. Ich möchte von Ihnen Aufschluss genau über diese Punkte: Was macht diesen scheinbar harmlosen, idyllischen Gebirgssee im Ostallgäu so einzigartig, dass sich die Menschen auf ganz unterschiedliche Art und Weise immer wieder mit ihm befassen?«
    »Puh, wo fangen wir da an?«, begann Steinle und stieß hörbar die Luft aus. »Wissen Sie was, bevor wir anfangen, höre ich auf.«
    Er packte seine Sachen zusammen und schlug vor, ins Café des Musicaltheaters zu gehen, um einen heißen Tee oder Glühwein zu trinken. Er sei hier mit seinen Proben ohnehin fertig und bevor man noch länger in der Kälte stehe … Der Kommissar war einverstanden und so marschierten die beiden nebeneinander dort, wo sonst alles unter Wasser stand, ans Seeufer.

14. März 1998

    Es herrschte der für die Pausen übliche Betrieb. Vielleicht wurde nicht mehr ganz so viel geraucht wie früher, aber die Wissenschaftler machten sich wie eh und je über die bereitgestellten Häppchen her, als würden sie zu Hause nichts zu Essen bekommen. Die teuersten Sachen waren als Erstes weg. Er stand etwas abseits, denn ihn widerte dieses Verhalten an. Reichte es nicht, dass sie die Hotelzimmer umsonst bekamen und Geld dafür erhielten, dass sie sich in einer fremden Stadt über ihre Passion die Köpfe heiß redeten? Er fragte sich, ob es bei allen Kongressen so war oder ob es sich bei diesem Verhalten um eine Spezialität der Biologen handelte.
    Verächtlich betrachtete er das Treiben und bemerkte den Mann zuerst gar nicht, der sich zu ihm an den Stehtisch gesellt hatte. Der schwieg erst eine Weile und sagte dann, dass er sich immer ein wenig für seine Kollegen schäme.
    Interessiert musterte er ihn von der Seite. Er war wesentlich älter als er selbst, vielleicht Ende sechzig, und er fand es erfrischend, jemanden gefunden zu haben, der offensichtlich genauso über seine Kollegen dachte, wie er.
    Ob er keinen Hunger habe, fragte er, doch der andere verzog nur spöttisch die Mundwinkel. Ihm wurde klar, dass das eine törichte Frage gewesen war.
    Eine Zeit lang standen sie nur so nebeneinander, dann räusperte sich der Ältere und fragte, ob er sich den letzten Vortrag genau angehört habe.
    Da er nicht wusste, was er meinte, zuckte er mit den Schultern.
    Es sei da, in einem Nebensatz, von einem höchst bemerkenswerten See die Rede gewesen.
    Er erinnerte sich, aber der Name fiel ihm nicht mehr ein.
    Ein kleiner Bergsee im Allgäu. Dieser See, sagte der Alte, werfe einige der Fragen auf, die zu beantworten sich der Jüngere doch so große Mühe gebe. Noch dazu so nahe bei ihm. Er sei doch noch in München an der Universität?
    Jetzt stutzte er. Kannten sie sich? Er musterte den großen, weißhaarigen Mann. Nein, er hatte ihn sicher noch nie gesehen.
    Ob man sich denn kenne, fragte er dennoch unsicher.
    Nein, antwortete der andere. Aber er verfolge seine Arbeit schon längere Zeit aufmerksam. Er sei emeritierter Kollege. Früher Ostberlin, dann Rostock. Und immer noch interessiert an seinem Fachbereich.
    Er wusste nicht, ob er misstrauisch oder geschmeichelt sein sollte. Er hatte bisher keine Aufsehen erregenden Studien vorzuweisen, die ihn im Kollegenkreis hätten bekannt machen können.
    Als habe der andere seine Gedanken erraten, beugte er sich vor und sagte, dass man sich mit diesem See sicher einen Namen machen könne.
    Er runzelte die Stirn und dachte nach. Worum war es in dem Vortrag noch einmal gegangen? Er hatte nicht recht aufgepasst, war mit seinen Gedanken schon bei seinem eigenen Referat gewesen, das als Zweites nach der Pause folgen würde. Er erinnerte sich nur grob an das Thema: biologische Abnormitäten und ihre Korrelationen mit geologischen Gegebenheiten. Ja, so oder so ähnlich hatte es geheißen. Aber was … Seine Gedankenkette brach ab. Er wollte den Alten dazu fragen, doch der war nicht mehr da. Er sah sich um, aber er konnte ihn nicht mehr entdecken.
    Lange dachte er an diesem Abend noch über die seltsame Begegnung nach. Er ließ sich nicht gerne auf Dinge ein, die ihm andere vorschlugen, da war er eigen, doch eine kurze Datenbank-Recherche hatte ergeben, dass der See tatsächlich noch praktisch unerforscht war und es dort einige seltsame, unerklärliche Phänomene gab. Je mehr er sich mit der Sache befasste, desto mehr formte sich in seinen Gedanken der Vorsatz, diesen Geheimnissen auf den Grund zu gehen. Wer weiß, vielleicht könnte er sich damit tatsächlich einen

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