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Seehaie

Seehaie

Titel: Seehaie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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noch …«
    Unten an seinem Wagen holte Wolf erst mal tief Luft.
Er hatte das Gefühl, dass das Gespräch eben ganz gut verlaufen war, obwohl es
ihn nicht wirklich weitergebracht hatte. Aber das kannte er bereits: Tagelang
trugen sie kleinste Mosaiksteinchen zusammen, manchmal ging es einen Schritt
vor und zwei zurück, doch noch jedes Mal war der Moment gekommen, an dem sich
eine Lösung abzeichnete. Und mehr als einmal hatte diese Lösung bereits seit
Längerem direkt vor ihrer Nase gelegen.
    Darüber ins Sinnieren gekommen, verspürte Wolf
plötzlich einen Riesendurst. Er musste etwas trinken gehen, er war halb
vertrocknet. Und was lag da näher, als noch einmal im Gasthaus am Gehrenberg
einzukehren … ein kühles Bier im Garten, unter Kastanien sitzend, mit Blick
hinaus ins Land und über den See. Das wär’s doch!
    In diesem Moment war ihm das ganze Geflecht rund um
den Bauunternehmer, ganz besonders aber Patzlaffs Soko, von Herzen egal. Und
ehe er sich versah, saß er im Wagen und fuhr Richtung Gehrenberg.

19
    Wolf kehrte erst kurz nach halb sechs ins
Präsidium zurück. Er stellte eben seinen Dienstwagen neben Kalfass’ Porsche ab,
da röhrte Jos Käfer lautstark auf den Parkplatz.
    Wolf wartete am Eingang, bis sie zu ihm aufschloss.
    »Ich werde für das D1 eine Auszeichnung wegen
überdurchschnittlichen Diensteifers beantragen«, sagte er anstelle einer
Begrüßung. »Wo kommst du um diese Zeit noch her?«
    »Schauen Sie mal, Chef, was ich hier habe!« Sie
stellte sich direkt vor ihn hin. Dabei hielt sie einen kleinen Klarsichtbeutel
mit einem länglichen messingfarbenen Gegenstand hoch, den er bei genauerem
Hinsehen als Geschosshülse erkannte. »Nun, für was halten Sie das?«, fragte sie
aufgeregt. Die feuchten Haare klebten ihr an der Stirn, und daran war nicht nur
die Abendschwüle schuld.
    »Wo hast du das her?«, fragte er ahnungsvoll zurück.
    »Aus dem Wald hinter Kupkas Garten. Die
Spurensicherung hat nämlich … oder sollte ich besser sagen, sie hat nicht … nein, ich muss anders beginnen …«
    Wolf legte ihr seine Hand auf den Arm. »Ganz ruhig,
Mädchen! Erzähl mal schön der Reihe nach. Was hat die Spurensicherung nicht?«
    »Also: Ich dachte, unter der Woche triffst du Kupkas
Gartennachbarn am ehesten abends. Also bin ich noch mal nach Singen gefahren.
Bei der Gelegenheit hab ich mich auch in dem Wäldchen umgesehen, weil die
Spurensicherung keine Hülsen gefunden hatte und mir Zweifel kamen, ob gründlich
genug gesucht wurde.«
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass deren Suche eher
oberflächlich war?«
    »Ja und nein. Das verdammte Ding war in den Boden
eingetreten. Es grenzt an ein Wunder, dass ich es überhaupt entdeckt habe.«
    »Gut gemacht, Jo. Gib das Teil sofort zur KTU .«
    Während Jo ins Untergeschoss eilte, quälte sich Wolf
über die Treppe in den zweiten Stock. Er benutzte grundsätzlich keinen Aufzug.
Sollte die Treppe eines Tages nicht mehr zu schaffen sein, wäre mit dem Rauchen
endgültig Schluss, das hatte er sich fest vorgenommen.
    »Gut, dass Sie kommen, Chef«, empfing ihn Kalfass.
»Ich hab alles über den verschwundenen Architekten zusammengetragen, ein
gewisser Stiller, achtundvierzig Jahre, geschieden, mit Büro in Ravensburg.
Beschäftigt dort immerhin sechzehn Angestellte. Der Mann hat vor zwei Tagen
sein Büro verlassen, wollte verschiedene Baustellen besuchen, kam aber bei der
letzten, dem Corso, nie an.«
    »Sein Wagen?«
    »Den haben die Kollegen vom Erkennungsdienst in einem
Parkhaus am Rande der Konstanzer Altstadt gefunden. Er war ordnungsgemäß
abgeschlossen. Keine Anhaltspunkte für eine Gewalttat. Die Fahndung verlief
bisher ergebnislos. Der Streit mit Kupka am Tag vor Stillers Verschwinden war
übrigens nicht der einzige. Bereits zuvor soll es mehrere Auseinandersetzungen
zwischen den beiden gegeben haben, angeblich immer wegen irgendwelcher
Abweichungen von den Bauplänen.«
    »Sonst keine Auffälligkeiten, weder in Konstanz noch
in Ravensburg?«
    »Die Befragung der Leute, mit denen Stiller
geschäftlich zu tun hatte, war negativ.«
    »Jo hat übrigens am Tatort in Singen eine
Geschosshülse gefunden«, erwähnte Wolf beiläufig, wohl wissend, dass sich
Kalfass über solcherlei Erfolge seiner Kollegin ärgerte.
    »Na ja, vielleicht bringt uns das ein bisschen
weiter«, antwortete Kalfass süßsauer. Plötzlich fiel ihm noch etwas ein: »Fast
hätt ich’s vergessen: Im Büro Stiller gibt es einen Mann, der über die
Corso-Baustelle gut

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