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Seehaie

Seehaie

Titel: Seehaie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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dessen Errichtung nur eine
untergeordnete Rolle gespielt. Selbst wenn man berücksichtigte, dass der
Besitzer dank seines Berufes leichten Zugang zu jeder Art von Material und
Bauleistungen hatte, musste er über ein ansehnliches Vermögen verfügen.
    Wolf wollte eben seinen Finger auf den Klingelknopf
setzen, als ein junger Mann aus dem Haus trat und zum Gartentor kam, an das
sich eine Doppelgarage anschloss. Schlaksig, mit Gelfrisur und einer Hose,
deren Hintern ihm in den Kniekehlen hing. Als er Wolf bemerkte, rang er sich
ein flüchtiges »Hey« ab.
    »Entschuldigen Sie, ich möchte zu Herrn Kupka.«
    »Zu welchem?«
    »Wie viele gibt es denn?«
    »Zwei. Ich bin Harry Kupka.« Dabei beschäftigte er
sich angelegentlich mit einem Motorroller, der auf dem Abstellplatz vor der
Garage stand.
    »Dann suche ich Ihren Vater, Josef Kupka, den Polier.«
    Statt einer Antwort rief der Junge in Richtung Haus:
»Mama, da will einer zu Papa.« Sprach’s, warf seine Kiste an und brauste davon.
    »Mein Mann ist in seinem Garten«, rief Frau Kupka
etwas schrill aus einem offenen Fenster. Die Blondine trug ein lindgrünes T-Shirt
mit dem Logo einer kalifornischen Universität und machte einen gepflegten
Eindruck. Irgendwie hatte Wolf sich die Frau eines Bauarbeiters, zumal hier in
der Vorstadt, etwas weniger modisch, um nicht zu sagen gewöhnlicher vorgestellt – ein Vorurteil, wie er jetzt feststellen musste.
    »Und wo ist das?«
    Sie beschrieb eine Kleingartensiedlung, die sich im
Norden an Bruderhof anschloss: »Gleich hinterm Tannenwäldle den Berg hoch, Sie
können es gar nicht verfehlen. Es ist das Grundstück mit der großen Blautanne.«
    Die Blautanne erwies sich als wichtiger Hinweis, waren
doch alle Gärten der Anlage nach demselben Muster angelegt. Nirgends gab es ein
Schild, das einen Hinweis auf die jeweiligen Besitzer der Parzellen gegeben
hätte. Da kam so ein markanter Solitärbaum gerade recht.
    Wolf parkte direkt vor dem Grundstück hinter einem
silbernen Sharan, vermutlich Kupkas Wagen. Von dem Polier selbst war weit und
breit nichts zu sehen. Sollte er etwa den ganzen Weg umsonst gemacht haben? Das
wäre mehr als ärgerlich. Immerhin, er musste dem Mann einen grünen Daumen
zugestehen, das Grundstück war prächtig in Schuss. Hinter dem Garten stieg das
Gelände an und ging weiter oben in dichten Mischwald über.
    Wolf drückte die Klinke des schmiedeeisernen Tores
nieder. Es ließ sich öffnen – also war Kupka da. Aber wo? Da er ihn nicht sah,
musste er eben suchen.
    Der Weg führte ihn zum Gartenhaus, das über und über
mit pinkfarbenen Kletterrosen berankt war. Ein Rasenmäher und verschiedene
andere Geräte standen davor. Wolf schnupperte noch an den Rosen, als Kupka
unvermittelt hinter der Laube hervortrat. Er trug eine leichte Arbeitshose mit
Sandalen, darüber ein offenes, kurzärmeliges Hemd. Sein vor Hitze geröteter,
weißlockig umkränzter Kopf erinnerte ein wenig an Bacchus, den römischen Gott
des Weines. Langsam kam er Wolf entgegen, dabei tupfte er sich den Schweiß von
der Stirn. Während Wolf noch überlegte, wie er beginnen sollte, kam Kupka ohne
erkennbaren Anlass ins Straucheln.
    Dann ging alles rasend schnell. Haltsuchend griff der
Polier mit beiden Händen in die Luft, ehe er wie ein gefällter Baum nach vorne
fiel, direkt in die Arme des Hauptkommissars.
    Das, woran Wolf sich auch viel später noch bestens
erinnerte, war der Ausdruck grenzenlosen Staunens auf Kupkas Gesicht.

17
    »Verdammtes Unterholz«,
fluchte er und zwängte sich durch das dornige Gestrüpp. Er verspürte nicht
wenig Lust, den Dschungel hier einfach abzufackeln. Wahrscheinlich würde es
reichen, eine Kippe auf den Boden zu werfen, schließlich hatte es schon eine
ganze Weile nicht mehr geregnet. Doch halt – er durfte keine Spur hinterlassen!
Also biss er die Zähne zusammen und fand sich notgedrungen damit ab, dass ihm
Zweige ins Gesicht schlugen und Brombeerranken die Arme zerkratzten.
    Da vorne wurde es heller, das
könnte eine geeignete Stelle sein. Und wirklich, aus der Deckung der dicht
stehenden Bäume heraus ließ sich das freie Gelände unter ihm gut überblicken.
Es würde einfach sein, das Ziel auszumachen. »Und dann, Freundchen, bist du
stumm, für immer stumm, so stumm wie ein Fisch.«
    Vorsichtig ließ er sich auf die
Knie nieder und robbte nach vorne. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass
niemand in der Nähe war, schnallte er sich den länglichen Tragesack vom Rücken,
zog ein Paar

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