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Seehaie

Seehaie

Titel: Seehaie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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überrascht an. »Für einen, der fernab
von Überlingen eine ruhige Kugel schiebt, bist du aber erstaunlich gut im
Bilde.«
    »Zufall«, erwiderte Sommer abwinkend.
    »Woher kommt Patzlaffs plötzliches Interesse an diesem
Thema? Verstehst du das?«, fragte Wolf.
    »Wenn ich mich recht erinnere, gehört die Tagung zum
Pflichtprogramm für Dienststellenleiter«, gab Sommer etwas vage Auskunft. »Und
das ist gut so. Vor der Krake Korruption ist keine Dienststelle sicher, auch
nicht Überlingen. Denk nur an Siebeck. Diesen Fall hast du noch lange nicht vom
Tisch, glaube mir.«
    »Ja, schon, aber bei diesem Thema hat sich Patzlaff in
der Vergangenheit eher taub gestellt. Wenn ich nur an die Hausdurchsuchung bei
Hohbau denke: Regelrecht zur Schnecke gemacht hat er uns, weil wir die Aktion
mit Korruptionsverdacht begründet haben. Aber wer weiß, vielleicht sieht er das
ja in Zukunft anders.«
    »Offenbar deckt sich seine Interessenlage nicht mit
der deinigen. Im Übrigen wurde das Thema schon immer kontrovers diskutiert. Ein
bisschen liegt das auch daran, dass das BKA nicht
so kann, wie es will. Schließlich rückt die Justiz immer nur einen Teil ihrer
Daten heraus. Wie du weißt, gehört Korruption zu den typischen Delikten der
Kontrollkriminalität. Wird nicht kontrolliert, fällt auch nichts auf. Klar,
dass es da ein Dunkelfeld von beachtlichen Ausmaßen gibt.«
    »Du hast ja recht. Aber funktioniert das nicht auch
umgekehrt? Wo kontrolliert wird, wird meistens auch etwas gefunden. Im
aktuellen Fall hat Patzlaff unsere diesbezüglichen Vorhaben jedoch eher
ausgebremst. Wie passt das ins Bild?«
    Statt einer Antwort zuckte Sommer nur mit den
Schultern. Er hob sein Glas, um mit seinem Freund anzustoßen.
    »Wie dem auch sei«, sagte Wolf, »bis zum 14. Juli
muss der Fall abgeschlossen sein – so oder so.«
    »Wie kommst du gerade auf diesen Tag?«
    »Weil ich den in Frankreich verbringen werde.«
    »Ah, verstehe! Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
und so. Ist das deine Art von Revolution, am französischen Nationalfeiertag von
der hiesigen Bildfläche zu verschwinden?«
    Wolf musste lachen. »Quatsch. Letztes Jahr hab ich den
Tag mehr oder weniger zufällig in der bretonischen Hafenstadt Vannes verbracht.
Das hat mir so gefallen, dass ich es gerne noch einmal erleben möchte. Erstens
ist die Stadt sehr schön. Sie liegt direkt am Golf von Morbihan: Buchten,
Inseln, Wasser ohne Ende. Und dann das Essen … wenn ich nur an die raffinierten
Fischgerichte denke …« Wolf schloss die Augen und schwelgte in Erinnerungen.
»Am meisten aber freue ich mich auf den Abend, weißt du, auf den großen Umzug …
dann stehe ich bis weit nach Mitternacht an der Kathedrale und lasse die
Landsknechte, die Hexen und Mönche, die Bauern und Spielleute an mir
vorübertanzen. Dann können mir alle Patzlaffs und Hohmanns dieser Welt ganz
einfach den Buckel runterrutschen.«
    »Dann bleibt dir noch genau eine Woche. Viel Erfolg,
mein Lieber!«

20
    Es gibt Tage, die man, wären sie ein frisch
gefangener Fisch, sofort wieder ins Wasser zurückwerfen würde. Heute war einer
dieser Tage, da war sich Wolf ganz sicher.
    Nicht nur, dass seine Katze in der Nacht eine höchst
lebendige Rennmaus angeschleppt hatte, die ihr hernach wieder entwischte und
kurz darauf ein zweites Mal geräuschvoll erjagt werden musste; beim Eingießen
des heißen Teewassers war ihm am Morgen leise knisternd die Kanne zersprungen.
Damit nicht genug, hatte er bei der Fahrt nach Überlingen seine Hose in die
Kette gebracht und wahrscheinlich ruiniert.
    Jetzt kam es eh nicht mehr drauf an, also beschloss
er, das ausstehende Gespräch mit Patzlaff sofort hinter sich zu bringen. Dessen
Vorzimmer war um diese frühe Morgenstunde noch unbesetzt, also ging er
schnurstracks weiter und stand nach flüchtigem Klopfen im Büro des
Kriminalrats.
    Patzlaff war mit dem Auspacken einer voluminösen
Tasche beschäftigt. »Sie schon, Wolf«, wurde er statt eines Grußes empfangen.
»Sie sehen doch, ich hab zu tun. Lassen Sie sich von Frau Bender einen Termin
geben, jetzt passt es gar nicht.«
    Wolf ließ sich nicht beirren. »Guten Morgen, Herr
Kriminalrat. Wie war das ›Lagebild Korruption‹, wenn ich fragen darf?«
    Patzlaff hielt überrascht inne. »Sie wissen davon?«,
fragte er. Auf einmal hatte Wolf seine ungeteilte Aufmerksamkeit. »Schlimm,
Wolf, schlimm. Aber wir kriegen es in den Griff, wir sind gewappnet, verlassen
Sie sich da ganz auf mich. Äh … aber deswegen sind Sie

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